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Christian Pausch

Irrsinn, Island, Ingwer.

13. 8. 2011 - 16:03

Gebrauchsanweisung für Island

Kristof Magnusson beschreibt in seinem Buch die Eigenschaften und Eigenheiten der nördlichen Insel und ihrer Einwohner.

Wie benutzt man einen isländischen Pool? Was macht man, wenn einem jemand Walfleisch zum Essen anbietet und wie kam es eigentlich zur Bankenkrise? All diese Fragen und noch viele mehr werden von Kristof Magnusson beantwortet und in die kurze, aber dennoch umfangreiche Geschichte der kalten Insel im Nordatlantik eingebettet.

Wikinger, Limonade und Derrick

Er erklärt, wie das so war mit den ersten Siedlern, wieso die alten Sagas auch heutzutage noch eine wichtige Rolle im Leben der Isländer spielen, was der Ausbruch des Eyjafjallajökulls mit dem Schütteln einer Limonaden-Dose zu tun hat und warum es in den 80er Jahren donnerstags kein Fernsehen gab...

Piper

Kristof Magnusson "Gebrauchsanweisung für Island", erschienen beim Piper-Verlag.

Es war die Zeit, zu der eine der beliebtesten Sendungen aus Deutschland kam: Derrick. Ob aus Begeisterung oder mangels Alternative, fast das ganze Land schaute über Jahre hinweg Horst Tappert beim Ermitteln und Fritz Wepper beim Wagenholen zu. Da Derrick, wie heute noch alle ausländischen Sendungen, im Original mit Untertitel lief, gibt es bis heute Isländer, die bei Deutschland an Derrick denken und Sätze sagen wie: "Es tut mir leid, Ihre Frau ist tot." Als Horst Tappert starb, meldeten sich drei isländische Freunde per SMS und sprachen mir ihr Beileid aus.

Christian Pausch

Windige Zeiten in Island. Þingvellir, Juli 2011.

Mit viel Humor erklärt Kristof Magnusson, Sohn eines Isländers und einer Deutschen, die Gepflogenheiten und Eigenwilligkeiten seiner Landsleute und vergleicht das heutige Island immer wieder mit dem Island seiner Kindheit, wo man das Wort "Bankenkrise" noch nicht kannte und das ganze Land nur für seine Musik, das Elfenministerium und das erste Penismuseum der Welt bekannt war.

Historisches, Skurriles und Historisch-Skurriles

Dazwischen erzählt Magnusson immer wieder seltsam-witzige Anekdoten, wie sie sich nur in Island zutragen können, durch die man als Leser der oft als verschlossen beschriebenen Mentalität des nördlichen Inselvolkes ein wenig näher kommen kann. So zum Beispiel auch die lustige Geschichte der weltweit ersten weiblichen Staatspräsidentin Vigdís Finnbogadóttir:

Sie saß einmal in einem der heißen Töpfe (Anm.: Hot-Pot) und plauderte mit einem Amerikaner, der sie fragte, was sie beruflich mache. Ich bin Präsidentin, antwortete Vigdís. Von welcher Firma?, fragte der Amerikaner, und sie antwortete: von Island.

Christian Pausch

Reykjavík, Juli 2011.

Einblick in ein geheimnisvolles Land

Magnusson bleibt zwar an der Oberfläche und dringt nicht besonders tief in seine Themen ein, dafür verliert er sich aber auch nicht in Beschreibungen politischer Zustände, sondern erläutert in einfachen Worten, was das heutige Island wirklich ausmacht und wie es zu dem Land geworden ist, das es heute ist.

Wer einen Reiseführer mit Straßenkarte von Island und Busplan von Reykjavík sucht, ist bei Kristof Magnussons Gebrauchsanweisung falsch. Wer jedoch einen Einblick in dieses oft geheimnisvolle Land im Nordatlantik und dessen nicht minder geheimnisvollen Bewohner bekommen mag, die Mentalität ergründen und nebenbei auch noch beim Lesen unterhalten werden will, dem sei dieses Buch empfohlen. Übrigens auch dann, wenn man nicht vor hat nach Island zu reisen. Obwohl man spätestens nach der Lektüre vermutlich nach günstigen Flügen zu suchen beginnt.