Erstellt am: 7. 7. 2011 - 15:32 Uhr
Studiengebühren verfassungswidrig
Der Verfassungsgerichtshof hat die Regelung zu den Studienbeiträgen als verfassungswidrig aufgehoben. Das Gesetz würde nicht präzise genug festlegen, wann Studienbeiträge zu bezahlen sind und wann nicht, erklärt VfGH-Präsident Gerhart Holzinger.
Der Hintergrund: Die Studiengebühren wurden 2008 mit den Stimmen von SPÖ, FPÖ und Grünen abgeschafft - aber mit Ausnahmen. Weiterhin bezahlen müssen Studierende aus Nicht-EWR-Staaten und Studierende, die fürs Studium länger brauchen als die Mindeststudiendauer plus zwei Toleranz-Semester - sie müssen 363,36 Euro pro Semester zahlen. Ausnahmen gelten für Berufstätige und für StudentInnen, die aus bestimmten Gründen am Studium gehindert waren. Diese komplizierte Regelung muss laut Verfassungsgerichtshof bis 29. Feber 2012 repariert werden. Wir haben ÖH-Bundesvorsitzende Angelika Gruber dazu zum Interview gebeten.
Alex wagner
Claudia Unterweger: Die ÖH als langjährige Kämpferin gegen Studiengebühren, was sagt ihr zum heutige Urteil des Verfassungsgerichtshofs?
Angelika Gruber: Wir fühlen uns natürlich bestätigt in unserer Kritik, dass das bisherige Gesetz ein einziger Husch-Pfusch war und davon aber viele Studierende betroffen waren und noch Studiengebühren zahlen müssen. Wir fühlen uns bestätigt in unserer Forderung, dass die gesamte Regelung aufzuheben ist und alle von den Studiengebühren befreit werden müssen und dass die Regierung endlich in die Pflicht genommen wird, die Studiengebühren gänzlich abzuschaffen.
Offiziell heißt es, die Studiengebühren sind bereits abgeschafft. Aber zum Beispiel müssen Leute, die nicht in der Mindeststudienzeit plus zwei Toleranzsemester fertig werden, weiterhin zahlen. Der Verfassungsgerichtshof kritisiert nun, dass die Mindeststudiendauer nicht genau bestimmt werden kann. Deswegen soll dieses Gesetz zu Fall gebracht werden. Wie findest du diese Begründung?
In der Praxis ist es so, dass sozial schwächere Studierende von den Studiengebühren betroffen sind, denn gerade wenn man nebenbei berufstätig ist, kann es sehr schnell gehen, dass man über diese Toleranzsemester-Regelung drüber ist. Deswegen ist aus unserer Sicht ganz klar, dass die Regelung generell aufzuheben ist und die Studiengebühren für alle abzuschaffen sind, und zwar restlos. Weil die Gebühren eben genau die treffen, die sie nicht treffen sollten.
Heute kam also dieses Urteil vom Verfassungsgerichtshof und viele Studierende freuen sich. Aber können jetzt alle, die eigentlich noch zahlen müssten, einfach die Zahlungen für das nächste Semester einstellen?
Richtig wäre natürlich aus ÖH-Sicht, dass wir jetzt aufhören können, die Studiengebühren zu zahlen. Ich bin ja selbst leider von der Studiengebührenregelung betroffen. Tatsächlich gilt die Regelung aber erst ab 2012, die Regierung, vor allem die ÖVP, bastelt schon an einer Neuregelung. Wir als ÖH kritisieren hier Wissenschaftsminister Töchterle, der schon mit einer Presseaussendung rausgegangen ist und klar gemacht hat, dass er für Studiengebühren ist. Wir kritisieren aber auch die SPÖ, die sich nicht klar gegen eine Wiedereinführung der Studiengebühren ausspricht. Für uns ist das erklärte Ziel, dass 2012 die Studiengebührenregelung völlig fällt und alle Studierenden befreit sind.
Aber ihr ratet denjenigen, die noch von Studiengebühren betroffen sind, nicht dazu, die Zahlungen einzustellen.
Diesbezüglich müssen wir uns die rechtlichen Möglichkeiten anschauen. Ich kann aber zum jetzigen Zeitpunkt nicht dazu raten, dass man die Studiengebühren-Zahlung einstellt, weil dadurch die Gefahr besteht, dass man auf der jeweiligen Universität nicht mehr angemeldet ist und schlussendlich sogar exmatrikuliert wird. Deswegen müssen wir das rechtlich noch genau prüfen und uns das anschauen.