Erstellt am: 16. 6. 2011 - 21:15 Uhr
Lady Gaga und die Punks
M.I.A., Joy Division, Fela Kuti, Lady Gaga. Is Tropical beschwören viele Vorbilder in ihrem Debüt, und sie wissen auch, dass zwei oder mehr Wahrheiten nebeneinander Platz haben.
Rebecca Thomas
Drei Burschen aus London, die sich bei einer Hausbesetzung treffen. Das besetzte Haus wird als Galerie genutzt, und bei jeder Vernissage spielen die drei in einer Band, die schließlich zu Is Tropical wird.
Auf ihrem Debütalbum "Native To" drehen sich nur zwei von zwölf Songs um die alte Zweierbeziehungsleier. Der Rest wird besetzt von Bootsausflug, politischem Dokumentarfilm von Adam Curtis, verstorbenen Brüdern, dem Schicksal von Fela Kutis Mama nach dem Release von dessen Armee-Protestsong "Zombie", der Stadt Berlin an sich und den dort vorgefundenen Drogen, dem "Mein Leben verwandelt sich soeben in eine griechische Tragödie"-Gefühl, von weisen Ratschlägen der 25-jährigen Is Tropical-Mannen an die "young ones": Das Leben geht weiter.
Hier nun ein paar Pole, zwischen denen Is Tropical rotieren.
Optik vs. Akustik
Bei Is Tropical wechseln auf der Bühne Dunkelheit mit Projektionen, die Musiker tragen bunte Tücher vorm Gesicht, und man kann sich nicht wirklich unterhalten während des Konzerts. "We like it loud." Und sie wollen die Zuschauenden ins Gefühlswirrwarr stoßen. Der BBC-Dokumentarfilmer Adam Curtis inspiriert sie. Curtis spricht die Texte persönlich in seinen politischen Aufklärstreifen über den War On Terror und montiert dazu Bilder, als wäre er der Vorfahr der "Sendung ohne Namen".
"The imagery of his films doesn't necessarily correlate with what is going on in the commentray. It gives you emotions, makes you feel summin."
Burak Cingi
Elektronik vs. Gitarren
Is Tropical bewundern die Live-Energie von Soulwax Night Versions, und die Brachialität von Schwefelgelb. "Die machen elektronische Musik, aber ihre Einstellung, ihre Energie ist reiner Punk. Having these two genres sitting close to each other, but not getting along all the time, is a really creative force."
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Die Band liebt es, wenn live der Bass deine Innereien kitzelt. "Clouds" ist so ein Song, oder "Take my chances", der macht viel Spaß live, wegen der vielen Gitarren darin."It's hard feeling involved when someone's playing keyboard on stage. But when you're playing the guitar, it feels a bit more natural".
Kitsune vs. Is Tropical
kitsune.com
Is Tropical sind erst die dritte Band, von der der Kitsune Musikverlag ein ganzes Album rausbringt. Sonst setzt man bei dem französischen Label ganz auf die Kitsune Maison Compilations. Kann dann natürlich passieren, dass einem die entdeckten coolen Bands nach einer Single von Geldsack-Labels weggeschnappt werden. So geschehen bei den Drums.
"Der Kitsune signature sound, so als Frankensteins Monster zusammengesteckt, wäre really cute euro-scented dance music with a pop sensibility. Aber in der Praxis ist es nicht sehr spaßig, solche Musik zu erzeugen. Und wir arbeiten auch nicht so wie die anderen Kitsune-Artists. Unser Album klingt sehr poppig, aber die Grundlagen - unsere Demos, wie wir live spielen, wie wir Songs schreiben und so - sind absolut lo-fi und manchmal auch richtig wütend. We have a destructive proces in the music as well, you know?"
kitsune.fr
Punk...
"Früher haben wir in einer Punkband gespielt, obwohl da der Schwerpunkt mehr auf Bier und Party lag." Müssen wohl so eine Art Einstürzende Neubauten für Arme gewesen sein. "Wir haben auf alte Heizkörper eingedroschen."
...vs. Pop
"Wir wollten ein Album machen, Popmusik, nicht irgendwelche 7-Minuten-Flächen. Wir hören viel Lady Gaga und anderes Zeugs aus dem Radio. Wenn du einen Song schreiben willst wie die Beach Boys, heißt das ja nicht gleich, dass du nur eine akustische Gitarre verwenden kannst. Du kannst deinen Song wie und worauf die willst schreiben. The possibilities are literally infinite."
istropical.com
Arbeit vs Kunst
Wie war das noch mit dem Häuser besetzen? "London kann echt eine teure Stadt sein. Wir haben in Squats gewohnt, sind dauernd rausgeworfen worden, haben versucht, möglichst billiges Essen aufzutreiben... Wir wollten unsere Zeit lieber fürs Musikmachen nutzen als arbeiten."
London vs Karibik
Der erste Song auf dem Album, "South Pacific", genauso wie der Bandname, deuten heftigen, Mantelkragen hochschlagenden Bedarf an Eskapismus an. "South Pacific" war der erste Song, der Is Tropical als Band zusammengesschmiedet hat.
"Während der Aufnahmen zu 'Native To' war es Winter in London. Grau, und kalt. And we were all struggling, signing on (meaning getting money from the state). Früh aufstehen, durch den Regen zum Jobcenter. Und neben dem Arbeitsamt war die 'South Pacific Bar'. Eine ständige Erinnerung daran, wie kalt und grau es im echten Leben war."
Bee Adamic
Btw, der Tumblr von unseren Album der Woche-Champs ist auch ziemlich wild. Sofia Lorens Achselhaar ist da nur der Anfang. Und bitte, beachten Sie auch das kontroversielle Video, das Is Tropical haben anfertigen lassen. Passend zu den Sleeves ihrer Singles, die auch schon Kinder in verfremdetem Zustand zeigten. "Some people think we were sending a political message with it. But we're not. It's more like fulfilling a dream fantasy of kids fighting." Fröhlichen CGI-Headshot, dann!
Auf Youtube ab 18; und bitte nicht auf nüchternen Magen anschauen.