Erstellt am: 9. 7. 2011 - 12:03 Uhr
Feuchte, republikanische Zeitlupenträume
Höher, weiter, härter, geiler. Mit diesen Beschreibungen werben Fortsetzungen gerne für sich. Stimmt die Kinokasse, kommt dann gerne noch ein dritter Teil dazu. Und alle sagen dann, dass sowieso immer eine Trilogie geplant war. Wörter wie "Conclusio", "ultimativ" und "jetzt erst recht" geistern durch die Ankündigungen. Und am Ende kommt dann sowas raus wie Transformers 3. Eine Zeitlupenorgie mit großem Vergessenheitsfaktor.
Aber ich sollte dem Film nicht unrecht tun. Der Michael Bay hat es immerhin versucht. Allerdings nur zehn Minuten lang. Denn wie es sich für das aktuelle Blockbuster-Jahr gehört, wird die zuerst einmal die Zeitgeschichte-Kiste geplündert. Bei X-Men ist es die Kuba-Krise, bei Captain America der Zweite Weltkrieg und bei Transformers eben die Mondlandung. In einer wunderbaren Mockumentary-Dokusoap erzählt Bay die wahre Geschichte von Apollo 11. Anfang der 60er Jahre kracht irgendein Ding in den Mond. Die USA reagiert, sofort, Kennedy hält seine berühmte Mondlandungsrede. 1969 ist es dann soweit. Armstrong und Aldrin landen auf dem Mond. "Sie haben 21 Minuten Zeit" funkt einer der Oberverschwörer nach oben. Die beiden Astronauten durchforsten das unbekannte Flugobjekt und stellen fest: "Wir sind also nicht alleine im Universum."
Paramount Pictures
Genau hier steht die Handlung auf der Kippe. Die nette Verschwörung angemessen weiterspinnen oder alles reinpacken, was nur irgendwie Platz hat? Zweiteres natürlich. Spätestens, als die Tschernobyl-Katstrophe einem außerirdischen Reaktor in die Schuhe geschoben wird, hilft selbst das erstaunlich authentische Atomkatastrophen-Set nicht mehr. Ach ja: Der Kinderspielplatz in der Kraftwerks-Stadt ist nicht mitten auf der Hauptstraße. Aber so kleinlich wollen wir dann auch wieder nicht sein.
Ab nun beginnt eine abwechselnd zwischen Kläsch-Bum-Peng-Szenen und arschlangen Zeitlupeneinstellungen herumhüpfende Irgendwas-Story. Der Obermeister der Autubots ist da, gut kämpft gegen Böse, die Guten sind gar nicht so gut, die Bösen aber schon böse und die Menschen entweder liebenswert oder ameisenhaftes Geschmeiß. Als ich zur Vorbereitung auf den dritten Teil die Zusammenfassungen der ersten beiden Monsterwerke durchgelesen habe, ist mir erst aufgefallen, wie wenig ich mir gemerkt habe. Bei Teil drei habe ich sogar einmal laut gelacht. Aber ich kann mich einfach nicht an den Gag erinnern. Alles was übrig bleibt, ist irgendeine zerstörte nordamerikanische Stadt, Zeitlupenszenen, ein recht hübscher Space Shuttle Start, Zeitlupenszenen, Buzz Aldrin der einen überraschend so gar nicht nach überstandener Alkoholkrankheit aussehenden Buzz Aldrin spielt, Zeitlupenszenen und der gesamte Herbstkatalog von General Motors. Ach ja, Zeitlupenszenen nicht zu vergessen.
Paramount Pictures
Der Cast ist entweder hoffnungslos unterfordert oder völlig fehl am Platz. An der Spitze dieser "Schauspiel hat mich immer schon irgendwie interessiert"-Runde steht Rosie Huntington-Whiteley. Anfangs habe ich noch gedacht, sie soll bewusst ein dummes Blondchen darstellen, damit die wirkliche weibliche Hauptrolle umso mehr glänzen kann. Relativ schnell wird aber klar, dass das Victorias-Secret-Unterhosen-Model eben jene weibliche Hauptrolle ist. Ihre erste Szene besteht ausschließlich aus ihrem Hintern, der zirka eine Minute lang eine Stiege hochgeht. Mehr Charakter-Entwicklung bekommt sie den ganzen Film über nicht mehr. Man ist ja viel gewohnt, was die Besetzung für "optischer Aufputz" betrifft. Aber so konzentriert hat diese Unsitte wohl noch niemand dargestellt. Shia LaBeouf will wohl sowas wie Peter Parker sein. Die tragische Alltags-Realität eines Helden wirkt durch die Loftwohnung aber irgendwie uncool. Völlig verschenkt sind hingegen John Turturro, Frances McDormand und irgendwie auch John Malkovich. Die drei scheinen wirklich dringend ein paar Millionen zu brauchen.
Paramount Pichtures
Ansonsten ist Transformers 3 nicht mehr als ein feuchter republikanischer Traum. Ein von Obama verliehener Orden ist in der harten Realität der US-amerikanischen Gesellschaft nichts wert, Waffen sind geil, Autos noch viel mehr und Außenpolitik ist immer eine Frage der Umstände. Patrick Dempsey (weder Fußballer noch FM4-Moderator, sondern Gehirnchirurg eigentlich) verkörpert eine Macho-Version von Henry Kissinger und beweist, dass bei der Frage, auf welcher Seite die Menschheit stehen soll, Moral nebensächlich ist.
Wenn Michael Bay etwas kann, dann Action-Szenen dirigieren. Und das ganze mit einer Zeitlupenszene abrunden. Aber das war's dann auch schon. Irgendwie ist Transformers 3 wie ein schlechter Comedian, der sich auf keine finale Punchline einigen kann. Deshalb muss er eine nach der anderen bringen und das Publikum wartet sehnsüchtig auf die letzte. Erleichterung gibt es aber erst bei der definitiv letzten "Tapfere Männer gehen im Sonnenuntergang eine Straße entlang"-Szene. In Zeitlupe natürlich.