Erstellt am: 9. 8. 2011 - 11:50 Uhr
FFBs - Favourite Frequency Bands 2011
Gar keine leichte Aufgabe, sich durch das Musikprogramm des FM4 Frequency ordnungsgemäß durchzuhören. Wenn einem viele Bands beim Blick aufs Line-Up auch sofort ins Auge springen – manche kennt man vielleicht nur vom Namen her oder sie wecken bestimmte Assoziationen, von anderen wieder hat man vielleicht noch nie gehört.
Geheimtipps sind die im Folgenden aufgezählten Bands nicht, alle sind sie seit mindestens Monaten im FM4 Programm und auch im sonstigen popjournalistischen Feuilleton vertreten. Drei davon standen außerdem Anfang des Jahres auf der BBC-Sound-of-2011-Liste. Tatsächlich ist die Liste Jahr für Jahr eine ziemlich zuverlässige Quelle aufkommender Musik, weder Henne noch Ei, aber ein feines Echolot der sich zusammenbrauenden (oder bereits brodelnden) Blog-, Social-Networks- und Clubtrends. Man beachte die dort vorausprophezeiten Stars der letzten Jahre.
Here are the nominees for the FFB, Favourite Frequency Band 2011:
YUCK
Yuck spielen am Do, 18.8. um 14.30 auf der RACE Stage.
Während die Vorgängerband der beiden Yuck-Gründer Daniel Blumberg und Max Bloom, Cajun Dance Party, noch auf klassischeren, heutigen Feelgood-Indie-Pop der Marke Kooks setzte, graben die beiden Londoner heute gemeinsam mit Blumbergs Schwester Ilana, der japanischen Bassistin Mariko Doi und dem amerikanischen Drummer Jonny Rogoff tief in der Musikgeschichte der neunziger Jahre.
Von Shoegaze bis Grunge fördern sie so manchen ungeschliffenen Diamanten zu Tage und stecken ihn in ein rumpeliges Indie-Pop-Mäntelchen, ohne an Tiefgang einzubüßen. Neben Dinosaur Jr. und den Pixies werden immer wieder Sonic Youth als Referenz für den Yuck-Sound genannt. Deren großem Erbe machen sie in dem Song Rubber alle Ehre. Denn die wahre Größe ihrer Musik offenbart sich in den verstörten Momenten unter der Oberfläche. Auch von den exzellenten Live-Qualitäten der Band munkelt man bereits.
JAMIE WOON
Jamie Woon spielt am Do, 18.8. um 14.25 auf der GREEN Stage. GLEICHZEITIG MIT YUCK!
jamiewoon.com
Auffällig an journalistischen Texten über Jamie Woon ist nicht nur die Häufung bestimmter Referenzen, sondern auch das Hinweisen auf die Unumgänglichkeit dieser, wenn man den Sound des 28-Jährigen in Beziehung zu aktuellen Tendenzen der Popmusik setzten will. Warum eigentlich auch nicht – denn mit zwei ebenso jungen wie talentierten und beliebten Musikern teilt Woon nicht nur Vornamen und Heimatstadt, sondern auch die mehr oder weniger lose Verbandelung mit dem Begriff Dubstep.
Obwohl ihn mit Hyperdub-Giganten Burial nicht nur Freundschaft, sondern auch eine gemeinsame Produktionsvergangenheit verbindet, ist Jamie Woon unter den allseits gefeierten Bassmusik-Weiterdenkern derjenige, der sich am weitesten von dem ursprünglichen Bedeutungskonglomerat des Begriffs wegbewegt. Denn der sanft pulsierende, kaum fassbare Beat wird für ihn zum Herzschlag seiner eigentlichen Liebe, dem Soul und R´n´B.
Der Brückenschlag zum chartstauglichen Pop passiert ihm dabei scheinbar zufällig, wobei die Reduktion das entwaffnendste Stilmittel seiner Musik bleibt. In seinen Live-Shows darf man, wie man hört, Verbeugungen vor Popidolen wie Prince und Justin Timberlake erkennen. Am FM4 Frequency ist Jamie Woon erstmals in Österreich zu sehen, das sollte man sich alleine schon wegen dem Mitrede-Faktor geben.
THE HUNDRED IN THE HANDS
The Hundred in the Hands spielen am Do, 18.8. um 20:39 auf der Weekender & PLINGG Stage.
Für einen Warp-Act ist der Sound des New Yorker Duos The Hundred in the Hands erstaunlich unverwurschtelt. Ihr elektronischer Wave-Pop bewegt sich in Sphären zwischen dunkel und entrückt, ohne auch nur annähernd in die traumverlorenen Welten von, sagen wir, Crystal Castles vorzudringen. Es ist die präzise Unaufgeregtheit von Eleanore Everdells glasklarer Stimme, die den Reiz der Songs ausmacht, die auf 80er-getrimmten, sorgfältig gesetzten Synthie- und Gitarren-Akkorde, die die Songs tanzbar machen, ohne sich aufmerksamkeitsheischend aufzudrängen. Dazu sind sie zu cool, das haben sie auch gar nicht nötig.
ANNA CALVI
Anna Calvi spielt am Sa, 20.8. um 14.20 auf der RACE Stage.
Domino Records
Es ist nicht schwer, die Musik von Anna Calvi nicht sofort zu mögen; "zugänglich" ist sie beim ersten Hören nicht gerade. Diesen Liedern wohnt eine theatralische Sperrigkeit inne und Calvis Stimme phrasiert in übertriebenem Maße. Schlagzeug und Harmonium begleiten die von Calvi selbst virtuos gespielte, oft verhallte Blues-Gitarre, die Rhythmen dürfen auch mal iberisch-temperamentvoll galoppieren.
Über all dem thront diese mächtige Stimme, die zum Vibrato auch ein Crescendo hinzufügt und in allen Tonlagen die Ganzheit des Resonanzkörpers ausnützen. Schwarzer Lidstrich, strenger Haarknoten, rote Bluse und Lippen - beim Singen erinnert die italienischstämmige Engländerin eher an Maria Callas denn an ein heutiges Popsternchen. Anna Calvi spielt mit Flamenco-Ästhetiken und mächtiger Erotik, covert Edith Piaf und Elvis, nimmt mit PJ Harvey-Produzenten Rob Ellis auf und geht mit Grinderman auf Tour. Chanson-Rock, ein blödes Wort, aber kein unpassendes. Auf die Calvi-Show auf der Festivalbühne darf man jedenfalls gespannt sein.
SMITH WESTERNS
Smith Westerns spielen am Sa, 20.8. um 23.30 auf der Weekender & PLINGG Stage.
Smith Westerns
Gar nicht so einfach wahrscheinlich, mit gerade mal zwanzig Jahren auf den Indie-Hype-Listen ganz oben zu stehen. Das Chicagoer Trio, eigentlich Quartett, Smith Westerns ging mit dem plötzlichen Erfolg längere Zeit anscheinend mit ein bisschen gar plakativ demonstrierter Jugendlichkeit um, hat sich aber mittlerweile daran gewöhnt und dürfte auf der Bühne ziemlich professionell agieren. Unser ehrenwerter FM4-Kollege Smash hat in seinem Text zum Smith Westerns-FM4 Album der Woche den jugendlichen Reiz ihres astreinen Indie-Pop bereits zielsicher auf den Punkt gebracht.
Uns bleibt an dieser Stelle, nochmals auf die zuckrige Süße von Zeilen wie der folgenden hinzuweisen - denn wer kann schon mit solcher Authentizität Worte wie diese singen: "Na na na na na, a girl like you - Weekends are never fun unless you're around here too-ooo-ooo".