Erstellt am: 7. 10. 2011 - 14:30 Uhr
Von Soulsurfern und Beachbums
Fotos: Sabine Selinger nicaraguasurfreport.com
Braungebrannte, durchtrainierte Menschen mit bunten Sonnenbrillen schlendern zwischen Strandbeisln, Hostels und Surfshops herum. Sie lächeln freundlich, sprechen häufig über Wellengrößen und verwenden kryptische Begriffe wie "swell", "stoked" oder "hangin' around 'n havin' a good time“.
San Juan del Sur war bis vor ein paar Jahren ein beschauliches Fischerdorf im Süden Nicaraguas. Heute leuchten weiße Villen aus den Hügeln, wie in einem Rio-de-Janeiro-Minimundus breitet Jesus seine Betonarme über dem Städtchen aus. Neben betuchten Nicas und US-amerikanischen Immobilienmaklern geben sich hier Surftouristen aus aller Welt die Klinke in die Hand.
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Von San Juan aus lassen sie sich per Shuttlebus, Boot oder 4WD zu den besten Beachbreaks des Landes chauffieren, dorthin, wo die Wellen an den Sandbänken brechen. Entlang der Südküste Nicaraguas reiht sich eine paradiesische Bucht an die andere. Der Pazifik leuchtet grünblau, der feine Sand beige, dahinter schreien Brüllaffen im Wald um die Wette. „Wie Costa Rica vor 15 Jahren“ sagt Max Eberhart. „Es ist ebenso schön, doch günstiger und weniger erschlossen."
Goodbye USA
Sabine Selinger
Max ist an der Küste Kaliforniens aufgewachsen und steht seit Kindertagen auf dem Surfboard. Bei einer Reise durch Mittelamerika im Jahr 2004 war er so begeistert von Südnicaragua, dass er sich noch im selben Jahr ein kleines Häuschen am Strand gekauft hat. „Ich folge meinem Traum, und der ist so viel wie möglich zu surfen.“
Das kann er ziemlich gut, egal ob auf dem Long- oder dem Shortboard. Doch Wettbewerbe sind ihm völlig egal, ebenso das coole Gehabe vieler Surfer. Den anderen stiehlt er ohnehin subtil die Show, indem er locker wie konsequent jede Welle surft, die er anpaddelt. „Ich würde mich selber als Soulsurfer bezeichnen. Es gibt einfach nichts besseres als sich da draußen mit der Natur zu bewegen. Es ist schwer zu beschreiben. Wenn du einmal dabei bist, willst du irgendwann nichts anderes mehr machen." Aus Max' Mund klingt das so authentisch wie eine Ukulele auf Hawaii. Dort hat der smarte Anfang-Vierziger auch eine Zeit lang gelebt.
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"Dass ich nur für dieses Gefühl weit weg in ein anderes Land gezogen bin, das verstehen wahrscheinlich auch nur die, die selber surfen. Ich bin wohl das Stereotyp eines Beachbums", eines 'Strandsandlers' also. "Ich arbeite so wenig wie möglich, gerade so viel dass ich irgendwie über die Runden komme. In der übrigen Zeit gehe ich surfen", erzählt Max und grinst dabei ziemlich lausbubenhaft.
In der Wintersaison zwängt sich der Soulsurfer in Hemd und Krawatte und arbeitet als Kellner in den Skigebieten Colorados. So verdient er sich den Unterhalt für den Rest des Jahres in Nicaragua. Lediglich die zwei Zimmer, die er in seinem Surfer-Domizil vermietet, bringen ihm ab und zu ein paar Dollar extra ein. „Mir tun die surfenden Kids hier aus der Gegend sogar ein bisschen leid. Ich weiß, dass sie irgendwann auch so sein werden und nur noch im Wasser sein wollen. Mir ist das auch passiert!“
Klaus Brunner
P.S. Hier noch schöne Bilder. Stoked!