Erstellt am: 8. 7. 2011 - 20:09 Uhr
Fußball-Journal '11-65.
Bundesliga, Meisterschaft und der Cup, der ÖFB und das Nationalteam, das europäische Geschäft, der Nachwuchs und die vielen Irrsinnigkeiten im Umfeld: Das Fußball-Journal '11 begleitet nach dem Jahr 2010 auch 2011 wieder ungeschönt und ohne Rücksichtnahme auf Skandalisierungen und Stillhalte-Abkommen, die den heimischen Fußball-Journalismus so mutlos daherkommen lassen.
Heute eine Preview auf die schon am Montag beginnende Fußball-Saison in Österreich. In Form von ein paar Fragen.
Am Montag startet die neue Fußball-Saison. Früher dran ist nur die Ukraine, die rechtzeitig fertig sein will, wegen der EM im eigenen Land zu Saisonende. Die Saison in der Juli-Hitze beginnen lassen, obwohl ein weniger aufgeblasener und (etwa durch eine deutlich angebrachtere 16er-Liga) entzerrterer Spielplan auch den August möglich machen würde, in dem dann auch die wirklichen Fußball-Nationen losstarten.
Das geht sich für Österreich nicht aus.
Da muss schnell Geld gemacht werden und das klappt (so das jahrzehntelange Meinungs-Diktat) nur mit sovielen Runden wie möglich.
Diese Anmahnung doch einmal das hysterische System zu überdenken, steht aber heuer, auch für mich, deutlich im Hintergrund. Der heurige Saisonstart steht unter einem besonders unglücklichen Stern, er zieht einen Rattenschwanz an unaufgearbeiteten, schleissig behandelten Problemen und deren oft recht offensive Verschleierung hinter sich her.
Ganz abgesehen davon, dass die Import/Export-Bilanz von Bundesliga und 2. Liga schon wieder und noch immer schlecht ist, dass das Mindestziel eine halbwegs respektable Ausbildungsliga darzustellen, wieder nicht erreicht wurde, schusseln sich in den letzten Wochen Liga und der leider kongeniale ÖFB wie Slapstick-Akteure durch ihre Aufgaben.
Ist ein Bierbecherwurf gleich schlimm wie ein Platzsturm?
Als Anfang April ein direkt auf den Linienrichter geworfener mit Bier gefüllter Hartplastikbecher sein Ziel traf, wurde das Bundesliga-Spiel von St.Pauli gegen Schalke abgebrochen. Das Urteil erfolgte kurze Zeit später und gilt für das erste Spiel der nun anlaufenden Saison: Pauli muss ein Meisterschaftsspiel in 50 km Abstand zum eigenen Stadion austragen: man übersiedelt nach Lübeck
Als es bei Eintracht Frankfurt, dem anderen Direktabsteiger, in der vorletzten Runde, nach dem Spiel zu massiver Fan-Randale kam, reagierte der DFB mit der (auch erst in dieser Saison greifenden) Variante eines halben Geisterspiels: nur die normalen Ränge dürfen besetzt sein - die Fan-Kurve bleibt gesperrt, die Ultras müssen draußen bleiben.
In Hamburg gab es also einen Becher, der ins Spielfeld flog - und eine Stadionsperre folgte.
In Frankfurt gab es Randale auf der Laufbahn, nachdem das Match beendet war - und eine gezielte Fanaussperrung war die Folge.
In Wien, beim Skandal-Derby am 22. Mai, flogen Becher und anderes, und es gab auch Randale - und zwar auf dem Platz und das während des Spiels. Samt Abbruch und internationaler Blamage und anschließender Demütigung des Vereins. Die Folge: keine Platzsperre, sondern zwei Geisterspiele (samt Geldstrafe in etwa der Höhe, die auch Pauli und die Eintracht traf). Und ein paar hilflose Versuche der Vereinsführung aus dem Schlamassel rauszukommen.
Rapid hatte aber immer die Ungerechtigkerit betont und gegen das Urteil berufen.
Nun wurde es in der 2. Instanz reduziert; weniger Geldstrafe und nur ein Geisterspiel.
Das lässt (vor allem für alle zukünftigen Platzstürmer) nur folgenden Schluß zu: wenn man für Bechergewerfe und Schlögereien nach dem Spiel eh die praktisch gleiche Strafe ausfaßt wie für Platzsturm und Spielanbruch - ja, da ist doch klar, was Sache sein wird.
Die lahmarschige Milde, mit der die Liga die Hools und den Verein, der sich seinen Ultras untetrworfen hat, davonkommen lässt, befördert die Eskalation.
