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Ballesterer FM

Artikel aus dem Magazin zur offensiven Erweiterung des Fußballhorizonts.

14. 7. 2011 - 11:34

Zwischen den Stühlen

"Hana, dul, sed" - ein Film über vier nordkoreanische Fußballerinnen und ihr Leben nach der aktiven Karriere. Die WM in Deutschland bescherte dem Film einen späten Erfolg.

Sieben Jahre lang drehte die österreichische Regisseurin Brigitte Weich an ihrem Dokumentarfilm "Hana, dul, sed" über vier nordkoreanische Fußballerinnen und ihr Leben nach der aktiven Karriere. Die WM in Deutschland bescherte dem Film einen späten Erfolg.

Interview: Stefan Kraft
Fotos: Ri Filme

ballesterer: Ihr Film wurde 2009 auf der Viennale gezeigt. Die Besprechung im ballesterer endete damals mit dem Satz: "Hoffentlich findet 'Hana, dul, sed' auch bald den Weg in die regulären Kinos." Warum hat es dennoch über eineinhalb Jahre gedauert?

Brigitte Weich: Die Filmverleiher schätzen eben einen Film so ein: "Was hat der für ein Zielpublikum, wer schaut sich so etwas an?" Mit unserem Film sind wir zwischen den Stühlen gesessen – er dreht sich nicht rein um Fußball, ist aber auch kein dezidiert politischer Film. 2010 haben wir den Preis auf der Diagonale gewonnen, daraufhin wollte Claus Philipp vom Wiener Stadtkino den Film ins Programm aufnehmen. Es hat aber noch rechtliche Streitereien mit dem IOC und der FIFA wegen einiger Archivaufnahmen gegeben, die über den Sommer angedauert haben. Also haben wir uns gedacht, bringen wir ihn doch zur Frauenfußball-WM heraus.

Ri Jong Hi (li), Brigitte Weich in einem stadion

© Ri Filme

Ri Jong Hi (li), Brigitte Weich © Ri Filme

Dieser Artikel ist im Fußballmagazin ballesterer.fm erschienen.

Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des ballesterer.fm

Dass nun jedes größere deutschsprachige Medium eine Rezension zu Ihrem Film veröffentlicht hat, ist Ihnen demnach eher zufällig passiert?

Darüber war ich mehr als überrascht. Natürlich hat es mit der WM zu tun – und dass sich das nordkoreanische Team dafür qualifiziert hat. Viele Journalisten haben sich jetzt mit den Nordkoreanerinnen beschäftigt, konnten aber keine Informationen oder Bilder zu dem Team bekommen. Und dann haben sie sich meinen Film angeschaut.

An Ihrem Film hat mir besonders gut gefallen, dass er nicht, wie sonst üblich, dem Zuschauer eine Verurteilung Nordkoreas voranstellt. Hat es Kritik daran gegeben, dass man die Dinge so darstellt, wie sie sind, ohne Kommentar?

In der frühen Phase der Herstellung, als ich um Förderungen angesucht habe. Da wurde der Film von einer Stelle mit der Begründung abgelehnt, in ihm würden Regimegünstlinge völlig unkritisch abgefeiert. Die konnten das schon aus dem Konzept herauslesen (lacht). Da habe ich gemeint: Meine Intention habt ihr offenbar verstanden. Weil es in dem Film nicht darum gehen wird, dass ich zuallererst sage: "Nordkorea ist eine böse Diktatur." Aber ich hoffe trotzdem nicht, dass es ein unkritisches Abfeiern von Regimegünstlingen wird.

filmplakat hana, dul, sed

Ri Filme

Filmtipp: "Hana, dul, sed", Dokumentarfilm, Österreich 2009, Regie: Brigitte Weich, Karin Macher, Kamera: Judith Benedikt, Mit: Ri Jong Hi, Ra Mi Ae, Jin Pyol Hi und Ri Hyang Ok

Bei den Spielen gegen Japan und die USA, die in dem Film gezeigt werden, geht es den Nordkoreanerinnen offenkundig um eine politische Mission.
Ums Geld geht es auf gar keinen Fall, weil es ja keine Geldwirtschaft im eigentlichen Sinn gibt. Wobei die Sportlerinnen durchaus belohnt werden. Ich habe aber bei allen Spielerinnen das Gefühl gehabt, dass sie einfach wahnsinnig gerne Fußball spielen und nicht etwa wegen der Wohnung, dem Geld oder dem Orden.

nordkoreanische fussballerinnen posieren in tracht auf dem spielfeld

© Ri Filme

Bei der diesjährigen Frauenfußball-WM tut sich ein Zwiespalt immer klarer auf: Einerseits wird der Sport endlich ernst genommen, andererseits setzt die Vermarktung vor allem beim Aussehen der Spielerinnen an. Was denkt sich eine nordkoreanische Spielerin dazu?

Nordkorea ist bei der WM schon nach der Vorrunde ausgeschieden und nach der positiven Dopingprobe von zwei Spielerinnen überstürzt abgereist.

Dafür hat sie keine Wahrnehmung, kein Vokabel. Es gibt keine Sex-Vermarktung, weil es gar keine Vermarktung gibt, weil man sich als "sittliche Gesellschaft" versteht. Das prägt Rollenbilder aber dennoch sehr stark. Es hat mich an die 1960er Jahre bei uns erinnert. Das Weiblichsein war damals auch nicht durch Nacktfotos definiert, aber man wollte so sein wie Doris Day – und im Nordkorea von heute ist die Frau eben eine "Blume".