Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Fotograf der Woche: Christian Flatscher"

Daniel Gebhart de Koekkoek

Analoge Fotoreportagen - weil's eh schon genug zu lesen gibt hier

11. 8. 2011 - 10:54

Fotograf der Woche: Christian Flatscher

Christian Flatscher über die Fotografie in Kombination mit Architekturstudium und den plötzlichen Verlust der Schnappschussfotografie.

Fotografen gibt es wie Sand am Meer. Die interessantesten jungen österreichischen Fotografen werden in dieser Serie vorgestellt.

Diese Woche: Christian Flatscher aus Tirol im E-Mail-Interview.

Architektur und Fotografie. Wie lässt sich das für dich vereinen und welche Rolle spielt was für dich zur Zeit?

Derzeit spielen beide Elemente, meist in Kombination, eine bedeutende Rolle in meinem Leben. Es ist in letzter Zeit öfters der Umstand eingetroffen, im Auftrag von Architekten, mein Studium mit meiner größten Leidenschaft, der Fotografie verbinden zu können, was mich überaus glücklich macht. Leider sind dabei, sowohl meine persönlichen Fotoprojekte, als auch meine Diplomarbeit ein wenig außen vor. Aber im Hinblick auf die Zukunft, stimmt mich meine aktuelle Situation bezüglich der Architekturfotografie sehr positiv.

Christian Flatscher

Mir fällt auf, dass dein Blick für Architektur in der Fotografie weit über Häuser hinaus reicht. Auch Berge und alltägliche Gegenstände erscheinen auf deinen Bildern sehr wertig und wichtig. Wie kommt das?

Inhaltlich befasse ich mich in meinen Bildern hauptsächlich mit der Beziehung zwischen Zivilisation und Natur. Hierbei spielen menschliche Eingriffe in unberührte Landschaften und unsere tägliche, auch städtische Umgebung, eine gravierende Rolle. Ich wuchs in St. Anton am Arlberg auf, wo die Alpenlandschaft aufgrund der dominanten Präsenz des Tourismus einem ständigen Wandel ausgesetzt ist. Interventionen, ob klein oder groß, verändern die Natur und somit auch unser Lebensumfeld. Im urbanen Kontext sind es hingegen meist die alltäglichen und oft banalen Dinge und Situationen die meine Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Situationen, denen wir immer wieder begegnen und die oft ein zweites Hinschauen benötigen um überhaupt erst richtig wahrgenommen zu werden. Die Spuren, welche der Mensch hinterlässt, sind definitiv ein immer wiederkehrender Aspekt in meinen Bildern.

Christian Flatscher

Christian Flatscher

Christian Flatscher

Nervt es dich, das Wissen der Architektur ständig im Hinterkopf zu haben, wenn du durch den Sucher schaust? Oder ist das eher hilfreich?

Meine ersten Annäherungen an die Fotografie liegen schon einige Jahre zurück und überschneiden sich zeitlich mit den ersten Auseinandersetzungen mit der Architektur. Damals, zu Beginn meines Architekturstudiums, war der Umgang mit der Kamera noch ein sehr verspielter. Das Fotografieren war unbefangen und unkompliziert. Auf Bildaufbau und Komposition gab ich nicht recht viel. Die Auseinandersetzung mit Architektur und Raum, mit statischen Objekten und Strukturen, aber auch die ersten Fotoaufträge für Architekten, veränderten die Sicht auf meine Umgebung grundlegend und folglich auch die Art zu Fotografieren. Die Herangehensweise an ein Motiv wurde von Mal zu Mal durchdachter und der Bildaufbau immer präziser, was sich ebenfalls auf meine Bildsprache auswirkte. Rückblickend bin ich immer noch recht froh darüber, dass diese beiden Disziplinen für mich persönlich in dieser Art und Weise aufeinander getroffen sind. Einzig die so genannten Schnappschüsse gehen mir nicht mehr so leicht von der Hand. Eigentlich gar nicht mehr.

