Erstellt am: 14. 6. 2011 - 10:28 Uhr
March Ör Die
Nova Rock Festival 2011
- alles zum Nachlesen auf fm4.orf.at/novarock2011
Letzter Novarock-Tag. Merkliche Abnahme der motorischen Fähigkeiten und des Photonen-Fluges in den Gehirnen des FM4-Novarock-Einsatzkommandos. Der soziale Umgang unter uns Heavy Metal-SoldatInnen radikalisiert sich Stunde um Stunde. Unsere Hitzpickel platzen und unsere Hello-Kitty-Armbänder schmelzen. Nina Hofer nennt mich "Staubwurm". Ich mache mich über den knallroten Sonnenbrand auf ihren Rehkitz-gleichen Rücken lustig und bohre ihr einen Finger in den Brandherd. "Schmier mich ein, aber werde nicht geil dabei"; fährt sie mich daraufhin an.
Diese kleine Episode soll Ihnen, liebe Leserin helfen, sich in die Stimmung hier auf den Pannonia Fields zu versetzen. Wir haben also einen Heidenspaß, ignorieren die Signale unserer Körper und lernen uns gegenseitig gut kennen.
Day Of The Living Dead
So kämpfen wir uns Stunde um Stunde in der menschlichen Evolution Stufe um Stufe zurück in Erwartung des Propheten. Die Rede ist von Lemmy Kilmister und seinem fleischgewordenen Antibiotikum Motörhead. Schon einmal habe ich Motörhead bei einem Novarock-Festival erlebt und das war neben meinen reizenden KollegInnen auch der größte Grund warum ich diesmal wieder als personifiziertes FM4 zum Novarock wollte.
Ich bin immer wieder fasziniert vom Phänomen einer Motörhead-Show. Von diesem audiovisuellen Wechselspiel von Monstrosität und Fragilität. Seit 15 Jahren zittere ich bei jedem Motörhead-Konzert, dass der alte Mann der sich keinen Milimeter auf der Bühne bewegt, jede Sekunde tot umfallen wird. Dabei macht sogar das Ehec-Bakterium einen weiten Bogen um das lemmysche Immunsystem. Okay, das Lemmy-Faszinosum ist wohlbekannt.
In meiner letzten Geschichte habe ich die Leistungen des Duff McKagan mit Wurstsemmeln verglichen und meinte das uneingeschränkt wohlwollend. Und Lemmy Kilmister ist natürlich der Wurstfachverkäufer schlecht hin.
Voller Fleischeslust steh ich also punktgenau zum Motörhead-Gig in der ersten Reihe. Und dann kollabiert die eigentlich bisher sehr gute Novarock-Technik. Verstärker und Mikrofone stürzen abwechselnd ab; oder weiß der Teufel was da im Getriebe los war. Das Ganze klingt, wie wenn man sich beim MP3-Formatieren verklickt. Die Probleme können leider erst bei den letzten Nummern gelöst werden und so wurden wir nur bedingt satt. Wenigstens machte Lemmy einen so noch nie erlebten gesunden Eindruck. Vielleicht war er heimlich an der Obstschüssel.
Beast over Nickelsdorf?
Nun ist es so, dass wenn man Appetit auf Wurstsemmeln hat, man diesen nur bedingt mit Süßspeisen stillen kann. Und legen wir die Speisekarten auf den Tisch: Iron Maiden haben zwar grausliche Manderln auf ihren T-Shirts und werden in christlichen Broschüren gerne als dämonische Bedrohung genannt, aber im Vergleich mit Motörhead sind Iron Maiden lustige Zuckerbäcker mit freundlichen Punschkrapfen. Und ich habe Hunger. Also lasse ich endgültig alle Zügel los und reite mit der Menge in ein kunterbuntes Willy Wonka-Land in dem man aus Bächen von Glutamat säuft, in pure Zuckerhüte beißt und der König Otto Waalkes heißt.
Der war Backstage aufgrund des Maiden-Auftritts nämlich dermaßen aus dem Häuschen, dass es fast schon rührend war. Das alles entzieht sich einer ernsthaften Bewertung. Es ist einfach eine Konstante wie die Gravität. Ein fester und unveränderlicher Wert. Egal ob man gerne fliegt oder nicht.
Oder wie Kollege Stefan Elsbacher meinte: "wie Cats nur mit E-Gitarren".