Erstellt am: 5. 8. 2011 - 04:50 Uhr
Fußball-Journal '11-81b.
Bundesliga, Meisterschaft und der Cup, der ÖFB und das Nationalteam, das europäische Geschäft, der Nachwuchs und die vielen Irrsinnigkeiten im Umfeld: Das Fußball-Journal '11 begleitet wie 2010 auch 2011 wieder ungeschönt und ohne Rücksichtnahme auf Skandalisierungen und Stillhalte-Abkommen, die den heimischen Fußball-Journalismus so mutlos daherkommen lassen.
Heute mit der nächtlichen Live-Beobachtung der letzten ÖFB-Chance auf eine brauchbare U20-Fußball-WM beim dritten Gruppenspiel gegen Ägypten.
Fußball-Journal '11-81a: Was vor dem letzten Gruppenspiel der U20-WM noch zu sagen wäre; oder: der Erfolg an der Oberfläche.
Die bisherigen Journale zur U20-WM:
Fußball-Journal '11-77: Österreichs U 20 verliert 0:0. Das erste WM-Spiel offenbart alle Schwächen.
Fußball-Journal '11-76: Sich aus der Verantwortung nehmen - Start mit Vorbehalten.
Fußball-Journal '11-68; Was kann der heute fixierte U20-Kader für Kolumbien?
Fußball-Journal '11-64: Über jene Übeltäter und Prügelwerfer, die die WM-Teilnahme ganz bewusst behindern.
Fußball-Journal '11-56: Steinschlag auf dem Weg nach Kolumbien.
Fußball-Journal '11-39: Eine erste Auswahl für die WM in Kolumbien, oder: die Schmerzen des Andreas Heraf.
Fußball-Journal '11-34: Ausflug nach Cartagena. Die U20-WM beginnt heute Nacht.
Fußball-Journal '11-20: Die jungen Legionäre tragen die ÖFB-Nachwuchsteams.
Fußball-Journal '11-4: Zu früh ins Ausland. Über das Doppelpass-Spiel von Medien und Fußball-Akteuren.
Die krasse Fehleinschätzung des letzten Gegners (Heraf vor dem Spiel: "Die Ägypter spielen sehr abwartend. Ich rechne nicht damit, dass sie vorne mit Pressing agieren.") zeigt wo auch in Kolumbien der Fisch stinkt: vom Kopf her. Und dieser Kopf ist es, der zu verantworten hat, dass eine planlose und durch dauernde Umstellungs-Zickereien verunsicherte Mannschaft gegen Ägypten ins Messer lief und sich mit vier Gegentoren eine zu hohe Niederlage einfing.
Aber auch der 'Experte' Prohaska zeigte sein strategisches Unvermögen: er rechnete damit, dass sich Ägypten schonen würde - dabei spielten die auf Gruppensieg, logisch, um Gegner Argentinien zu vermeiden.
Immerhin, an einer Stelle hat Andreas Heraf Einsicht gezeigt, er hat den hier erwähnten Rat des brasilianischen Trainers angenommen, auf sein nie funktionierendes 4-3-3 verzichtet und eine zweite Spitze neben die einzige Hoffnung, Andreas Weimann gestellt.
Lauwarm, flach, ohne Kreativzentrale, falsch positioniert
Dass er dabei allerdings auf ein lauwarmes flaches 4-4-2 zurückgreifen muss, das hat ihm Ney Franco so nicht empfohlen. Und so nimmt Heraf seiner Mannschaft auch noch die Kreativ-Zentrale, die er bislang zumindest theoretisch (mit Offenbacher und Gucher) besetzt hatte. Eine schwache Zentrale, eine, die bei diesem Team bislang mit Leuten wie Knasmüllner, Alaba, Holzhauser aber auch Büchel besetzt war.
Aber weil das dritte System im dritten Spiel kein Zeichen von Variabilität oder Stärke, sondern ein Zeichen von Unsicherheit und reiner Pose ist, zerstört es die letzten Widerstands-Nester im Team.
Wer sollte denn das Spiel herumreißen, wie das Alaba oder Djuricin das in den entscheidenden Momenten der Qualifikationen taten? Der durch falsche Positionierung (einmal zentral, einmal rechts, einmal links) völlig verunsicherte Klem? Oder bleibt wieder alles am bislang einzig herausstechenden Akteur Andreas Weimann hängen?
Es bleibt. Aber Weimann verletzt sich, und obwohl zu Beginn der zweiten Halbzeit just Gucher und Offenbacher neu reinkommen, bleibt das Grundproblem unangetastet.
Scheinbare System-Variabilität statt eines echten Matchplans
Es geht nämlich nicht darum, mit so vielen Systemen wie möglich ins Rekordbuch zu kommen, sondern um den gelungenen Matchplan, der sich oft in ganz zarten Abweichungen unterscheidet.
Hier nochmal der Hinweis auf die von ballverliebt.eu aufgezeichneten Spiele von Gludovatz U20-WM-Team von 2007: da hat zwar jedes Spiel eine andere Formation, manchmal auch ein anderes System - aber das Grundprinzip, die Philosophie dahinter ist immer dieselbe.
Und genau das hat die Herafsche U20 eben nicht: eine durchgehende Idee, eine Philosophie. Da nützt die öffentlichkeitsheischende Zurschaustellung der Herafschen Taktikfuchsigkeit genau gar nichts. Sie ist eine Schimäre und ohne die herausragenden Spieler ohne Wert.
Und weil es zwar viel Gerede über Beobachtungen und DVD-Berge und auch Matchpläne gibt, weil aber nicht einmal die banalsten Schlüsse stimmen, das viele Material also zu nichts gut war, steht diese U20 dort, wo bislang alle U20-Teams Österreichs mit der glorreichen Ausnahme des Gludovatz-Teams stehen: bei der Heimreise nach der Gruppen-Phase.
Für ein Fazit (denn neben "ein Punkt, null Tore, fünf wirre Systeme in drei Matches, sieben gegen ihr Können krass fehleingesetzte Spieler" ist noch einiges andere anzumerken) würde ich gerne noch die Ausreden, die Heraf und der ÖFB anbieten werden, abwarten. Einige davon wurden sicherheitshalber ja eh schon vor dem Turnier angeboten, ich wette es kommen ein paar neue verhaltensoriginelle dazu.