Erstellt am: 18. 6. 2011 - 19:00 Uhr
Die FM4 Charts vom 18. Juni 2011
- Die FM4 Charts vom 18.6.2011
- Brand New - Die FM4 Neuvorstellungen der Woche: Smith Westerns - "Dance Away", Portugal. The Man - "Got It All", Beirut - "East Harlem" und Chad Valley - "Now That I'm Real"
In keinem Fach, in keiner wissenschaftlichen Disziplin steht die Integrität der Wissenschaft so im Spannungsfeld privater Interessen und Profite wie in der Wirtschafts-„Wissenschaft“. Die Gänsefüßchen haben einen Grund – immerhin gibt es auch einige Ökonomen, die ihr Fach selbst in großen Teilen als „Religion des Geldes“ titulieren, denn tatsächlich haben zahlreiche ökonomische Prämissen, sogar was die Basics wie den „freien Markt“ betrifft, in der Realität keinerlei Entsprechung.
Das Prinzip, nachdem unsere Weltwirtschaft als „freie Marktwirtschaft“ dargestellt wird, bezeichnet der US-Wissenschaftler Noam Chomsky gar als „Merkantilismus der Konzerne“, soll heißen, ein paar hundert transnationale Konzerne haben durch Unsterblichkeit und postuliertes Eigeninteresse als „juristische Person“ eine Machtfülle erreicht, die sie de facto über jede Regierung dieses Planeten stellt. Von freiem Markt, gar im Sinne Adam Smiths, keine Spur.
Insofern ist es wichtig, Wortmeldungen von Ökonomen immer im Kontext des Standings ihrer Verfasser zu sehen und zu hinterfragen. Wenn also etwa ein angesehener Harvard Professor für Finanzmärkte Schuldverbriefungs-Wertpapiere (CDOs, die etwa den Ausbruch der Finanzkrise induzierten) lobpreist, ist es natürlich gut zu wissen, dass eben jener Wissenschaftler auch auf der Payroll einer großen Investmentbank steht, die eben von diesen Regeln profitiert.
Einer der wenigen amerikanischen Ökonomen, die beispielsweise Gewerkschaften „gut“ finden, ist Robert Reich, während der Clinton Administration „Secretary of Labor“ und in dieser Rolle Mitträger einiger Doktrinen, die man natürlich auch hinterfragen kann.
Ähnlich wie Ex-Weltbank-Chefökonom und Nobelpreisträger Joseph Stiglitz (ein Freund Reichs) sieht er es in letzter Zeit als seine Aufgabe, die gröbsten Wirrungen des von der Kette gelassenen Finanzkapitalismus als das anzuprangern, was sie sind: Prolongierte Umverteilung zu den reichsten Schichten der Gesellschaft.
In einem aktuellen Video stellt Herr Reich nun nicht nur sein Zeichentalent zur Schau, er veranschaulicht auch den Mechanismus, der seit einigen Jahren dazu führt, dass in den entwickelten Industrienationen zunehmend der Mittelstand wegbricht – in 5 Punkten:
- Seit 1980 (vereinfacht seit dem Amtsantritt Reagans) hat sich die US-Wirtschaft (die hier stellvertretend steht, seine Thesen sind beinahe 1:1 auf die aktuellen Entwicklungen der EU umzulegen) verdoppelt – während die Reallöhne (also inflationsbereinigt) stagnieren.
- Die Gewinne des Wachstums wanderten fast ausschließlich in die Taschen des reichsten Prozents der Bevölkerung. Dieses eine Prozent besitzt (auch in Österreich) etwa 40 % des gesamten Finanzvermögens (mit Immobilien würde sich die Zahl weiter erhöhen). 20 % des Einkommens erzielt ebenfalls dieses Prozent, vor 30 Jahren waren es „nur“ 10 %.
- Mit diesen gigantischen Vermögen der Superreichen wuchs auch ihr politischer Einfluss. Etwa um die Steuern für jene Gruppe zu senken (siehe George W. Bushs Steuergeschenke), der Löwenanteil dieser Gruppe sind Kapitaleinkünfte, die in den USA nur mit 15% besteuert werden und damit in keiner Relation zu den Lohnsteuern stehen. Die reichsten 400 Amerikaner haben eine durchschnittliche Abgabenquote von 17%.
- All das führt zu enormen Budgetdefiziten. Die Steuereinnahmen der USA sind auf ihrem Tiefpunkt seit 60 Jahren, also müssen die Staatsausgaben drastisch gekürzt werden. Infrastruktur, Bildung, Gesundheit, soziale Sicherheit – alles wird geopfert. (Wenn es nach der Teaparty geht, ist selbst das noch zu wenig)
- Durch den dadurch erzeugten Druck und die daraus resultierende Angst wird vor allem die in Auflösung begriffene Mittelschicht gegeneinander ausgespielt – Gewerkschafter gegen Gewerkschaftsgegner, Staatsbedienstete gegen Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft, Migranten gegen Nicht-Migranten, Jung gegen Alt und so weiter.
- All das führt dazu, dass die Mittelschicht nicht mehr über die Kaufkraft verfügt, um die Wirtschaft anzukurbeln, das gilt für Griechenland wie für die USA. Der einzige Weg die Wirtschaft zu stärken führt also über eine Stärkung der Mittelschicht, das ist der zentrale Gedanke Robert Reichs, den er hier illustriert.
Und nun zu den Charts:
Panda Bear landet mit „Slow Motion“ auf Platz 3. Platz 2 geht an die Black Light Dinner Party mit „Older Together“. Und die neue Nummer 1 von FM4 stellen Miami Horror mit „Sometimes“.
Ein schönes Wochenende!