An der aktuellen Strafe ist nämlich nichts Abschreckendes mehr: ein Spiel ohne Zuschauer, mein Gotterl.
Dass weder Rapid noch (bis gestern) die Exekutive die Liste der etwa 60 identifizierten und ausgeforschten Platzstürmer an die zuständige Stelle, den Bundesliga-Senat 3 zu übermitteln imstande waren und sich erst durch den Druck des Kurier dazu genötigt sahen, spricht Zusatz-Bände. Die betreffenden Ultras haben sich für die nächste Saison (über Strohmänner) längst mit Abos versorgt und lachen sich über unexekutierbare Phrasen wie Haus- oder österreichweites Stadion-Verbot einen Ast.
Dass der Wille nach dem peinlichen Spielabbruch hier ein wirkliches Zeichen zu setzen so schnell in die österreichische Fußball-Wurschtigkeit absackt, das war zu erwarten, nicht jedoch die Vorgangsweise in dieser dreisten Drastik, die direkt nach dem Trickhandbuch der Polit-Populisten vorgeht.
Wie wahrhaftig ist das Liga-Lizenzierungsverfahren?
Erfahrungen mit der internen Judikator wie diese machen die Vorgangsweise von Altach nachvollziehbar. Die Vorarlberger mit der korrekten Lizenzierungs-Gebahrung wurden ja vom Lizenz-Schummler Admira, dessen Präsident Trenkwalder bis heute vorgibt nicht zu verstehen, was an doppelten Buchführung, Schein- und Doppelverträgen und nicht verzeichneneten geldfüssen denn illegal oder gegen die Liga/FIFA-Standards sein sollte, vom Aufstiegsplatz verdrängt. Der zuständige Liga-Senat erkannte wegen Lizenzierungs-Verstößen auf eine Geldstrafe, unternahm sonst aber genau nichts, was, genau wie im Fall der in Punkt 1 erwähnten Hooligans nichts anderes als eine implizite Aufforderung zur Weiterführung eines betrügerischen Systems ist.
Altach klagt nun die Liga, und zwar in der richtigen Welt, außerhalb der Liga-Mauscheleien.
In ihren Sonntagsreden sind alle, die sich nicht auf die Trenkwalder-Ebene herablassen wollen, bestürzt und besorgt - informell tragen aber alle Granden, auch viele Liga-Vertreter das aktuelle System der Fake/Schmäh-Verträge mit.
Etwa auch Herbert Prohaska, der Schirmherr der 1. Liga, der anlässlich einer Kick-Off-Veranstaltung zu deren Saisonstart seiner Meinung Ausdruck verlieh, dass das eh alles nicht so schlimm wäre. Zum einen echote er den "mit meinem Geld darf ich doch machen was ich will"-Unsinn, den der Admira-Clubchef weiterhin ungestraft verbreiten kann (Falsch. Darf er als Vereins-Präsident eben nicht. Die Lizenzierungs-Vorschriften erlauben keine doppelte Buchführung).
Zum zweiten sprach Prohaska davon, dass die aufgedeckten Verträge eh nur die eines Ersatzspielers und insofern wurscht, wären.
Das ist nun eine sehr seltsame Ansicht einer teilbaren Justiz und einer biegsamen Moral - aber auch anstrengend weltfremd; als ob dieser pars-pro-toto-Doppel-Vertrag eine Ausnahme wäre.
Bis heute hat kein Liga-Vertreter diese sowohl juristisch als auch moralisch problematischen Prohaska-Sprüche eingefangen und geradegestellt..
Wohl weil ihnen gar nicht mehr heimlich, sondern ganz offen zugestimmt wird.
Man muss sich nur daran erinnern, was Spieler und Trainer anlässlich der Kartnig-Prozessreihe an erschreckenden moralischen und menschlichen Defiziten offenbarten.
Ist Herbert Prohaska der Franz Beckenbauer Österreichs?
Überhaupt: Prohaska.
Der entwickelt sich immer mehr zum Franz Beckenbauer Österreich.
Der Kaiser zeichnet sich ja hauptsächlich dadurch aus, dass er irgendetwas, meist etwas gaghaftes, gut klingendes, populistisches, in ein Mikrofon streut und es dann in der Folge, wenn diese Aussage sich (wie eigentlich zumeist) als Unsinn, Plattheit, Verdrehung, Verkürzung oder peinlich-unkorrekte Ansage erwiesen hat, mit dem fröhlichen Gemüt eines lustigen Lausbuben für nicht so wichtig oder einen Schmarrn von gestern, der ihn heute gar nicht mehr interessiert, von sich weist.
