Erstellt am: 27. 6. 2011 - 13:14 Uhr
Ideale und Pedale
Wien sucht also eine/n ChefradlerIn, mehr dazu heute in Connected (15-19 Uhr), das soll uns großzügig als Anlass genügen, einen Blick auf Fahradfahrer im Film zu werfen. Als Kind war mir nicht klar, wer zuerst da war, Jacques Tati oder mein Papa. Als ich "Tatis Schützenfest" zum ersten Mal gesehen hab, war ich der Meinung, Tati macht meinen Papa nach, weil er und ich, wir hatten das Ritual, beim Radfahren den Rücken ganz gerade durchzustrecken, wie wild in die Pedale zu treten und "Rapidite, Rapidite" zu rufen. 1949 strampelt sich Jacques Tati als beschnurrbarteter Postbote Francois durch "Tatis Schützenfest" eine satirische Abhandlung über den ewigen Zwist zwischen Nostalgie nach der guten, alten Zeit und die Faszination der Modernisierung. Postbote Francois überholt - angetrieben von seinem neuen Glauben an "Schnelligkeit" - schließlich sogar Teilnehmer der Tour de France.
arthaus
Do you know what you're doing, fragt Katherine Ross, Theoretically, grinst Paul Newman in "Butch Cassidy and the Sundance Kid". Ross springt beherzt auf den Lenker und schon gleiten die beiden durch die sonnendurchflutete Landschaft von George Roy Hills Western/Komödien-Melange. Das Fahrrad als romantischer Untersatz für Paare ist beliebtes Filmmotiv, auch Buster Keaton schwor darauf..
sz edition
Sitzt in einem Film eine Frau am Fahrrad, trägt sie meistens ein geblümtes Sommerkleid oder zumindest was Gerüschtes, die Haare wehen im Wind und weil der Blick im Kino ein traditionell männlicher ist, weht er meist auch noch Rock oder Kleid ein wenig in die Höhe. Frauen am Fahrrad müssen Romantik versprühen wie getrocknete Rosen, Blumenwiesen oder Babyhasen im Sonnenuntergang. Diese Szenen zeigen selten etwas von Selbstermächtigung oder gar sportlicher Betätigung sondern schreien "Aww, look how cute I am. On a bike."
FOX
2010 radelt Julia Roberts auf ihrer Selbstfindungs(tor)tour durch Bali, ebenfalls blumig gekleidet. Der deutsche Film liebt geradezu das Motiv der sommerfrischelnden Radler, man fährt und lacht, wirft das Rad in die Wiese und sich selbst hintennach; Szenen, die meist als kurzes Eskapismusszenario dienen, in Filmen, die sich mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten beschäftigen. Auch in den 50ern bleibts eskapistisch: Landschaft genießen und etwas für die Gesundheit tun. In "Immer die Radfahrer" radeln Heinz Erhardt, Joachim Kulemkampf und Wolf Albach-Retty beherzt entlang von Flüssen und Bergen durch deutsches Trallala- und Wirtschaftswunderkino. Manchmal singen sie dabei auch.
universal
Kinder sind die bestmögliche Kombination mit Fahrrädern in Filmen. Bonanza-Räder sind wertvoller Besitz, der Autonomie und Unabhängigkeit verkörpert, radelt man mit Freunden durch die Gegend, hat man auch schnell mal eine Bande. Die furchtlosen und fantastischen Goonies und Elliott aus "E.T" machen es vor. Ist man ein bisschen älter, wechselt man zum BMX und beeindruckt mit Tricks, siehe "BMX Bandits".
fox
So dannyboyle-ig war der österreichische Film nie mehr. 1996 schickt Stefan Ruzowitzky Xaver Hutter mit Tempo durch "Tempo", den - ich zitiere die damalige Presse - "ersten deutschen Ravefilm". Hutter, in den wir uns damals alle kollektiv und unsterblich verliebt haben, spielt Jojo, einen Fahrradboten in Wien, die Musik von Pulsinger, Tunakan, Kruder und Dorfmeister gibt den Beat vor und macht "Tempo" auch zu einem Zeitgeist-Schnappschuss der 90er Jahre in Wien. It's a rave, dave.
Filmladen
fox
Dang! You got shocks, pegs... lucky! You ever take it off any sweet jumps? ist Napoleon Dynamites Reaktion auf Pedros Fahrrad Marke "Sledge Hammer". Das Fahrrad als Nerdspielzeug und Mittel zur filmischen Akwardness, auch das geht.
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