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Natalie Brunner

Appetite for distraction. Moderiert La Boum de Luxe und mehr.

30. 8. 2011 - 15:37

CSS - „La Liberacion“

Wovon wollen uns CSS mit ihrem neuen Album befreien? Vom unglaublichen Gewicht unserer Hipster-Luxusprobleme?

Ich trinke gerne, One Night Stands sind auch ein ganz gutes Mittel zum Zeitvertreib, und um Gesprächsstoff zu generieren, und wenn ich die Welt so richtig scheiße finde trete ich auch schon mal gegen Mülltonnen. Das hab nicht ich mir ausgedacht sondern CSS, obwohl ich nicht behaupten kann, dass ich über solches Verhalten erhaben bin, aber wer ist das schon. Es ist die Zusammenfassung des Textes zu „Fuck Everything“, und ich glaube so etwas nennt man selbstironisch.

Ich war verzückt als CSS 2006 am Radar auftauchten. Ich mochte ihren Kunsthochschul imprägnierten DIY Charme. Ich mochte die Attitude: „Wir haben eigentlich alle was Besseres zu tun und machen den Scheiß nur, weil es Spaß macht und ein gutes Ventil für unsere Riot-Gelüste ist.“ Ich war verzückt von den Lebensnahen Referenzen nachzuhören in „Let´s make love and listen to Death from Above.“ Der großen weiten Welt scheint die charmante Amateurhaftigkeit der Band, die Spaß immer als oberste Maxime postuliert, zu gefallen. Ich sag nur: nach Werbeeinsatz 100 Millionen Clicks auf YouTube.

Das zweite „Album Donkey“ fiel wesentlich polierter und auch fetter produziert aus. Ein Management-Apparat von Besserwissern schien CSS zu etwas zu machen, was die Menschen nicht so liebten. Als Reaktion darauf interpretiere, zumindest ich, den Sound und auch den Namen des neuen Album „La Liberacion“.

css

„Wir haben in Sao Paulo ein Jahr an dem Album gearbeitet, uns die Zeit die wir brauchten einfach genommen. Jeder hat an seinen Parts gearbeitet. und erst als wir uns sicher fühlten haben wir sie im Studio den anderen vorgespielt.“

Punk- und Girl-Band-Gequietschte, Reggae und Disco alles wieder wunderbar Lo-Fi haben sie auf „La Liberacion“ zusammen collagiert. Ihr Freund Bobbie Gillespie von Primal Scream singt auf „Hit me like a Rock“. Das Titelstück „La Liberacion“ ist süßer Punkpop. Ich mochte sehr, wie CSS zuvor Portugiesisch und Englisch in ihren Texten mischten. Warum sie jetzt auf Spanisch singen? Passt es besser zu der Energie der Nummer?

„City Grrl“ ist ein Geschenk an all die Damen, die so wie ich als Teenager unter einer ruralen Umgebung leiden mussten. Einer Umgebung, die sie als engstirnig, autoritär und kulturell vollkommen uninteressant empfanden.

„Ich bin in Campinas, eine Stunde entfernt von Sao Paulo aufgewachsen“, erzählt Lovefoxxx. „Eine nicht unbedingt kleine Stadt, aber kulturell läuft da nicht viel. Ich war voll des jugendlichen Revoluzzergeists und hab das auch in meiner Kleidung gezeigt. Die Leute auf der Straße haben mich als Nutte beschimpft, obwohl ich nie wirklich so gekleidet war. Das tut besonders weh wenn du in einer Lebensphase bist, in der du gerade beginnst, deine Identität zu konstruieren.“

Aber dem Schicksal sei Dank, die große, große Stadt wo es mehr Spinner wie uns gibt, und wo man sich Bands wie CSS ansehen kann, und so viel Bier trinken kann, wie man will, ist nie weit entfernt.

CSS spielen am 11. September im Flex in Wien

Apropos Bier, diesen sehr gelungenen Satz zu der Opener Nummer „I love you“, aus einem Review, den ich jetzt nicht wiederfinde und deshalb nicht verlinke, will ich euch nicht vorenthalten : "‘I love you‘ - ein Song, der trotz der inhaltlichen Tiefe einer Bierpfütze seiner Interpretin mit fröhlichem Ungestüm ganz hervorragend zu Gesicht steht.“