Mit dieser Haltung hat der Firlefranz eine Narrenfreiheit, sondergleichen. Aber damit auch die substanzielle Kompetenz eines Stück Brots.
Herbert Prohaska, der große Spieler, der vormals große Trainer und der von Übervorsicht gehemmte und auch nicht mehr ganz so motivierte Analytiker, der bei nordkoreanischen Abwehrreihen nicht bis fünf zählen mag, droht in diese Richtung abzudriften.
Zum einen war da zuletzt seine Rechtfertigungs-Arie für die systemimmante Betrugs-Kultur.
Zum anderen konnte der Erzaustrianer auch nicht an sich halten und gab dem Rivalen Red Bull Salzburg eine mit. Die (und natürlich die FIFA, die einen Rahmenterminplan vorgibt, denm zu lesen Fußball-Österreich scheinbar überfordert) sind schuld an der Nominierungs-Blamage für die U20-WM.
Einen 30-Mann-Kader hätten die und würden die Spieler nicht abstellen, ein Witz wäre das, redete sich Prohaska in Rage.
Das stimmt, aber nur zum Teil. Und da wird dann der Beckenbauer, der sich nicht mit Details aufhalten, sondern nur noch mit populären Phrasen punkten will, sichtbar.
Tatsache ist, dass Salzburg aktuell nur über 5 bis 6 fitte Verteidiger verfügt - weshalb U20-Kandidate Hinteregger einbehalten wird. Tatsache ist, dass der Kader letztlich nur 24 - 26 Mann umfasst. Tatsache ist auch, dass die Mittelfeldspieler Teigl, Offenbacher und Meilinger hinter den Stars Zarate, Jantscher, Svento, Alan und Leonardo nur die fünfte oder sechste Geige spielen. DAS wäre ein Argument, nicht eine (noch dazu frei erfundene) Gesamtkader-Anzahl. Soweit kommt es aber beim neuen, beckenbauerschen Prohaska nicht mehr.
Gerade für jemand, dem man aufgrund seiner Vereinszugehörigkeit so leicht Parteilichkeit unterstellen kann, wäre diese Minimalanforderung an Recherche und Wissen wichtig. Und auch zumutbar.
Ich will den, den sich die Boulevard-Medien scheinbar so zurechtgelegt haben, nicht, ich möchte den alten, überlegten, nicht allein auf den Wuchtel-Effekt bedachten Prohaska zurück.
Kennt die Liga ihren eigenen Terminplan nicht?
Diese Prohaska-Expertisen waren bei einem Pressegespräch zum Saisonstart der 1.Liga zu hören; einem Event, zu dem nicht alle Medien eingeladen wurden; oder besser: werden konnten.
Die Bundesliga hatte sich nämlich im letzten Mai von ihrem langjährigen Pressesprecher, dem Ex-Spieler Christian Kircher getrennt. Und danach, mit Ende Mai, versandete dann die Kommunikation nach außen.
Die Pressestelle wurde nämlich nicht nachbesetzt, sondern ausgesourct. Und hatte, kein Wunder, Probleme mit Adressenlisten, Mailinglists etc.
Schon interessant, dass sich die Bundesliga, die sich gern international gibt in diesen Bereichen dann nicht wirklich offen zeigt.
Denn komischerweise waren just die jüngeren, gern kritischen Web-Medien dann beim ersten größeren Auftritt der neuen PR-Stelle, den man stilecht im Haas-Haus abführte, nicht dabei. So ein Pech aber auch. Gut, mit dem Kurier, der die unangenehmen Geschichten trotzdem erzählt, muss man sich halt abfinden.
Während man das alles noch unter "dumm gelaufen" abhaken kann, gibt es beim nächsten großen Außendarstellungs-Auftritt aber keine Ausrede mehr.
Am Montag wird nämlich die Bundesliga-Saison gekickofft - nicht wie sonst smart im Innenstadt-Hotel, sondern mit Journalisten-Grill, Kleinfeld-Turnier und Rambazamba, seitenblicketauglich, als echter Event.
Gekickt werden soll am Nachmittag, die PK beginnt dann um 19 Uhr.
Das ist zeitgleich mit dem Start der 1. Liga, die kein Konkurrenz-Betrieb, sondern eine Veranstaltung aus dem eigenen Haus ist.
Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Während das 1. Match der Liga live und auch on TV stattfindet, gibt es zeitgleich, ohne jede Not, eine Pressekonferentz, die genau jene Journalisten, die sich eigentlich das Start-Match (ab 18.30 spielt da Altach gegen die Vienna) geben sollten, abzieht.
Altach. Altach? Altach!
Ein Schelm wer dabei Böses denkt.