Erstellt am: 18. 7. 2011 - 19:33 Uhr
Homare Sawa, Fußballgöttin
1. Der Hype
Alle Medien waren voll von der Frauen-WM. Veranstalter, Organisationskomitee und Host-Broadcaster, wie ZDF und ARD in FIFA-Sprache genannt werden, haben alles dafür getan, dass die WM präsent ist. Dass das Sommermärchen sich laut den Zeitungen plötzlich als "konstruiertes" Sommermärchen herausgestellt hat, ist eher diesen selbst zuzuschreiben. Groß den Eventcharakter herbeischreiben, aber dann enttäuscht sein, dass es keine Deutschland-Fahnen schwingenden Autokorsos gibt. Natürlich hatten in Deutschland die Spiele des eigenen Teams die höchsten Einschaltquoten, aber eingebrochen ist die Quote auch nach dem frühen Ausscheiden nicht.
2. Der Fußball
Zu Mitte der WM erschienen plötzlich Artikel über "Frauenfußball ist langsam, technisch schlecht und total humorlos." Hat sich wer der JournalistInnen jemals für Frauenfußball interessiert? Und woher kommen die ewigen Vergleiche? In anderen Teamsportarten, wie Volleyball oder Handball passiert das ja auch nicht. Technisch gibt es noch Entwicklungspotential, trotzdem war diese WM die bisher hochstehenste. Und sie war die ausgewogenste, die es je gegeben hat. Ob das künftig so bleibt? Die FIFA riecht das Geld und erhöht die TeilnehmerInnenzahl, statt 16 nehmen 2015 in Kanada 24 Teams teil. Ob es dann wieder Ergebnisse wie das 11:0 von Deutschland gegen Argentinien bei der WM 2007 gibt, oder ob die Entwicklung doch schneller ist als erwartet, wissen wir in vier Jahren.
3. Das deutsche Team
Sie wurden vor der WM schon als die kommenden Weltmeisterinnen behandelt, wie aber Sportereignisse so sind, gibts auch immer wieder Überraschungen. War der Druck zu groß? Die Taktik die falsche? Ist Neid schuld? Was war mit Prinz los? Die Aufmerksamkeitsmaschinerie hat auch negative Seiten, das mussten alle erst mal lernen.
4. Marta und Homare Sawa
Marta ist, auch wenn schon im Viertelfinale ausgeschieden, weiterhin eine der besten Fußballerinnen der Welt. Wie sie gemeinsam mit Christiane und Rosana das brasilianische Angriffsspiel aufgezogen hat, war großartig anzusehen. Wenn nur nicht das Team mit der Steinzeittaktik eines Liberos gespielt hätte. So muss Marta weiterhin auf einen großen Titel warten: Wenn Brasilien auch nur ein bisschen in das Frauenteam investiert, dann dauert das nicht lange. Und wenn Marta sich dann etwas weniger beschwert, wird sie auch nicht mehr ausgebuht. Dafür hat Homare Sawa, Kapitänin der Japanerinnen, Torschützenkönigin und beste Spielerin des Turniers endlich die Aufmerksamkeit bekommen, die ihr schon lange zusteht. Auch schön.
Und Shout outs, natürlich, an Abby Wambach (und Hope Solo).
5. Legendenbildung
Frauenfußball fehlen die Mythen, die Erzählungen, die Geschichten, an die man sich erinnern kann. Die USA und Brasilien haben in ihrem Viertelfinalspiel vielleicht einen geschafft: Das Spiel war nicht wirklich gut, aber voller Emotionen: Diskutierbare Schiedsrichterinnenentscheidungen, Eigentor, Elfmeter, rote Karte, Ausgleich in der 122. Minute, Elfmeterschießen. Und dazu noch ein mehr als spannendes Finale. Vielleicht reichen diese Spiele für zumindest ein paar kleine Legenden.
6. Frauenfußball rettet die Welt
Zu den überzogenen Erwartungen gehört das, was die WM leisten soll: Einen Sport fördern. Frauen fördern. Eine Welle erzeugen. Feministisch sein. Fußball ist ein weites Feld, in das man viel einschreiben kann. Es gibt Fußballkriege, historische Feindschaften, Kommerzialität, "echten Fußball", Auskenner_innentum und Event-Fans, "linken" und "rechten" Fußball, Mythen und Legenden - und 22 Menschen, die einem Ball nachrennen. Genauso ist es bei Frauenfußball. Jede und jeder will was anderes drinnen sehen - ich auch.
7. Vor der WM ist nach der WM
Dummer Spruch. Aber mit ein bisschen Wahrheit. Es wird alles weitergehen wie bisher. Frauenfußball ist ein wachsender Sport, immer mehr Mädchen werden Fußballspielen, die Spitze wird breiter werden und neue Teams werden nachkommen. Ob künftig mehr Menschen Frauenfußballspiele besuchen werden? Vielleicht. Frauenspitzensport und Fantum ist ein interessantes Feld. Wieviele Frauenteamligen gibt es überhaupt, die regelmäßige TV-Coverage bekommen? Viel fällt mir nicht ein.
8. Mehr dumme Sprüche
Die gabs in den diversen Foren zuhauf, die Witzigkeit dieser Sprüche hat sich in Grenzen gehalten. Auch Sepp Blatter hat sich in diese Riege eingereiht, eingebracht hat es ihm (neben diversen anderen Gründen) Buh-Rufe während des Finales. Dem Cesc hingegen hats gefallen, und dem Hanx auch.
9 Und jetzt?
Japan ist Weltmeisterin, wer hätte das gedacht. Andererseits: mit ein bisschen Fachkenntnis wäre es in der Öffentlichkeit nicht so unterschätzt worden. Elfmeterschießen kann fürchterlich daneben gehen, aber ein anderes Spiel am selben Abend hat gezeigt, dass es noch fürchterlicher daneben gehen kann. In zwei Jahren sehen wir uns dann in Schweden und in vier in Kanada. Und dazwischen auch noch in London. Vorfreude.