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Robert Zikmund

Wirtschaft und Politik

9. 7. 2011 - 19:03

Die FM4 Charts vom 9. Juli 2011

Gastkommentar Teil 2

  • Die FM4 Charts vom 09.07.2011
  • Brand New - Die Neuvorstellungen der Woche: CSS - "Hits Me Like A Rock" (Mike Crossey Mix), autoKratz - "Becoming The Wraith", Giantree - Time Loops, The Black Belles - "What Can I Do"

Letzten Samstag habe ich an dieser Stelle Teil 1 eines Gastkommentars von Dr. Otmar Pregetter veröffentlicht, Unternehmensberater und Autor wirtschaftswissenschaftlicher Sachbücher. Darin beschäftigt er sich vor allem mit der Euro-Krise und wirft Blicke auf die aktuelle Griechenland Debatte, die an anderen Stellen selten zu lesen sind. Heute gibt es den zweiten und letzten Teil dieses Gastkommentars, im Anschluss gibt es, wie letzte Woche, meine musikalische Zusammenfassung der heutigen FM4 Charts. Viel Vergnügen beim Lesen!

Die Wirtschaft ist ein Null-Summen-Spiel

Viele der wirtschaftlichen Verwerfungen - vor allem im Euroraum - sind auf das geringe Verständnis der Politiker zurückzuführen - insbes. den Zusammenhang der Außenwirtschaft:
Mein Export-Überschuss = dein Import-Defizit
Da sich der Welthandel ja immer ausgleichen muss, leben die Überschussländer u n t e r und die Defizitländer ü b e r ihren Verhältnissen.

Deutschland, Österreich und die Niederlande erzielten durch gezieltes LOHNDUMPING ihre Überschüsse auf Kosten von Griechenland, Portugal und Spanien, wo die Gehälter ungleich mehr stiegen als etwa in Deutschland. Um sich die Produkte aus den Exportländern leisten zu können, mussten sich in den Importländern die Konsumenten - vor allem aber der Staat, bedingt durch die niedrigen Steuereinnahmen - zusätzlich stark verschulden!

Dieser "Wettbewerbsnachteil" konnte, aufgrund des Euro, seit 2002 nicht mehr durch eine Abwertung der eigenen Währung bei den Importländern ausgeglichen werden. Kurz gesagt: Deutschland ist der größte Profiteur des Euro - und muss natürlich die Zeche bezahlen!

Griechenlands "Sparparadoxon": Dummheit auf höchstem Niveau

In der Volkwirtschaftslehre wird das "Sparparadoxon" in den ersten Semestern gelehrt und ist für die meisten Studierenden leicht zu verstehen: In einer Rezession versuchen Haushalte und die Unternehmen zu sparen. Macht dies der Staat ebenso, so ist eine tiefe Depression unausweichlich!

Das bisherige mit der EU akkordierte Sparpaket bestätigt dies auf eindrucksvolle Weise:

  • Das Staatsdefizit stieg in den ersten 5 Monaten 2011 um +12,9% auf 10,3 Mrd. Euro an, (2010 waren es 9,1 Mrd.) - das Budget sah eine Abnahme von 3,9% vor.
  • Die Prognose sah einen Anstieg der Steuereinnahmen um + 8,5 % vor - stattdessen waren es minus 7,2% (-1,4 Mrd.) in den ersten 5 Monaten!
  • Dass nun der „Erfolg“ dieser Maßnahmen prolongiert wird, ist für einen vernunftbegabten Menschen nicht nachvollziehbar.

Griechisches Sparen: "Made in Germany"

Legt man die Vorgaben für Griechenland auf die deutsche Wirtschaft um, so müsste die Regierung folgende Maßnahmen umsetzen:

Siehe auch: Süddeutsche

  • 2010-15 liegt das Sparziel bei 40 Milliarden, was in Relation zu Deutschland ein Volumen von unglaublichen 420 Mrd. bedeutet, d.h. ca. 3,2 % des BIP jährlich (das derzeitige Defizit liegt bei ca. 80 Mrd.).
  • Die erhofften Privatisierungseinnahmen liegen bei 50 Mrd. Auf deutsche Verhältnisse bezogen wäre das ein Betrag von ca. 550 Milliarden, oder das 12-fachen Volumen der Telekom.
  • Darüber hinaus wären bei (fast) allen Arbeitnehmer Gehaltskürzungen von 20-50 % erforderlich. Die Zahl der Beamten müsste bis 2015 um ca. 500.000 gekürzt werden.

