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Christiane Rösinger Berlin

Ist Musikerin (Lassie Singers, Britta) und Autorin. Sie schreibt aus dem Leben der Lo-Fi Boheme.

11. 6. 2011 - 12:58

"Are you guys ready to order?"

In den Berliner "Szenebezirken" wird der Kunde immer öfter auf Englisch angesprochen.

"We speak English"

Christiane Rösinger

Dieses Schild braucht es eigentlich nicht mehr.

Letzte Woche wurde in einer Berliner Tageszeitung das Thema "ausgestellte Fremdsprachigkeit" diskutiert. Dabei ging es um die Beobachtung, dass der Kunde in den so genannten "Szenebezirken" von den Verkäufern in Kleiderläden oder Bedienungen in Bars immer öfter auf Englisch angesprochen wird. Es passiert tatsächlich oft, dass man so am Tisch sitzt, in die Karte schaut und die Kellnerin fragt: "Are you guys ready to order?" Eigentlich nicht so schlimm, schließlich spricht ja eh jeder Englisch und es gibt eben immer mehr Gastronomie mit Bedienungen, die kein oder nur wenig Deutsch sprechen können. Und wenn unter den Besuchern aus aller Welt die Weltsprache Englisch gesprochen wird, warum soll nicht die Bedienung der Einfachheit halber die Bestellungen grundsätzlich in ihrer Muttersprache aufnehmen? Wenn sich mal ein Einheimischer dort hin verirrt, muss er halt auch englisch reden. Alles halb so wild. Albern wird es in Szene-Lokalitäten, wo dann eindeutig deutschsprachige Mitarbeiter auch englisch miteinander und dem Gast reden, weil es cooler ist. Aber wenn sie meinen...

Straßenschild "Ballermannstraße"

Christiane Rösinger

Ob das die englischsprachigen Touristen verstehen? Die gastronomisch extrem erschlossene Falckensteinstraße wurde umbenannt.

Eher besorgniserregend ist die Entwicklung, dass es bald nur noch von Touristen frequentierte "Szenekneipen" gibt, und das Berliner Ausgehleben ganz von den Erlebnistouristen dominiert wird. Auch wenn man bei einem normalen Spaziergang durch Kreuzberg nur noch Englisch hört, von den entgegenkommenden Pärchen, von den geführten Rad-Sightseeingtouristen, Hostelgästen, Hipstertypen mit albernen Sonnenbrillen, affektierten Tussen in Haremshosen und mit arg asymmetrischen Haarschnitten, von allen Tischen vor den Cafés und Verkaufsgesprächen an den Falafelständen und den Spätis, dann kommt doch ein klein wenig das Gefühl der "Überfremdung" auf. Ein böses Wort, dass doch eher von rechtsgerichteten Politikern angesichts der hier lebenden Migranten verwendet wird. Die Migranten gehören aber nun mal zu Kreuzberg, sie leben hier und stellen mit ihrer Andersartigkeit auch eine Bereicherung dar.

Wie schlimm wär Berlin, wenn hier nur Deutsche wohnen würden! Und so werden die Kreuzberger, die sich über die vielen Hostels und Sauf-und Lifestyle-Touristen beschwerden, auch als spießig, provinziell, antiamerikanisch und kleinkariert beschimpft. Dabei haben die Bewohner dieses tapferen, erztoleranten Bezirks in den letzten Jahrzehnten so viele Veränderungen mitgemacht und akzeptiert wie kein anderere Bezirk Berlins, keine andere Stadt in Deutschland.

Tafeln von Restaurants. Einmal mit: "Sweet home place", ein andermal: "Mittagspezial (inkl. grünem Tee all you can drink) nur 5 Euro, egal Sushi or Warm Speisen! We have English Menü"

Christiane Rösinger

Interessante Übersetzungen sind das Salz in der Sprachsuppe

Vielleicht könnte man den Besuchern irgendwie abgewöhnen mit so einer arg lauten, lässig penetranten Art, als gingen sie durch einen großen Freizeitpark, der eigens zu ihrer Belustigung errichtet wurde, die Straßen und Cafés zu bevölkern? Oder sich auch ein bisschen auf andere Bezirke zu verteilen?

Dann würde man auch gerne überall auf Englisch bestellen.