Erstellt am: 26. 6. 2011 - 11:20 Uhr
Comedy Comebacks
Übernächtig in eine frühmorgendliche Pressevorführung zu gehen, gehört ja zu den regelmäßigen filmjournalistischen Grenzerfahrungen, zumindest des Schreibers dieser Zeilen. War die Nacht davor eine besonders erheiternde, dann kann sich das im Kinosaal am nächsten Tag auf verschiedene Weisen auswirken.
Während brachiale Komödien wie "Hangover 2" oder gar das kommende Hardcore-Humor-Meisterwerk "Bridesmaids" (mehr darüber im Juli) durch die eigene Befindlichkeit einen Bonusfaktor erhalten, der sich in unkontrollierten Lachanfällen äußert, mutieren etwa hektisch geschnittene Fließband-Actionthriller schnell zu zermürbenden Torturen.
Auch nicht lustig sind in dem Zustand Hollywood-Unternehmungen, die, mit keimfreien Witzen und weltverbessernden Botschaften angereichert, auf den Besuch gutbürgerlicher Familien abzielen. Ich sag's gleich, "Mr. Popper's Penguins" ist so ein Streifen, der wohl auch im topausgeschlafenen Zustand nur müdes Lächeln und Gähnen evoziert.
Centfox
Den Mann im Mittelpunkt des Films hat man zuletzt als Onkel "Scrooge", frei nach Charles Dickens, gesehen (oder, wie meine Wenigkeit, bewusst verpasst), das ist auch schon wieder zwei Jahre her. Jetzt meldet sich Jim Carrey mit einer Weihnachtsgeschichte im Sommer zurück, angelehnt an ein in den USA äußerst beliebtes Kinderbuch.
Ein verbissener Geschäftsmann erhält von seinem verschollenen Abenteurer-Vater als kurioses Geschenk einen Pinguin, weitere Exemplare folgen prompt per Post. Man ahnt sofort, was die trolligen Tierchen im Leben des Mr. Popper alles verändern werden. Zuerst verursachen sie natürlich extremes Chaos, Pinguine in einem New Yorker Luxusappartment zu halten, ist auch eine spezielle Aufgabe.
Aber als sich der ehrgeizige Makler auf die neuen Mitbewohner emotional einlässt, schmilzt unter den eisigen Raumtemperaturen plötzlich sein Herz - und erst recht das seiner vernachlässigten Kinder und der Exfrau (die eigentlich sehr lässige Carla Gugino).
Centfox
Wenn es einen Filmemacher gibt, der so einen Stoff auf magische Weise adaptieren könnte, dann wohl Wes Anderson. Tatsächlich war dessen nicht minder begabter Kollaborateur Noah Baumbach ursprünglich für den Regiestuhl geplant, mit seinem "Greenberg"-Hauptdarsteller Ben Stiller als penibler Popper.
Aus diesen Ambitionen wurde jedoch leider nichts. "Mr. Poppers Pinguine" landete bei dem unterdurchschnittlichen Handwerker Mark Waters ("Freaky Friday", "Mean Girls"), der einfach alle erwarteten Knöpfe brav drückt.
Wer der Ansicht ist, dass der privat der Melancholie verfallene Jim Carrey eigentlich nur in Indieproduktionen wie "Eternal Sunshine Of The Spotless Mind" oder "I Love You Phillip Morris" sein wahres tragikomisches Talent entfalten kann, erhält wieder einmal schmerzlich Recht. Wie auf Autopilot grimassiert sich der einstige Starkomiker durch seine Standardrolle des frustrierten Midlife Crisis-Mannes, der sich zum liebevollen Humanisten wandelt. Ein brauchbarer Film wird "Mr. Poppers Penguin's" aber bis zum fast schon qualvoll korrekten Finale nicht.
Sony
Gar nicht politisch, sozial oder sonst irgendwie korrekt und dementsprechend perfekt, um leicht verstrahlt ins Kino zu spazieren, gibt sich ein anderes Semi-Comeback einer schauspielernden neunziger Jahre-Ikone. Cameron Diaz darf in der (in diesem Fall wieder einmal essentiellen) Originalfassung von "Bad Teacher" viele F-Wörter ausstoßen und Sätze wie "I want to sit on his face" von sich geben. Und das steht ihr ausgezeichnet.
Dabei meinen es Filme, deren Charaktere ein plakatives Bad im Titel haben, ja meistens gut mit uns, siehe "Bad Santa" oder gar die beiden superen "Bad Lieutenant"-Streifen. Jake Kasdan, verantwortlich für etliche Folgen der legendären Serie "Freaks and Geeks" und Spitzenparodien wie "Walk Hard", gelingt nun ebensfalls ein formidabler Beitrag in dieser Richtung.
Ein schlechter Mensch ist Elisabeth Halsey (Madame Diaz) aber eigentlich gar nicht. Sondern nur eine ziemlich miserable Lehrerin, der ihre Schüler am Popo vorbeigehen und die den Unterricht gerne verpennt, am liebsten vor versammelter Klasse. Irgendwann muss frau ja auch den Rausch ausschlafen.
Sony
Wenn sie vor den Augen der Schüler ihren verkaterten Tagträumen nachhängt, dann denkt Elisabeth nicht nur an Sex, Drugs und noch ausständige Silikoneinlagen. An erster Stelle steht ein reicher Ehemann, der ihr dieses ausschweifende Leben finanziert. Der gemütliche Turnlehrer (Jason Segel) scheidet diesbezüglich leider aus, aber der neue Aushilfslehrer (Justin Timberlake) scheint aus bestem Hause zu kommen, hübsch ist er auch noch, nur leider viel zu edelmütig und unverdorben.
Das alles hört sich verständlicherweise nach einer dieser pseudoderb angehauchten Romantic Comedys sein, die meistens als Schmalzorgie enden, inklusive öder sittenstrenger Lektionen. Glücklicherweise kommt Jake Kasdan aber aus dem Umfeld des großen Judd Apatow und wie ein Film mit dessen Handschrift fühlt sich "Bad Teacher" an.
Ich weiß, es gibt viele, die mit der Hauptdarstellerin ihre Probleme haben. Ich mochte Cameron Diaz schon immer und in dieser kleinen Klamaukperle, die keine Gefangenen nimmt und dennoch ein großes Herz hat, rockt sie einfach. Herr Timberlake erweist sich als famoser Komödiant, während man bei Jason Segel auch als Erwachsener noch unbedingt Nachhilfestunden nehmen möchte. Gebt mir mehr solcher moralisch fragwürdigen Komödien, vor allem wenn es am Vorabend etwas länger geworden ist.
Sony