Erstellt am: 10. 8. 2011 - 16:33 Uhr
The Horror, The Horror
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Mittwoch, 10. August:
Der Weltuntergangs-
vorbereitungstag auf FM4
Wenn ein Plattenbau auf mein Haupt kracht, die Erde sich auftut und meine Videospielesammlung verschlingt. Wenn Schlangen an meinen Eingeweiden knabbern, der apokalyptische Schneesturm mir die Frisur ruiniert und blutiger Hagel auf die Erde niedergeht.
Hoffentlich wird's zumindest halb so schön wie auf so manchen Kunstwerken zum Weltuntergang. Meine Lieblinge des desaströsen Höllentags präsentiere ich euch hier.
"Die Sonne wurde schwarz wie ein Trauergewand, und der ganze Mond wurde wie Blut. Die Sterne des Himmels fielen herab auf die Erde, wie wenn ein Feigenbaum seine Früchte abwirft. (...) Der Himmel verschwand wie eine Buchrolle, die man zusammenrollt, und alle Berge und Inseln wurden von ihrer Stelle weggerückt. Und die Könige der Erde, die Reichen und die Mächtigen, alle Sklaven und alle Freien verbargen sich in den Höhlen und Felsen der Berge. Sie sagten zu den Bergen und Felsen: Fallt auf uns und verbergt uns vor dem Blick dessen, der auf dem Thron sitzt; denn der große Tag ihres Zorns ist gekommen. Wer kann da bestehen?"
(Offenbarung nach Johannes 6, 9-11 und 12-17)
gemeinfrei
Gebratenen Knaben wird heißes Blei ins Ohr gegossen
Hieronymus Bosch ist mit seinem Weltuntergangstriptychon der König der Apokalypse. Das dreiteilige Tafelbild hängt in Wien, in der Gemäldegalerie der Akademie der Bildenden Künste.
Inmitten alter Meister offenbart sich ein gar grausliches Ende: Jünglinge werden aufgespießt. Heißes Blei wird ihnen in die Ohren gegossen. Schlangen schlängeln sich um Jungfrauen und Menschen müssen ihre eigenen Exkremente frühstücken.
Auch wenn das, was bei uns tagtäglich über den Bildschirm flimmert, nicht minder grausam ist, fesselt mich das Bild, je länger ich es anstarre. Hoffnung auf ein glückliches Ende sucht man auf diesem Bild vergebens. Nur im linken oberen Eck schafft es eine Handvoll Seelen in ein klitzekleines Stück Himmelreich hinein. Das war's dann aber auch schon.
Hans Weigand
Brücken und teure Autos werden weggeschwemmt
Die Apokalpyse, die Hieronymus Bosch schon vor 500 Jahren so detailreich und farbenfroh vorausgesehen hat, transferiert der Österreichische Künstler Hans Weigand mit seinem Mix aus Malerei und digital generierten Bildern in die Gegenwart. In Bildern, die klingende Titel wie "Religion ist Opium fürs Volk" und "Return to the Planet of the Apes in Los Angeles II" tragen, sieht man seine Version des Untergangs, präsentiert in beeindruckener, durchaus humorvoller Formensprache: Teure Autos verbrennen im Höllenfeuer - architektonische Wunder brechen zusammen wie Kartenhäuser:
Hans Weigand
Im Frühling waren Hans Weigands Werke in der Berliner Galerie Crone in der Ausstellung "Out of The Dark" zu sehen: Besonders an seinen düsteren Werken ist, dass Hans Weigand seine Bilder nicht auf weiße Leinwand malt, sondern das Grauen aus einem schwarzen Abgrund herausschält:
Der Humor in der Apokalypse
Eine Ausstellung, die Fans des Weltuntergangs unbedingt bewundern sollten, ist die Aktuelle der Kunsttruppe Gelatin in der Kunsthalle Krems. Man ist ihren humorvollen Größenwahn gewöhnt: Gelatin haben in der Vergangenheit etwa einen "Liebling, jetzt haben wir ein Riesenbaby"-großen pinken Strickhasen auf eine Italienische Alpe gelegt und eine Hochschaubahn in eine Galerie hinein gebaut.
Diesmal wurden die Architektur der Vorgängerausstellung zersägt, die Wände der Kunsthalle mit Farbe bepinselt und von Hieronymus Boschs Höllenlandschaften inspirierte Plastilinskulpturen, Stuhlobjekte und andere Assemblagen neben Originalen von Bosch & Zeitgenossen gestellt. Ohne Plan, nach Lust und Laune.
Dazu sei gesagt, dass Kunstausstellungen sonst penibel und oft jahrelang im voraus geplant sind. Doch nur so, wie es Gelatin diesmal gemacht haben, lässt sich wahres apokalyptisches Chaos würdig inszenieren. In der Ausstellung darf man sich übrigens ein Pferdekostüm ausleihen und selbst wie ein apokalyptischer Reiter durch die Räume galoppieren:
The Horror, The Horror
Um unheimliche Begebenheiten dreht sich auch die Kunst von
Mike Kelley. Eine verstörende Ausstellung hat der Amerikaner 2004 schon im MUMOK in Wien kuratiert und allerhand abgründigen Nippes zusammengetragen, der sich mit den Abgründen zwischen Welt & Seele auseinandergesetzt hat.
Unheimliche Menschenfiguren aus Wachs hat er mit historischen Elementen verknüpft. Altägyptische Grabbeigaben, Arbeiten von Zeitgenossen wie Christo und Paul McCarthy und anatomische Präparate aus dem Wiener Narrenturm waren damals zu sehen.
Mit seinen Arbeiten lotet Kelley die finsteren Ecken in uns menschlichen Wesen aus. Es ist dabei nicht unbedingt die Apokalypse, die seine Kunst vorantreibt, dafür aber die Angst vor den Gestalten, denen man auf dem Weg in den Untergang begegnen könnte. Na hoffentlich. Nicht!