Erstellt am: 8. 7. 2011 - 10:35 Uhr
Schweiß, Noise und Präzision
Das New Yorker Trio Battles hat sich Mittwoch Abend in der Arena in Wien selbst verblüfft. "Guys, you've been really amazing tonight!", sagt Battles-Gitarrist und Bassist Dave Konopka kopfschüttelnd und lächelnd zu seinen Bandkollegen Ian Williams und Drummer John Stanier. Und das nicht Backstage nach ein paar Dosen Bier sondern vor versammeltem Publikum nach der letzten Nummer des Gigs.
Überrascht hat auch das Grazer Avantgarde-Noise-Duo Waikiki Star Destroyer, das von den Battles persönlich als Support-Act ausgewählt wurde. Mit ihrem Noise-Wahnsinn aus Ukulele, Akkordeon und Schlagzeug ernten sie Applaus, beeindrucktes Kopfnicken vom Publikum und sie gehen mit ein paar neuen Fans mehr in der Tasche von der Bühne.
Mehr Battles Bilder gibt's hier www.rockfestivals.at
norbert hübner/rockfestivals.at
We love you too
Mehr Infos über Battles auf bttls.com
Und dann kommen Battles knapp nach 22 Uhr auf die Bühne. Nonchalant und ohne große Worte beginnen Ian Williams, Dave Konopka und John Stanier ihr Set. Man merkt, dass sie schon länger auf Tour zu ihrem aktuellen "Gloss Drop" Album sind. Die Songs flutschen, John Stanier schwitzt - wie üblich - nach gefühlten drei Sekunden Bäche an Schweiß. Ein Viech und sein Drum Set. Bei der Album-Präsentation im April im Festsaal Kreuzberg in Berlin wirkten Battles angespannter. Jetzt in der Arena fühlen sie sich sichtlich wohler. Klar, in Wien ist kein Matias Aguayo live dabei, der die Vocals zu ihrer Single "Icecream" beigesteuert hat. Auch kein Mathew Jonson mit Bruder Nathan aka Midnight Operator macht das Warm-Up. Trotzdem füllen Battles die Halle in der Arena mit ihrem Sound bis in den schwärzesten Winkel aus.
norbert hübner/rockfestivals.at
Avantgarde, Hardcore, tonaler Minimalismus, Neoklassik, Post Rock... Selbst ihr Label Warp Records tut sich schwer mit der Beschreibung des Battles-Sounds. Egal, Battles sind eine Live-Band, die mit der Präzision ihrer Musik wachsen und vertonte Algorithmen lieben. Jedes Mitglied hat Dekaden an Musikerfahrung auf dem Buckel und das merkt man. Vor allem Super-Drummer John Stanier wirkt beim Interview am Nachmittag in sich ruhend, fast tiefenentspannt. Er erzählt von seinen Erfahrungen als 20-jähriger Schlagzeuger, spricht über das Tourleben mit seinen früheren Bands Helmet und Tomahawk und plaudert aus dem Nähkästchen. Seine Schwester ist in Wien zur Schule gegangen, das Leben in Köln war fad und er bildet sich partout ein, in der Szene Wien open air gespielt zu haben. Na, war doch die Arena.
Stichwort Präzision
Selbst Battles machen Fehler. Gerade beim, ja man muss es zugeben, Indie-Hit "Atlas" patzen Battles und das nicht nur einmal. Ian und Dave müssen sich ein paar Mal absprechen, John hämmert auf seine Hi-Hat und blickt tatsächlich einmal fragend aus seiner Vertiefung auf. Der geschätzt 13-minütigen extended version tut's nicht weh.
norbert hübner/rockfestivals.at
Erfrischt trotz 35 Grad
Battles funktionieren auch als minimiertes Dreier-Gespann. Den früheren Battles-Sänger Tyondai Braxton ersetzen sie mit befreundeten Künstlern. Auf zwei schmalen Videowalls werden die blonde Redhead-Sängerin Kazu Makino, Gary Numan und Matias Aguayo dazu projiziert. Die eingespielten Visuals können trotzdem keinen Live-Sänger ersetzen. Wer weiß, was in Zukunft passiert. Bezüglich Neu-Formierungen sind Ian, Dave und John ja geeicht.
Zum Schluss schnappen sich Ian und Dave das Mikrofon, scherzen mit dem Publikum über das tropfnasse Pianisten-Sakko von Ian Williams, entschuldigen sich für ihre Schnitzer bei "Atlas", bedanken sich bei Waikiki Star Destroyer für ihren Support-Gig und verlassen nach einer Zugabe die Bühne. Und mein Hirn ist dank Battles wieder neutralisiert und erfrischt. Merci.