Bleibt die Frage : würden sich die deutschen Bürger auch über ein solches Diktat der EU freuen?

Das Geheule der Banken

Die Lehman Lüge: Glauben sie wirklich noch immer die dreiste Lüge, dass der Konkurs von Lehman & Brothers die Finanzkrise auslöste? Machen wir eine einfache Plausibilitäts-Rechnung:
Die Bilanzsumme aller Banken nur des Euroraumes beträgt ca. 30.000 Mrd. Euro. Unterstellt man ein Eigenkapital von ca. 5 % (laut Stresstest kein Problem) so ergäbe dies 1.500 Mrd. Euro.
Geht man von einem Totalverlust der Bilanzsumme von Lehmann von ca. 500 Mrd. US-$ aus – also ca. 380 Mrd. Euro – und unterstellt, dass davon ca. 50 % auf die Banken der Eurozone entfällt, so ergäbe dies einen Verlust von ca. 190 Mrd. Euro – gerade mal 13 % des Eigenkapitals!
Ja, ja... Lehman ist die Ursache der Finanzkrise - und die Erde ist eine Scheibe!

Das Palaver um die griechischen Staatsschulden

Laut OECD hatte Griechenland per 2011Schulden von ca. 352 Mrd. Euro. Selbst wenn man unterstellt, dass 50 % davon uneinbringlich sind und diese zur Gänze, realitätsfremd, von den Banken im Euroraum gehalten werden, entspräche der Verlust ca. 11 % des Eigenkapitals!
Betrachtet man die fälligen Staatschulden aller PIIGS Staaten bis 2015 von 750 Mrd. (ohne Neuverschuldung) und nimmt wiederum eine Abschreibung von 50 %, also 375 Milliarden, an, so würde dies bei einem 50-prozentigen Anteil der Euro-Banken ca. 190 Mrd. oder 13 % des Eigenkapitals bedeuten.

Die zuvor angestellten Überlegungen müssen selbstverständlich noch um die Jahresgewinne der Banken korrigiert werden. Unterstellt man eine bescheidene Gewinnrate von ca. 0,7 % der Bilanzsumme ergäbe dies ca. 200 Mrd. Gewinn pro Jahr vor Steuern.
Abschließend halte ich fest, dass nach meinem Dafürhalten der Euro als Währung nicht mehr lange existieren wird! Die politische Lösung, zusätzlichen Schulden als „Rettungspakete“ zu verordnen, ohne einen beträchtlichen Schuldenschnitt durchzuführen, hat die Insolvenz nur verzögert: bezogen auf die Unternehmensebene wäre damit der Tatbestand der Konkursverschleppung erfüllt!

Jeder Krieg, so wie jeder Frieden, ist kein „Tsunami“ sondern von Menschenhand gemacht: dasselbe gilt auch für die 100 Finanzkrisen der letzten 40 Jahre (laut IMF)!

Wie stark die Politik mit dem Geldadel zu einem verheerenden Gebräu für die Mehrheit der Bevölkerung verwoben ist, kann man tagtäglich nachlesen, sehen und hören!

Diese desaströse Konstellation gilt es mit demokratischen Mitteln zu ändern!

Und nun zu Charts:

Nachdem eine der für mich maßgeblichsten Songwriter der Gegenwart, Conor Oberst mit seinen Bright Eyes, ja diese Woche in der Wiener Arena gastierte, landet nun jemand der das Zeug hat in seine Fußstapfen zu treten auf dem dritten Platz der Charts: Zach Condons Beirut schaffen es im dritten Anlauf mit "East Harlem" endlich aufs Stockerl.

Auf Platz 2 landet heute die Nummer 3 der Vorwoche, nachdem Portugal. The Man ja ebenfalls unlängst auf Österreich Gastspiel waren, stellen sie nun mit "Got It All" die Zwei unserer Charts.


Und die neue Nummer 1 von FM4 ist gleichzeitig die Alte, was bei der Qualität dieses Songs aber auch nur allzu logisch ist. „Plage“, eine Hommage an sommerliche Leichtigkeit, könnte nicht besser zu den ersten Hundstagen dieses Jahres passen, auch wenn es dafür fast noch ein Monat zu früh ist. Selten hatten wir eine Spitzenplatzierung die so gut zum Sommer passt und dabei einen dermaßen schlanken Fuß macht. Chapeau, liebe Crystal Fighters!
Euch allen ein wunderbares Wochenende, mögen alle fühlenden Wesen wohlauf sein!