Erstellt am: 13. 7. 2011 - 16:00 Uhr
Handsome Furs - They Should Be Stars
Burning Hearts
Und wie diese zwei Herzen brennen, das von Dan Boeckner und das von Alexei Perry. Handsome Furs, dieses Husband/Wife Duo aus Montreal, war erst nur das Sideproject für Dan Boeckner, der neben Spencer Krug der zweite Mastermind der kanadischen Band Wolf Parade ist, oder müssen wir sagen war, denn die Band liegt ja auf Eis, seit dem aktuellen Album, "Expo 86", vom letzten Jahr.

Boeckner
Indefinite hiatus nennen Bands soetwas gerne, wenn nicht klar ist, ob und wann man je wieder zusammenkommen wird. Schade, dass die beiden letzten Alben von Wolf Parade insgesamt dann doch ein wenig unterschätzt waren, im Gegensatz zur Aufmerksamkeit, die ihr "Apologies To The Queen Mary"-Album erhalten hatte.
Gleich im ersten Song auf "Sound Kapital", dem neuen Album der Handsome Furs, singt Dan Boeckner: "When I get back home, I won´t be the same no more. I won´t feel it anymore when I get back." Eine Anspielung auf die Zukunft von Wolf Parade?

Handsomefurs
Fest steht, dieser Mann ist ein Rock-Gott. Und seine Frau, seine Rock-Göttin, meine, unsere Rock-Göttin. Ja, das sind unzeitgemäße Wörter, aber manchmal braucht es die vielleicht, um etwas oder jemanden zu beschreiben. Corey Beasley vom PopMatters Web-Magazin könnte es nicht besser sagen, in einer kürzlichen Rezension vom neuen Handsome Furs Longplayer.
"Dan Boeckner is a rock god. If that sounds a little cheesy, a little ‘80s rock charts, that’s part of the point. Boeckner wields both of his primary instruments—an abused guitar and that beautiful, strong, unhinged voice of his—with an enthusiasm and charisma that at once paradoxically recall the arena titans and punk heroes of the early ‘70s and 1980s. In his other, more famous (and now potentially defunct) outfit, Wolf Parade, he provided the raw, heart-on-sleeve counterpart to Spencer Krug’s more baroque, synth-driven numbers—and though Krug often got most of the attention in Wolf Parade write-ups, Boeckner penned the strongest numbers on the band’s underrated later albums, At Mount Zoomer (2008) and EXPO 86 (2010). Onstage, Boeckner bounds about in sleeveless T’s, all tattoos and swagger, having a damn good time and making sure you do, too. They don’t make them like this anymore."

Handsomefurs
Do The Right Thing
Dan Boeckner war Punk, Hausbesetzer und Animal Rights Aktivist in Victoria, British Columbia. Heute, so sagt der 33jährige Musiker, würde ich wahrscheinlich selbstgemachten Schmuck und Lederarmbänder bei Festivals verkaufen, wenn sich das mit Wolf Parade nicht ergeben hätte. Und wenn er Alexei Perry nicht getroffen hätte. Zusammen waren sie erstmals 2005 die Handsome Furs, mit dem Album "Plague Park", dem 2008 dann "Face Control" folgte. Er an der Gitarre, und sie, die eigentlich Poetry und Kurzgeschichten schreibt, und gerade an einem längeren Stück arbeitet, welches dann auch so richtig veröffentlicht werden soll, an den Keyboards, Synthis und der Drum-Machine.
(Super-) Furry-Animals
Den Gesang bei den Handsome Furs übernahm von Anfang an Dan, obwohl man, betrachtet man Fotos der beiden, als erstes natürlich denken würde, sie ist die Sängerin, die Frontfrau, und er der Mann an ihrer Seite bzw im Hintergrund. Alexei Perry, Kanadierin mit kubanischem Vater, der auf der Karibikinsel Aruba eine Schmetterlingsfarm betreibt, sieht sich nicht als Sängerin, obwohl sie am neuen Album dann doch erstmals mitsingt, etwa auf "Repatriated".

Furs
Sexy sind sie, very sexy, die Furs, und das im allerbesten Sinn wohlgemerkt, sinnlich, sinnlich und nocheinmal sinnlich, auch wenn sie sich schon mal als sleazy rock´n´roll Pärchen inszenieren.
Alternative Rock´s sexiest couple since, ja, sagen wir seit Jon Spencer und Christina Martinez - Boss Hog, die ja ebenfalls abseits von Bühne und Aufnahmestudio, wie man so sagt, Tisch und Bett teilen.
Die Handsome Furs treten im Rahmen des Stuck! Festivals am 4.8.2011 im Rockhouse Salzburg auf.
Unterwegs sind die Handsome Furs so gut wie immer. Touren touren touren, mit Lieblingsgebiet Osteuropa ("Radio Kaliningrad", "Nyet Spasiba"), aber zuletzt auch China und sogar Burma. Wer letzteres Land besucht, und dort auch in eine Musikszene eintaucht, kann nicht mehr so zurückkommen wie er/sie hingefahren ist. Das könnte Dan Boeckner wohl auch meinen mit gleich den ersten Zeilen am neuen Album, mit When I get back home, I won´t be the same no more.

HandsomefursSubpop
Plague Park
Das allererste Album der Handsome Furs hatte etwas Indie-Folkiges an sich, mit den akustischen Gitarren. Das zweite war in der Gitarrenfeedback-Welt des Rock angesiedelt - dark and heavy, samt dem hymnischen, und schon in eine ekektronischere Richtung gehenden "All We Want, Baby, Is Everything". Ja, und der neueste Streich "Sound Kapital"? Dance out your demons, ist hier wohl das Motto.
Weitere Inspirationsquellen für den neuen Longplayer: David Bowie geht nach Berlin, die "Low" Ära von Bowie, 1976/77 - dissonante Synthesizer, frühe Elektronik, Industrial-Punk; aber auch Peking, die chinesische Hauptstadt, mit ihrer ganz besonderen Tonalität voller Geräusche und Lärm.

SubPop
"Sound Kapital" von Handsome Furs ist bei Sub Pop erschienen.
Und so wurde "Sound Kapital" auch erstmals komplett an den Keyboards komponiert, aber keine Angst, Dan Boeckners Gitarre bleibt nicht komplett in der Ecke.
Hart, herzlich, politisch, persönlich, super furry. "I´m feeling like an animal, when I´m still sitting on the wall", singt Dan Boeckner kryptisch in "Bury Me Standing". Dass dieser Mann einmal aufrecht ins Grab gehen wird, soviel ist klar, aber bis dahin ist ja noch viel Zeit; Zeit um "Sound Kapital" zu hören, sich Gedanken zu machen über die "Memories Of The Future", oder eines der Album-Herzstücke - "Serve The People" - so richtig sinken zu lassen, oder von "Cheap Music" und making noise in the basement zu hören, und schließlich das herrlich poppige "No Feelings" zu genießen, inklusive dem schließlichen Wall-Of-Noise-Freakout.
Mögen diese beiden Menschen, Alexei Perry und Dan Boeckner, noch lange ein Paar bleiben. Forever, mein ich. Ja, forever and ever.