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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

31. 8. 2011 - 23:10

Fußball-Journal '11-92.

"Mehr oder weniger analysiert". Ein Vorschlag fürs Deutschland-Match.

Bundesliga, Meisterschaft und der Cup, der ÖFB und das Nationalteam, das europäische Geschäft, der Nachwuchs und die vielen Irrsinnigkeiten im Umfeld: Das Fußball-Journal '11 begleitet wie 2010 auch 2011 wieder ungeschönt und ohne Rücksichtnahme auf Skandalisierungen und Stillhalte-Abkommen, die den heimischen Fußball-Journalismus so mutlos daherkommen lassen.

Heute mit einer taktischen Preview auf das Deutschland-Spiel in Gelsenkirchen.

Es sieht nicht gut aus für das von Didi und den Trottelsager-Buam betreute Nationalteam; an keiner Front. Man macht sich (zu Recht) lustig über ihre hinterwäldlerischen Einsätze und das strategielose Team.

Da kommt die heutige Sickernachricht, dass man mit einem vorsichtigen flachen 4-4-2 antreten will, erschwerend dazu (diese relevanten News verstecken sich hinten in dieser Janko-ganz-arm-Geschichte).

Warum Constantini das machen will, ist klar: so war man im Hinspiel aufgestellt; und das gilt ja als bestes Match der Constantini-Ära überhaupt (dass ich da meine Zweifel habe, muss ich nicht extra erwähnen, oder?).

Was im Wiener Hinspiel Anfang Juni gut klappte, war das Überraschungs-Moment und das herzzerreißende Flügelspiel von Harnik rechts und Alaba links. Was nicht geklappt hat: systematischer Aufbau (wie zuletzt auch gegen die Slowakei).

Jetzt, im Auswärtsspiel den Schmäh vom Heimspiel noch einmal aufzukochen, das ist doch ein wenig dürftig, zumal man davon ausgehen kann, dass sich die umfassende Taktikabteilung des DFB intensiv mit den Schwächen im Hinspiel beschäftigt hat.

Diese Abteilung gibt es in Österreich nicht.

Die lieb gemeinte Old-School-Analyse des ÖFB

Führte der Vorwurf der Armseligkeit der Vorbereitung und die Frage nach von Betroffenen bestrittener Anwesenheit von Taktik zuletzt noch zu Abbruch einer Pressekoferenz, hat man die Defizite mittlerweile eingestanden. Von modernen Methoden ist man weit entfernt, die Mappen mit Spielerprofilen wurden gestrichen. Was man hat, sind "Videoaufnahmen von Defensiv-, Offensivverhalten und den Standard-Situationen". Constanini meint, man könne "sicher sein, dass die Spieler sehr gut über den Gegner informiert sind. Wir haben alle Spiele, alle Gegner mehr oder weniger analysiert und das wird an die Spieler weitergegeben".

Das ist lieb.
"Mehr oder weniger" wird da analysiert.
Was man jetzt vor dem Deutschland-Spiel hört, als taktische Vorgabe, sind so Sachen wie "verhindern, dass die Deutschen zu Standard-Situationen in Strafraumnähe kommen" (Baumgartlinger gibt bei einer PK weiter, was er erzählt bekommen hat). Damit setzt Constantini ein Spiel fort, dass er in Wien begonnen hat: da waren die deutschen Standards vor dem Match seiner Ansicht nach schlecht, nach dem Spiel jedoch der Genickbrecher. Die einzige aktuelle stratregische Erkenntnis ist also immer noch die von DiCos Aussage nach dem Schlusspfiff im Hinspiel.

Der unüberlegte Knieschuss durch die Alaba-Zurückstufung

Da das ÖFB-Team seit Jahren praktisch nie auswärts getestet hat, gibt es auch keine andere Möglichkeit, als solche Banalitäten auszupacken.

Die einzige gewichtige Änderung, die Constanini vornehmen will, ist die Versetzung von Alaba: der soll nimmer über links kommen, sondern neben Baumgartlinger in die Zentrale, in die Doppel-Sechs hineinrücken. Der Gedanke dahinter: auswärts immer eine Spur vorsichtiger als daheim. Zudem wird Harnik wohl eher nicht über rechts kommen, sondern als Spitze, mit vieleschichten Aufgaben aufgestellt werden.

Dass sich das ÖFB-Team mit dieser Maßnahme also seiner beiden stärksten Waffen berauben will, ist so dämlich wie logisch. Und eine auf taktische Inkompetenz zurückzuführende Schande.

Weil ich mich nicht daran befriedigen kann, das Unheil schon vorab gerochen zu haben, darf ich in der Folge eine dezente Alternativ-Version aufzeigen, die alle wichtigen Fragen berücksichtigt: nämlich a) die gebotene Vorsicht angesichts der Macht des Gegners, aber auch b) eine Offensiv-Variante, die zum Beispiel Alabas und Harniks Gefährlichkeit besser nützen kann.

Krixi-Kraxi, Punkti-Strichi, Kringel und Xeln...

Ich mach das auf die simpelstmögliche Weise: mit Krixikraxi-Punkti-Strichi. Die blauen Kringel sind die Deutschen, unverändert in Löws 4-2-3-1. Die roten Xeln sind die Österreicher.

österreich - deutschland taktisch, version 1

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Darauf wird's rauslaufen: ein flaches 4-4-2.

Nachteil 1: die dadurch unausweichbare Überlegenheit der Deutschen in der Zentrale.
Nachteil 2 enstpringt der geplanten Personalpolitik: der in der Doppelsechs sinnlos verbrauchte Kreativ-Quell Alaba.

österreich - deutschland taktisch, version 3

fm4

So könnt's sein: ein 4-3-3, nicht so sehr das von Barcelona, eher das von Italien bei der WM 06.

Der Vorteil in der Defensive: Alle Zonen sind besetzt, die Dopplung der deutschen Angreifer fällt leicht. Offensiv schaut das dann so aus:

österreich - deutschland taktisch, version 2

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Das sieht fast genauso aus, das 4-3-3 im Angriffs-Fall. Der Teufel steckt im Detail.

Vorteil in der Offensive: fünf potentielle Angreifer sind sofort bereit, dazu kämen noch die Außenverteidiger.
Alaba könnte sowohl der Linke in der Mittelfeld-Dreierkette als auch der linke Angreifer sein - im Mittelfeld könnte er die wichtige Umschalter-Funktion übernehmen. Harnik wäre ein optimaler rechter Flügelstürmer.

Fazit: ein solches vorsichtiges 4-3-3 bringt größere Kompaktkeit in der Zentrale, erlaubt aber auch das wichtige Doppeln der Flügel und denkt auch die deutschen Offensiv-Außenverteidiger mit.
Für die Tempo-Gegenstöße in der Offensive lässt sich mit dem 4-3-3 deutlich leichter Überzahl herstellen. Als zentrale Spitze kommt zudem Janko deutlich besser ins Spiel - sofern die Flügel zu Flanken kommen.

Und für den weniger zu erwartetenden Fall eines deutschen 4-1-4-1 funktioniert das System genauso.

Das alles lässt sich mit einem flachen 4-4-2 nicht erreichen - dieses System ist dem 4-3-3 in jeder Hinsicht deutlich unterlegen; zumindest dann, wenn der Gegner Deutschland heißt.