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Conny Lee

Prokrastinative Hinterstübchen des Alltags

16. 7. 2011 - 14:37

Doyç für Anfänger

T-Shirts mit viel viner şme, die nicht bei jedem auf Ferštendnis treffen

Viele junge Menschen in Wien leben doppelsprachig. Ihre Eltern sprechen Türkisch, Bosnisch, Serbisch oder Kroatisch, und sie selbst sind mit Deutsch aufgewachsen. Diese kulturelle und vor allem sprachliche Vermischtheit will Goran Novakovic sichtbarmachen. Das tut er, indem er unter dem Label "vajtundbrajt" T-Shirts vertreibt, auf denen deutsche Begriffe in serbokroatischer bzw. türkischer Schreibweise abgedruckt sind.

"integracionsvilig"

Goran Novacovic

Conny Lee

Goran Novakovic

Da gibt es dann Begriffe zu lesen wie "ales vurşt", "integracionsvilig" oder "bite hohdoyç" - ein besonderer Verkaufsschlager, so Novakovic. Erst auf den zweiten Blick lassen sich die Botschaften seiner "Tišrts" entziffern und provozieren damit ein Schmunzeln. Allerdings nicht bei jedem.

Von der FPÖ wird ihm die "Verhunzung unserer Sprache" vorgeworfen, ebenso von der Kronenzeitung (9.6.2011), die sein Projekt als unseriöse Integrationsarbeit bezeichnet. Novakovic selbst erzählt, er sei sogar schon auf einigen rechts-radikalen Websites aufgelistet. "Anscheinend habe ich da einen wunden Punkt angerührt. Oder das Sommerloch ist wirklich groß dieses Jahr", lacht der aus Belgrad stammende Wahlwiener. Er wolle die deutsche Rechtschreibung nicht abschaffen, liebe vielmehr die deutsche Sprache. Seine T-Shirts sollen einfach auf die Bikulturalität aufmerksam machen.

Interkultureller Kontext

Er unterrichtet selbst serbokroatisch und hatte dabei die Idee zu seiner Lautschrift. Um seinen Schülern das Erlernen der richtigen Aussprache zu erleichtern, fügte er den Vokabeln Wörter hinzu, geschrieben in der jeweils anderen Schreibweise. Für sein Projekt hat er Deutsch in die Schriftsysteme der BKS-Sprachen (Bosnisch/Kroatisch/Serbisch) sowie des Türkischen umgeschrieben und umgekehrt.

Label vajtundbrajt

Conny Lee

Das Umschreiben in andere Schriftsysteme könne man jedoch bei jeder Sprache anwenden, um die richtige Aussprache zu vermitteln. Gerade Menschen, die im Erlernen fremder Sprachen keine Erfahrung haben, könnte diese Lautschrift eine große Hilfe sein.

Pädagogisch wertvoll

Novakovic plant zu diesem Zweck ein Lehrbuch sowohl für Menschen die Deutsch lernen wollen, als auch für Deutschsprachige, die Serbokroatisch oder Türkisch lernen wollen. In weiterer Folge träumt er davon, dass sich Menschen gegenseitig Gedichte in fremdem Sprachen richtig artikuliert vorlesen können, ohne die jeweilige Sprache zu verstehen. Aber jetzt erst mal die T-Shirts. Ein Schritt nach dem anderen. Das muss sich Goran Novakovic, der am liebsten zig Projekte gleichzeitig unternehmen würde, hin und wieder ins Gedächtnis rufen.