Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Letztes Wochenende im Hallenbad"

Michael Fiedler

Politik und Spiele, Kultur und Gegenöffentlichkeit.

29. 7. 2011 - 12:50

Letztes Wochenende im Hallenbad

FM4 am Poolbarfestival in Feldkirch. Tag eins: Erstmal ankommen, dann abfeiern.

Auf der wildwachsenden Blumenwiese zwischen dem Feldkircher Knast, einem Wäldchen, der graugrünen Ill und einem Spielplatz steht das Alte Hallenbad Feldkirch, in dem seit 17 Jahren jeden Sommer das multikulturelle Poolbarfestival stattfindet. Multikulturell, weil hier Architektur auf Performance, Film auf Workshops treffen, auch wenn Konzerte und DJs im Vordergrund stehen. Kollege Johnny Bliss war von dem Ergebnis des diesjährigen Wettbewerbs zur Neugestaltung des Hauses enttäuscht, die sich auf lichtgebende Elemente reduziert. Das liegt aber daran, dass heuer keines der eingereichten Projekte umgesetzt worden ist, weil das Wettbewerbsthema "demokratischer raum, humanes licht" vielleicht etwas zu abstrakt war. Etwa so wie Albert Farkas´ Idee für den Beitrag der Morningshow. Aber dazu später mehr.

Die Blumenwiese, darin das alte Hallenbad, dahinter Wald und Felsen.

Michael Fiedler Radio FM4

Das Line-Up des PBF 2011

Michael Fiedler Radio FM4

Das FM4-Gastspiel findet traditionell am letzten Wochenende im Juli statt und läutet das letzte Drittel des sechswöchigen Sommerprogramms ein. Die meisten Konzerte sind vorüber und man kann sich natürlich ärgern, einige verdammt schöne Abende verpasst zu haben: Mit dEUS etwa, die vor recht kleinem Publikum gespielt haben; mit Macy Gray, von deren Auftritt etliche BesucherInnen schwärmen; oder mit Hercules And Love Affair, eine der wenigen Bands die heuer den Pool bespielt haben. Aber was bringt das? Hier stehen heute Millions Of Dreads und Mono & Nikitamann auf der Bühne und bringen mit, was dem graubehimmelten Vorarlberg abgeht: sonnige Tanzlaune. Und eine Botschaft.

Aus aktuellem Anlass drei Parallelen zwischen Rasta- und Pastafarianismus:

  • Gläubige ziehen sich lustig an.
  • Gläubige mögen Wortspiele (Tel-lie-vision vs. Ramen)
  • Der Wunsch nach einer spirituellen Rückkehr zu den Wurzeln, also nach Afrika bzw. zum Piratentum.

Die steirischen Millions Of Dreads sind eben erst von einer Auftrittsreihe bei einem Massenmaturaurlaub zurück gekommen und dementsprechend sonnen- wie publikumsverwöhnt. Sie kommen auch in der Poolbar gut an, vor allem die Songs in breiter Mundart. Aber natürlich dürfen Anspielungen auf Rastafari samt Ganja und Babylon nicht fehlen.

Millions of Dreads auf der Bühne des Poolbarfestivals 2011.

Michael Fiedler Radio FM4

Millions of Dreads

Den Job als Anheizer des Abends übererfüllen Millions Of Dreads, wenn etwa der wohl bekannteste Song Schwoaza Mann neu begonnen werden muss, weil das Publikum als Chor zu zurückhaltend agiert. Im zweiten Versuch klapp's dann.

Mono & Nikitamann

Michael Fiedler Radio FM4

Zwischen den Konzerten treffen Albert Farkas und ich - unterwegs in komischer Mission - unter anderem auf Leute, die sich Mono und Nikitamann gar nicht mehr anschauen wollen, weil sie sie erst gesehen haben. Die Halle wird trotzdem voll und die zwei tanzen sich durch ihr Repertoire aus Reggae-Dancehall - inklusive eines sehr suprigen Covers von Freestyler. Dabei fand ich es schade, dass das Konzert nicht im Erdgeschoß stattfindet, wo das Publikum im (zugegeben recht kleinen) ehemaligen Schwimmbecken steht.

"Wenn das der Preis des Erfolgs ist, zahle ich ihn gerne." sagt Nikitamann im Interview, "solange wir es trotz breitem Graben schaffen, eine Nähe zum Publikum herzustellen." Das gelingt den beiden locker - schließlich ist der Bühnengraben in der Poolbar im Vergleich zu großen Bühnen noch sehr, sehr schmal. Ganz anders als am FM4 Frequency Festival, wo Mono & Nikitamann heuer einen erstaunlichen Slot bekommen haben: Als drittletzte Band des Freitagabends spielen sie direkt vor Apocalyptica. Ob das nicht ein zu großer Kontrast ist? "Vielleicht bauen wir ja ein paar Streicher in unser Set ein."

Michael Fiedler Radio FM4

Als ob eine Mischung aus Cello-Metal und Dancehall nicht schon schräg genug wäre, Albert hat eine noch abstrusere Idee für seine Review in der Morningshow: James Joyce hat nämlich 1915 auf dem Weg in die Schweiz, wo er den größten Teil von Ulysses geschrieben hat, kurz in Feldkirch Station gemacht. Und weil es im Ersten Weltkrieg nicht selbstverständlich war, dass die hiesigen Grenzbeamten ihn ausreisen lassen, sprach er bei einem späteren Besuch des Bahnhofs Feldkirch den denkwürdigen Satz: "There upon those tracks the fate of Ulysses was decided!" Also lesen Poolbar-BesucherInnen zu den Klängen von Mono & Nikitamann aus Ulysses. Auf vorarlbergerisch. Da können Apocalyptica einpacken:

Dieses Element ist nicht mehr verfügbar