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Daniela Derntl

Diggin' Diversity

10. 7. 2011 - 14:50

Check Your Festivaldrugs

Die Drogenberatungsstelle ChEckiT untersucht vor Ort Substanzen wie Ecstasy, Speed oder Mephedron.

ChEckiT ist nicht nur auf Events tätig: Die ChEckiT Homebase ist in der Gumpendorferstraße im sechsten Wiener Gemeindebezirk.

Dort kann man sich persönlich vor Ort, am Telefon oder per E-Mail beraten lassen.

Bei ChEckiT läuft alles anonym und freiwillig ab.

Festivals und Drogen, eine höchst gängige Kombination. Deshalb besucht ChEckiT dieses Wochenende das Paradise Festival in Falkenstein und leistete im vergangenen Monat auch beim Donauinselfest oder dem Urban Art Forms Beratungs- und Analysearbeit . Dabei betont Sonja Grabenhofer, Sozialberaterin bei ChEckiT, die Wichtigkeit solcher Kooperationen und das hohe Verantwortungsbewusstsein der Veranstalter: "Es ist nicht so leicht für die Veranstalter, ChEckiT einzuladen, weil sie dann leicht das Schlagwort "Drogenparty" drüber stehen haben. Doch grundsätzlich kann man sagen, dass dort, wo Menschen zusammentreffen, Drogen konsumiert werden."

Wie funktioniert ein Drogentest bei ChEckiT?

Man gibt einen kleinen Teil einer Substanz bei ChEckiT ab, der danach ins Labor zur Analyse kommt. Nach einer halben Stunde (oder auch einer Stunde, je nach Andrang), steht das Resultat der Untersuchung, das man mit dem ChEckiT-Berater besprechen kann, auf der Ergebniswand.

Dabei werden die Ergebnisse in drei farblich gekennzeichnete Kategorien unterteilt. Weiße Zettel stehen für ein "neutrales Ergebnis", d.h. die erwartete Substanz ist auch tatsächlich enthalten. Die gelben Zettel signalisieren Vorsicht und die Roten eine Warnung.

Wer wendet sich an ChEckiT?

Die Zielgruppe sind KonsumentInnen von sogenannten Freizeitdrogen: Alkohol, Cannabis, Ecstasy, Speed, Kokain,… Opiate wie Heroin fallen nicht darunter. Das Altersspektrum reicht von 16 bis 30 Jahren.

Diese Warnungen findet man nach den Events auch auf der ChEckiT-Homepage. Darüber hinaus ist ChEckiT an das europäische Drogen-Frühwarnsystem angeschlossen, das die Behörden alarmiert, wenn Drogen im Umlauf sind, die als gefährlich eingestuft sind.

Die wertfreie Aufklärungsarbeit bedeutet laut Sonja Grabenhofer aber nicht, dass man den Drogenkonsum bei ChEckiT gutheißt:
"Okay sagen wir sowieso nie. Wenn wir eine Analyse machen, dann schauen wir, was drinnen ist und geben diese Information wertfrei an die KonsumentInnen weiter. Es gibt keine Substanz, wo man sagt super oder die ist ganz schlecht oder böse. Eine Substanz hat eine bestimmte Wirkung und idealerweise weiß man auch etwas über die Nebenwirkungen und über die Risiken. Das wird mit den KonsumentInnen besprochen, doch die Entscheidung, ob man das dann konsumiert oder nicht, liegt bei den KonsumentInnen."

fractions im labor

http://www.flickr.com/photos/tz1_1zt/

50-100 Analysen pro Festivaltag

Immer mehr Menschen besuchen ChEckiT auf den Festivals. An einem Wochenende sind es laut eigenen Angaben 500 bis 1000 BesucherInnen, die bei ihrer Anlaufstelle vorbeischauen. Das sind allerdings nicht alles KonsumentInnen: pro Festival-Tag werden zirka 50-100 Analysen durchgeführt.

Der Festival-Highscore: Alkohol

Neben der Nationaldroge Alkohol führt Cannabis im ChEckiT Festival-Drogen-Ranking, gefolgt von Ecstasy und Speed. Seit einigen Jahren nimmt auch der Konsum von halblegalen, synthetischen Substanzen zu. Diese Designer Drogen werden nun unter dem Begriff Research Chemicals zusammengefasst.

Research Chemicals

Die Namen der Research Chemicals klingen wir aus dem Vokabelheft eines Chemikers: Mephedron, Metylon, Butylon, MDAI, usw.

