Erstellt am: 18. 7. 2011 - 23:05 Uhr
Fußball-Journal '11-71.
Bundesliga, Meisterschaft und der Cup, der ÖFB und das Nationalteam, das europäische Geschäft, der Nachwuchs und die vielen Irrsinnigkeiten im Umfeld: Das Fußball-Journal '11 begleitet nach dem Jahr 2010 auch 2011 wieder ungeschönt und ohne Rücksichtnahme auf Skandalisierungen und Stillhalte-Abkommen, die den heimischen Fußball-Journalismus so mutlos daherkommen lassen.
Heute mit einem ganz konkreten und konstruktiven Vorschlag.
Es war bei der Copa America, beim Viertelfinalspiel zwischen Hausherrn Argentinien und Uruguay, Samstag knapp nach Mitternacht. Keine TV-Anstalt übertrug, Sport1 (vormals DSF), im deutschen Sprachraum der Rechteinhaber, verschob den nächtlichen Schlager in sein digitales Angebot um so Kundschaft dorthin zu locken. Allerdings ergab die simple Suchabfrage über zwei Klicks eine fette Linkliste von Webstream-Angeboten aus dem hispanoamerikanischen Raum und schon war ich mittendrin in Santa Fe beim Clásico del Río de la Plata.
Der Ausgang ist bekannt, das Heimteam, der klare Favorit für die Copa America 2011 scheiterte, ebenso wie alle anderen Favoriten der vier Viertelfinals. Zuvor hatte sich schon Kolumbien an den beschärpten Peruanern die Zähne ausgebissen, und am nächsten Tag sollten Brasilien (mit einem neuen Peinlichkeits-Rekord im Penalty-Schießen) und Chile (das gegen Venezuale erfolglos anrannte und sich zwei Gegentreffer einfing) folgen.
Die Semifinals der Copa lauten Uruguay - Peru und Paraguay - Venezuela, das ist der sensationellste Verlauf, den diese Südamerika-Meisterschaft in ihrer langen Geschichte (und die reicht bis 1916 zurück, eine Euro existiert erst seit den 60ern, die WM hat auch erst in den 30er begonnen...) genommen hat.
Aber vom Verlauf dieses historischen Matches soll nicht die Rede sein, nicht vom Elferschießen oder vom Auftritt von Jimmy Jump.
Was macht der Referee mit dem Spray im Allzweckgürtel?
Denn mitten in diesem sagenhaften, von einen Dauer-Fan-Roar angetriebenen Spiel, das der zuckelnde Modus des Webstreams noch unruhiger machte, als es eh schon war, gab es eine Erstbegegnung.
Ich sah einen Schiedsrichter, der, als er die Mauer für einen Freistoß einrichtete, eine Linie zog. Wie beim Theater sorgte er für eine Markierung, wo seine Akteure zu stehen hätten. Mit einem Spray sprühte er eine weiße Linie auf den Rasen. Dort hätten die Spieler zu stehen. Da war kein Schummeln mit Trippelschritten, kein Zentimeter-Schinden mehr möglich.
Und beim nächsten Freistoß fiel mir auf, dass der Referee es mit dem Punkt der Ausführung genauso machte. Dort, von wo der Freistoß ausgeführt werden sollte, sprühte er genauso ein dezentes Zeichen auf den Boden.
Ich denke, das war das erste Spiel, das ich gesehen habe, bei dem der offizielle, reguläre und vorgeschriebene Abstand zwischen Freistoß-Punkt und Mauer, also die berühmten 9 Meter 15 auch tatsächlich eingehalten wurden.
Weil die simple Macht der Linie die Spieler dazu anhielt.
Er sprayt damit den Mauer-Abstand bei Freistößen fair!
Im übrigen war die Linie schon bei der nächsten Aktion wieder verschwunden. Und natürlich sprühte der Schiri nur bei wichtigen Freistößen in Strafraumnähe und mit deutlicher Mauer-Bildung. Aber das klappte wie am Schnürchen. Und Forlan, Suarez, Messi, Tevez und Co hielten sich an das, was der Schiri mit der kleinen Sprühdose, die er wie einst Batman an seinem Allzweckgürtel festgeklippt hatte.
Ich habe noch in der gleichen Nacht ein bißchen herumgeforscht. Und bin draufgekommen, dass dieses für mich völlig neue Ding so neu nicht ist.
Seit 2008 wird diese Methode in Argentinien so gehandhabt. Seit 2009 findet die FIFA diesen Testlauf toll und jetzt, anläßlich der Copa America in Argentinien feiert der Schaum-Spray seine internatuionale Premiere.
Denn erst der Schaum garantiert die Handhabbarkeit der Idee, lässt die Male nach knapp einer Minute verschwinden.
So sieht das in der Praxis aus - zum Beispiel in der Vorrunde der Copa:
Kolumbianer und Costaricaner schauen ein wenig dumm drein, nehmen es aber hin. Und die Argentinier und Uruguayaner des Viertelfinals, die kannten das bereits, und verzogen keine Miene.
Klare Sache: her damit in die österreichische Meisterschaft!
Ich finde, das gehört sofort her. Nach Österreich, in die Liga. Den argentinischen Verband kontaktieren und los geht's. Kein Gedränge und Geschinde mehr beim Mauervolk, kein meterweites Schummeln durch Ballvorwerfen beim Ausführenden. Klare Verhältnisse und Fairness beim Freistoß.
Diejenigen, die glauben, dass es sie oder das Spiel weiterbringt, wenn sie über Schiedsrichter koffern, haben dann zwar einen Grund mehr zu ätzen - aber die würden auch die Tatsache, dass am Abend die Sonne untergeht dem Schiri in die Schuhe schieben; um die Reaktion dieser Reaktionäre braucht sich also keiner zu kümmern.
Sonst sieht der Einsatz des Referee-Schaumsprays nur Gewinner vor.
Es gibt also keine Ausreden.
Und eine Liga, die es schon nicht schafft, ihre selbstgestellte gesellschaftliche Verantwortung einzulösen, könnte sich doch zumindest einmal im sportlichen Bereich als Vorreiter profilieren.