Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Joan As Police Woman"

Susi Ondrušová

Preview / Review

14. 7. 2011 - 17:27

Joan As Police Woman

Auf Wien Besuch. Mit Video!

Joan Wasser ist unter anderem die Beste. Als sie vor dem Funkhaus aus dem Taxi steigt, merkt man es ihr noch nicht an. Sie ist genervt, weil zu spät, obwohl der Taxifahrer rasend schnell gefahren ist. Aber seine Hände waren mehr mit dem Papierhaufen auf dem Nebensitz beschäftigt als mit dem Lenkrad. Gekommen ist sie nicht nur für ein FM4 Frage- und Antwortspiel, sondern um an diesem gestrigen heißen Juli-Tag im Studio2 eine Acoustic Session zu spielen. Am gleichen Piano, an dem schon Rufus Wainwright gesessen ist.

ondrusova

Joan Wasser

Neben Joan Wassers Kollaborationen mit Antony Hagarty war es die Supporttour von Rufus Wainwright im Jahr 2004, die Joan Wasser zu Joan As Police Woman gemacht haben, wie wir sie 2006 auf ihrem Debüt "Real Life" kennengelernt haben.

"Wir" ist natürlich gut. Vereinnahmung von Popmusikerinnen, was für ein schönes Thema. Projektionsflächen und der ganze Schmarrn. Gottseidank ist Joan As Policewoman kein Teenager mehr, hat genug erlebt, gesehen, musiziert, um zu wissen, dass es gut ist, wenn manche "Solo-Karrieren" einfach dauern. "Uneitel" ist demnach die erste Eigenschaft mit der man Joan Wasser beschreiben kann.

Seit ihrem achten Lebensjahr spielt sie Geige. Hat mit Schostakowitsch eine genauso enge musikalische Verbindung wie mit Mary Timony (Helium, aktuell: Wild Flag) mit der sie während ihrer Studienzeit in Boston in der Band Hot Trix gespielt hat. Die musikalischen Stützpunkte ihrer Jugendzeit und Erwachsenwerdung ergeben ein wunderbares Parkett der Popgeschichte.

Die aktuellste Zusammenarbeit hat sie letzten Februar nach Äthiopien geführt: Auf Damon Albarns Einladung war sie Teil seines "Africa Express" und hat diese Reise im Interview als ihre so long schönste musikalische Erfahrung bezeichnet.

daniel eberharter

Wir sprechen nicht viel über ihr Album "The Deep Field", sondern streifen im Blinddate-Verfahren ihre Bewunderung für Mary Timony (Wild Flag eben) an, Iggy Pop (auf "Cover" nimmt sie sich nicht nur Britney Spears oder Sonic Youth an, sondern auch "Baby" vom 1977er Album "The Idiot"). Wir halten fest: "honesty gets mistaken for arrogance". Weil sie beginnt von Lou Reed zu sprechen, als ob er der liebe Onkel von nebenan wäre (sprich als das Gegenteil von dem wie er in aktuellen oder alten Interviews rüber kommt).
Und weil sich meine Wenigkeit nun aktuell auf "Soul Lehre" begeben hat, lasse ich sie nicht in eine Al Green Lobeshymne verfallen, sondern erzähle ihr von Charles Bradley und seiner Lebensgeschichte, die er im Song "Why is it so hard? behandelt und im Rahmen vom Jazzfest am Rathausplatz unglaublich packend performt hat.

Als Gegenempfehlung schwärmt sie von Snoop Dogs Liveshow, erklärt, dass sie im Moment nur Junip hört und unglaublich neidisch ist auf den Sound, den die kongolesischen Formation "Staff Benda Bilili" mit "a coffee can and a stick" erzeugt.

daniel eberharter

Genauso gerne wie man ihren atemlosen und ausführlichen on the road Geschichten zuhört, genauso gerne hängt man an ihren Lippen, als sie später im WUK auf die Bühne kommt und ihr Liveset beginnt.

Mit "Magic" und "Chemmie" hab ich schon in den ersten 10 Minuten des Konzertes meine beiden Lieblingssongs gehört. Weitergeschwitzt wird natürlich trotzdem, auch auf die Gefahr hin, dass wir am Ende des Konzertes alle ausschauen wie Alice Cooper und spätestens bei "Forever And A Year" sensibilisiert Goldtöpfe am Ende eines Regenbogen Tunnels herbeiphantasieren.

Glück zeigt sich in vielen Facetten. Stimmen hat es auch viele, die schönste ist die von Joan as Police Woman. Ja, es war schön und unglaublich. Noch schöner und unglaublicher war allerdings die Acoustic Session, als Joan As Police Woman im Studio 2 den letzten Song ihres Albums "Deep Field" performt hat: Bitte schön: Human Condition.
"So much hope in people´s eyes, so much loving in their hands."

Say yes!

Joan As Police Woman "Human Condition"
aus dem Album "The Deep Field"

Aufgenommen am 13.7.2011 im Studio2

Video: Simon Welebil, Daniela Derntl
Ton: Rudi Ortner