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Pia Reiser

Filmflimmern

24. 6. 2011 - 23:20

Adieu, Peter Falk

Der Schauspieler, der Teil der Initialzündung des amerikanischen Independentkinos und wohl beliebtester TV-Inspektor war, ist im Alter von 83 Jahren gestorben.

Sonntag, 26. Juni 2011 in Memoriam Peter Falk
ab 21.55 auf ORFeins:
„Columbo- Wein ist dicker als Blut“ 1973, (Peter Falks persönliche Lieblingsfolge)
„Columbo- Mord nach Rezept“, 1968,
„Columbo- Schreib oder stirb“, 1974,
„Columbo- Keine Spur ist sicher“, 1996
„Eine Leiche zum Dessert“, 1976

Zwischen Sonntag und Montag liegt ein kleines Neverland namens "Columbo", so war das eigentlich fast immer bei mir. Schon als Kind finde ich Gefallen an allem, was spät über den Bildschirm flimmert; meine Eltern bemühen sich ihre Erziehung mit meiner Faszination für alles, was mit Film zu tun hat, in Einklang zu bringen. In Sachen "Columbo" hieß das, ich durfte bis zum Mord schauen, dann ab ins Bad, Pyjama anziehen und weiterschauen. "Columbo" wird zum Ritual, Peter Falk mein Sandmann, der mich in den Montagsschlaf reinbegleitet. Die Rolle des schusselig scheinenden Inspektors, der halb Los Angeles mit Zigarrenasche bedeckt und die Täter mit seiner Ruhe und Beharrlichkeit zur Weißglut treibt, wird wohl zur prägendsten Rolle für Peter Falk.

Peter Falk als "Columbo"

CBS

Zerknautscht und mit allerlei europäischen Attributen ausgestattet (der Name italienisch, das Auto und der Hund französisch, der Mantel englisch) ermittelt er in Showbusiness- und höheren Gesellschaftskreisen und stets ist es die Arroganz der Mörder, die sie zu Fall bringt. Sie trauen dem Mann, der sich so gern am Kopf kratzt und immer noch eine Frage hat, einfach nichts zu. Fühlen sich überlegen. Hochmut kommt nach dem Mordfall aber doch vor dem Fall oder wie singen Spoon so schön und richtig "You got no fear of the underdog/
That's why you will not survive".

Von 1968 bis 2003 spielt er den Inspektor, dem in Sachen Beliebtheit (und Anzahl der TV-Wiederholungen) wohl so schnell niemand das Wasser reichen kann.

Nicht viele hätten den Spagat hinbekommen, den Falk rollenauswahltechnisch macht. In den späten 1960er Jahren lernt er bei einem Lakers Game John Cassavetes kennen, die beiden werden Freunde und Cassavetes besetzt Falk in vier seiner Filme - "Husbands", "A Woman under the Influence", "Mikey and Nikey" und "Opening Night". Des Mann, der die Initailzündung des amerikanischen Independent-Kinos war, der auf Improvisation setzte und sich dem Cinema Verite verpflichtet fühlte, traut Falk mehr zu, als immer nur den TV-Inspektor zu geben.

szenenbild aus "Husbands"

arthaus

Und er behält Recht. Sieht man sich Cassavates' Filme an, so findet man nichts von Columbo in Falks Figuren. Man merkt seine Theater-Erfahrung, er ist geerdet, er besitzt eine entwaffnende Natürlichkeit und hat oft eine süße Schwere geschultert, die er ab und zu mit einem lauten Lachen oder einem Schulterzucken verscheuchen kann, bevor sie sich wieder bei ihm niederlässt. Vor allem, wenn er in "Husbands" mit Cassavates und Ben Gazarra durch die Nacht stoplert. In dem schwer im Magen liegenden "A Woman under the Influence" gibt er als Bauarbeiter und Ehemann von Gena Rowlands eine seiner eindrucksvollsten Schauspielleistungen ab. Die Wucht und Gewalt des verzweifelten Mannes überraschen, wenn man ihn nur als Fernseh-Ermittler kennt. Regisseur William Friedkin war angetan von der großen Bandbreite, die Falk auf die Leinwand bringen konnte: "He could break your heart or he could make you laugh."

Peter Falk und Gena Rowlands in "A Woman under the influence"

arthaus

Falks Arbeitswelten - TV-Dauerbrenner und independent Arthauskino - kollidieren Anfang der 70er Jahre, als John Cassavetes in einer "Columbo"-Episode einen Dirigenten spielt. Eine grandiose Episode. Vier Emmys nimmt Falk für "Columbo" entgegen, zwei Oscarnominierungen erhält er für "Murder Inc" und Frank Capras letzten Film "A Pocket Full of Miracles".

In "Murder by Death" (1976) parodiert er gleich ein ganzes Genre, gibt noch knautschiger und knatschiger als Columbo einen hard-boiled detective, der durch einen Film stolpert, der zahllose andere persifliert. Die Rolle greift er mit "The Cheap Detective" 1978 noch einmal auf; Neil Simons Wortwitz-Armada steht ihm genauso gut wie der Trenchcoat. Unter der Regie von Wim Wenders spielt er in "Der Himmel über Berlin" sich selbst und 1978 gibt er in dem von der Popkultur so hoch geschätzen "The Princess Bride" einen Großvater, der seinem kranken Enkel eine Geschichte vorliest.

peter falk in "Der himmel über berlin"

arthaus

Die Augen, so sagt man oft, gehören zu den wichtigsten Werkzeugen eines Schauspielers. Von denen hatte Peter Falk nur ein echtes, sein rechtes war ein Glasauge. Der polternde Studioboss Harry Cohn lehnte Falk einmal deswegen ab. "For the same money, I can get an actor with two eyes!" Aber was wusste der schon. Falk konnte mit einem Auge mehr, als manche mit drei können würden.

Peter Falk litt seit mehreren Jahren an Alzheimer und ist gestern Nacht im Alter von 83 Jahren gestorben. Adieu, Peter Falk. Und bis Sonntag, Inspektor Columbo.