Diese Drogen werden laut Sonja Grabenhofer meist in Labors in Asien hergestellt und übers Internet vertrieben. Dabei bewegt man sich in einem rechtlichen Graubereich, da einige dieser Substanzen noch legal erhältlich sind. Das Amphetamin Mephedron ist in Österreich mittlerweile verboten, aber bei ChEckiT nach wie vor ein Thema.

Über die Nebenwirkungen, Toxizität und Langzeitwirkung dieser Research Chemicals weiß man noch relativ wenig, weil entsprechende Studien fehlen. Allerdings werden sie bei den KonsumentInnen immer beliebter und bei ChEckiT beobachtet man, dass die Research Chemicals illegale Drogen wie Ecstasy und Speed teilweise ersetzen.

Die Europäische Drogenberatungsstelle EBDD hat letztes Jahr 41 neue psychoaktive Substanzen festgestellt. Doch laut ChEckiTsind nur wenige davon für die KonsumentInnen interessant. Auch wenn noch nicht so viel über die Research Chemicals bekannt ist, kann ChEckiT feststellen, wie viele Substanzen in einem Pulver oder einer Tablette zusammengemischt sind. Das Spektrum kann bis zu sechs verschiedene Wirkstoffe beinhalten, deren Wirkung man nicht wie die Summe ihrer einzelnen Teile zusammenzählen kann. Ein Grund mehr, warum sich die Gefahr der Research Chemicals nicht genau abschätzen lässt.

ChEckiT und die Polizei? Wer bei ChEckiT illegale Substanzen testet, muss nicht fürchten, dass die Polizei am nächsten Eck lauert. Die Polizei kennt das Angebot von ChEckiT und findet diesen Ansatz der Präventionsarbeit sinnvoll.

Räuchermischungen

Die Nummer Zwei der Festival-Drogen, Cannabis, kann von ChEckiT nicht untersucht werden. Nur synthetische und keine organischen Verbindungen werden analysiert. Darunter fallen auch Räuchermischungen und Spices, die synthetische Cannabinoide enthalten. Da sie auf getrocknete und zerriebene Blätter geträufelt sind, können ihre Inhaltsstoffe nicht erfasst werden. Mittlerweile sind diese Kräutermischungen nicht mehr legal in Headshops oder über das Internet erhältlich, da die synthetischen Cannabinoide seit Mai 2011 unter das Arzneimittelgesetz fallen und somit vom Handel ausgeschlossen sind.

Dass DrogenkonsumentInnen immer jünger werden, wie es im Suchtmittelbericht 2010 des Innenministeriums steht, kann Sonja Grabenhofer nicht bestätigen: "Es gibt auch den Mythos, dass die Alkohol-KonsumentInnen immer jünger werden, doch auch beim Drogenkonsum bleibt das Einstiegsalter recht konstant. In der Beratungsstelle von ChEckiT merken wir nicht, dass die Leute immer jünger werden und bei den Events haben die wirklich Jungen noch keinen Eintritt, deshalb sehen wir sie dort auch nicht."

pillen

http://www.flickr.com/photos/emagic/

Generell bedarf es beim Thema Drogen einer differenzierten Sichtweise, die auf Schubladisierungen wie "Welche Droge ist am schädlichsten?" verzichtet. Sonja Grabenhofer dazu: "Es hängt nicht davon ab, welche Substanz ich konsumiere, sondern wie oft, warum und in welcher Dosis ich sie konsumiere. Fast alle Substanzen kann man überdosieren, von allen Substanzen kann man abhängig werden und jede Substanz kann man so gebrauchen, dass es für einen selber nicht gut ist. Aber ich würde es nicht an der Substanz selbst festmachen."

Das Angebot von ChEckiT wird laut eigenen Angaben in den letzten Jahren immer stärker und besser genützt: "Die KonsumentInnen kennen uns und haben Vertrauen in unsere Arbeit gefasst. Sie wissen, dass wir nicht mit dem pädagogischen Zeigefinger dastehen, sondern dass wir ehrlich und wertfrei informieren und die Leute unterstützen wollen. Sie sollen ihren eigenen Konsum einschätzen können und eigene Entscheidungen treffen können. Wenn sie merken, dass sie zuviel konsumieren oder ihnen die Drogen nicht gut tun, können sie zu uns kommen und professionelle Beratung in Anspruch nehmen, damit sie das auch wieder verändern können. Oft reicht die Beratung bei uns, manchmal vermitteln wir auch an geeignete Therapieeinrichtungen weiter, damit die Leute die Ziele, die sie sich selber setzen, auch erreichen können."