Erstellt am: 2. 8. 2011 - 18:59 Uhr
Lieber sitzen bleiben
Ich hasse diesen Kabelsalat. Errungenschaften wie WLAN und Funk-Controller für Spielkonsolen haben doch den technisierten Alltag schon vor Jahren bequemer gemacht. Da wirkt es immer wie ein Rückschritt, wenn man wieder Kabelkram auspackt - noch dazu, wenn es sich um ein neues Gerät handelt.
Kinect war und ist eine interessante Technologie, doch wie viele Geräte funktioniert auch die Bewegungssteuerung der Xbox 360 am besten in Promotion-Videos und auf gut ausgeleuchteten Pressefotos. An einem ganz normalen Abend in einer eher kleinen Wohnung müht man sich nicht nur mit Kabeln ab, die im schlechtesten Fall durch den ganzen Raum gelegt werden müssen. Oft müssen vorab sogar Möbel verschoben werden, damit genug Platz zum Bewegen da ist und einen der integrierte Scanner dabei gut erkennt. Und dann braucht's noch ausreichend Licht, vielleicht ein kleines Systemupdate der Konsole und eine Neuadjustierung des Gerätes.
Wo bleibt der Fun?

Microsoft Xbox
Sofern man also nicht schon vorab optimale Wohnbedingungen (sprich: viel freien Platz) hat, braucht es gute Gründe, Kinect mal wieder auszupacken. Das Ding will einfach immer im Mittelpunkt stehen, buchstäblich. Der letzte (böse Zungen behaupten: einzige) große Wurf für das Gerät war das Tanzspiel "Dance Central", das die eigenen Körperbewegungen sehr detailreich abbildet und als Spiel gleichzeitig fordernd und unterhaltend ist.
Kinect scheint für Entwickler keine einfache Sache zu sein. Es für den üblichen Gebrauch so zu bändigen, dass die Spieler/innen nicht wegen Kalibrierungsproblemen oder belanglosen Aufgaben die Lust verlieren, ist eine Herausforderung. Geht man auf Nummer Sicher und setzt auf nette, simple Konzepte, kommen meist keine Spiele sondern Spielereien heraus. So, wie bei der kostenlosen Programmsammlung "Kinect Fun Labs", die seit Anfang Juni mit einzelnen Anwendungen befüllt wird.
Oh, Googly Eyes
Alles bei "Kinect Fun Labs" ist übertrieben ulkig, bunt und penetrant lustig. Der Name deutet ja schon ein wenig auf den Holzhammerspaß hin. Die Hauptattraktionen sind Programme, mit denen wir wahlweise unseren Körper oder bestimmte Gegenstände einscannen können. "Googly Eyes" etwa pappt auf alles, was wir vor die Kinect-Kamera halten, zwei Kulleraugen. Das beste an der Anwendung ist der Titelsong vom US-amerikanischen Songwriter Caspar Babypants.
Die gute Nachricht:
Microsoft/Xbox hat Mitte Juni die Kinect-Technologie für unkommerzielle Zwecke (Unis, etc.) freigegeben.
Studenten der FH Salzburg haben es mit ihrem Kinect-Spiel "Evade" (für PC Windows, freier Download!) ins Finale eines Wettbewerbs geschafft. Abstimmen kann man noch bis 7. August.
Etwas mehr selbst machen kann man bei "Kinect Sparkler". Nachdem der eigene Körper gescannt und abfotografiert ist, kann erst mal der Hintergrund ausgetauscht werden. Das funktioniert ähnlich wie bei einem Green Screen. Mit den Händen zeichnet man dann in der Luft Gesten, die sofort als glitzernde Linien, also Sparkles, im Spiel auftauchen. Ganz nett, aber auch hier fragt man sich, wozu das eigentlich gut sein soll. Fünf Minuten später wird's langweilig und man startet das nächste Programm.
"Avatar Kinect" ist die interessanteste Anwendung der "Kinect Fun Labs", weil hier Mimik und Handbewegungen auf unseren Xbox-360-Avatar übertragen werden. Man sucht sich eine Chatlobby aus, die alles von einem Strand bis zum Weltall sein kann. Dort sitzt man dann alleine, zu zweit oder zu mehrt auf einem Asteroiden und fragt sich, ob das schon alles war. "Avatar Kinect" bildet unverständlicherweise die Beine nicht ab, und auch Mimik und Gesten werden nur sehr grob abgebildet, so dass letztlich alles auf Winken und Kopfneigen hinausläuft. Da ist der normale Kinect Videochat praktischer und auch lustiger.

Microsoft Xbox
"Kinect Fun Labs" kostet zwar nichts, kann aber auch nichts. Die Programme brauchen viel Platz auf der Festplatte (zwischen 250 und 750 MB) und liefern bis auf ein paar müde Gags und halbherzigem Herumhampeln vor dem Kinect-Sensor keinen Mehrwert. Bleibt zu hoffen, dass Microsoft endlich mal wirklich gute Software für Kinect veröffentlicht.