Christian Flatscher

Wie sieht dein Traumhaus aus und wo würdest du es hinstellen?

Ich denke die Frage nach dem persönlichen „Traumhaus“ ist gerade für den Architekten selbst äußerst schwer zu beantworten. In wenigen, kurzen Worten ohnehin nicht. Am ehesten noch in Bildern und Zeichnungen. Um ehrlich zu sein, habe ich mir bisher aber auch noch gar nie so recht Gedanken über mein eigenes „Traumhaus“ gemacht. In meiner Vorstellung sind da schon gewisse Materialien, Oberflächen, Raumeindrücke, - Fragmente und - Konstellationen vorhanden, welche ich als ästhetisch und passend empfinde, aber das ganze gleicht wohl mehr einem unvollständigen Puzzle, das erst einwandfrei zusammengesetzt werden muss. Ohnehin spielen da noch unzählige andere Faktoren mit hinein. Faktoren wie Haptik, Geruch, immaterielle Qualitäten der Architektur, etc. Der Architekt ist sich selbst wahrscheinlich der schwierigste Bauherr von allen. Und ja, das Haus sollte irgendwo, fernab von der ganzen städtischen Hektik einen schönen Platz finden. Ich mag es gerne etwas ruhiger.

Christian Flatscher

Und wie würdest du es fotografieren?

Das würde ich in diesem Fall wohl jemandem anderen überlassen. Architekten schätzen es meist sehr, dass ein Gebäude von einem außenstehenden Fotografen ohne jegliches Vorwissen erkundet und fotografiert wird. Der Fotograf tritt der Architektur somit als neutraler Besucher und Betrachter recht unbefangen gegenüber. Meiner Meinung nach sind es die ersten Eindrücke, Blicke und Entdeckungen, die für ein Bild wichtig sind und die dazu führen, ein Gebäude so zu fotografieren, wie der ausführende Architekt selbst gar nicht mehr in der Lage wäre, es zu tun.

Christian Flatscher

Christians flickr stream.

Welche Rolle spielen Flickr und diverse andere Fotoseiten für dich?

Flickr und ähnliche Seiten bieten mir täglich Inspiration und auch Motivation mich fotografisch weiterzuentwickeln. Die Vielfalt an talentierten Fotografen ist beinahe schon furchterregend, die tägliche Bilderflut ab und an nur schwer zu verarbeiten. Mit manchen Projekten und Fotos kann man mehr anfangen, sich mehr damit identifizieren, manche werden wiederum nur eines kurzen Blickes gewürdigt. Dennoch schaffen es manche Fotografen aber, mich immer wieder aufs Neue zu überraschen und zu begeistern. Diese sind es dann auch, deren Arbeit und Entwicklung ich mit großem Interesse verfolge, und die im Endeffekt auch Einfluss auf meine persönliche Arbeit nehmen.

Christian Flatscher

Wie sieht deine Traumkamera aus? Eventuell eine Mamiya 7 mit Tilt/Shift?

Klingt irgendwie sehr verlockend, ja. Das wäre sozusagen die perfekte Kamera-Synthese für Landschafts- und Architekturfotografie. Wobei das Prinzip der Sucherkameras ja leider immer eine gewisse Ungenauigkeit mit sich bringt, welche hinsichtlich der klassischen Architekturfotografie nicht unbedingt von Vorteil ist. Da würde mich eine Großformatkamera schon mehr reizen. Diese ist dann wieder nicht so handlich und leicht überall hin mitzunehmen. Hmm. Nein, nein, ich denke es ist schon eine feine Sache, dass es für jeden gegebenen Anlass eine passende Kamera gibt und man sich nicht auf Lebzeiten auf ein Exemplar festlegen muss. Auswahl gibt es ja genügend.

Vielen Dank für das Interview und liebe Grüße in die Heimat!