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Christian Holzmann

Snap your fingers, snap your neck.

13. 6. 2011 - 15:14

Von Southern Rock bis Metal 'n' Roll

Passender Soundtrack zu flirrender Hitze von Clutch, der Clan der Cavaleras, Korn mit einem lässigen "Best Of" und die verdienten Headliner Volbeat waren sowieso spitze wie immer.

Nova Rock Festival 2011

Und weiter geht es am zweiten Tag des Nova Rock 2011 mit Bands, über die ich so frei bin, zu berichten und leider gibt es eine schlechte Nachricht für die Katzenliebhaberinnen und -liebhaber unter Ihnen. Wir mussten kein Bild meiner behaarten Mitbewohner als Platzhalter verwenden.

Clutch, die Ursuppe des Stoner Rock

Diese Band hat sich in den bereits 20 Jahren ihrer Geschichte immer mehr in die Richtung von hartem, aber unglaublich groovenden Blues Rock bewegt und war zu Beginn eigentlich sowas wie die Ursuppe des Stoner Rock. Das passte dann auch ganz hervorragend zu der regelrecht flirrenden Hitze vor der Blue Stage.

Insgesamt wirkte die Band optisch ein wenig wie jene Herren, die auf irgendwelchen Eichenfässern in südlichen Gegenden der USA für Jahre darauf warten, dass das sich darin befindliche Gesöff endlich reif wird - und weil das Herumsitzen so langweilig ist, fingen sie an, Musik zu machen.

Clutch waren groovender Southern Rock in Reinkultur und wären ZZ Top später nicht so berühmt geworden, würden sie jetzt genau diese Musik machen. Roh und ohne Schnörkel auf den Punkt gebracht.

Der Clan der Cavaleras

Igor Cavalera hatte ich zwei Stunden vor dem Konzert die Ehre, zu interviewen und währenddessen stellte sich heraus, dass er und sein Bruder Max Lady Gaga abgrundtief hassen. Das nur mal so als Zwischeninfo, falls sie mal zu einem Interview mit den Gebrüdern Cavalera gehen und zufällig ein T-Shirt dieser Dame tragen.

Kann man über das Verbrüderungsprojekt Cavalera Conspiracy von Max und Igor Cavalera eigentlich irgendetwas Böses sagen? Ich meine dazu ganz entschieden: nein. Immer noch halte ich das ja für die heimliche Sepultura Reunion, was gegenüber den tatsächlichen Sepultura mit Andreas Kisser eingentlich unfair ist, haben die doch kürzlich mit "Kairos" eines ihrer besten Alben seit dem Ausstieg von Max Cavalera abgeliefert.

Zwar könnten die beiden mit den beiden bisher erschienenen Alben "Inflikted" und dem kürzlich erschienenen und noch heftigeren Metalbrett "Blunt Force Trauma" locker einen Abend füllen, niemand wird aber zufrieden sein, gäbe es nicht auch ein paar Sepultura Songs und nach dem Auftritt der Cavalera Conspiracy musste wahrlich niemand unglücklich sein.

Klassiker wie "Refuse/Resist" und das anschließende "Territory" lösen auch heute noch den kollektiven Headbang- und Mosh-Wahnsinn aus und während des Konzerts stellte sich heraus, dass fast die ganze Familie Cavalera mit unterwegs zu sein scheint.

Max' Sohn Richie Cavalera war ja bereits als junger Spross bei Soulfly mit von der Partie, am zweiten Tag des Nova Rock steuerte er lautstarken Grunzgesang zu "Black Ark" bei. Eine gute Stimme hat Cavalera Jr. auf jeden Fall, an die Ausstrahlung seines Vaters reicht die seine aber nicht. Dessen Fußstapfen sind allerdings auch wirklich schwer zu füllen, selbst wenn Max Cavalera an diesem Abend nicht ganz so optimal bei Stimme schien.

Igor Cavalera übergibt an Igor Cavalera

Nach ein paar Songs der Cavalera Conspiracy überließ Igor Cavalera dann für die Sepultura Nummer "Attitude" sogar das Schlagzeug Max' Sohn Igor und der junge Herr meisterte das nicht schlecht, wenn auch nicht ganz so gut wie sein gleichnamiger Onkel. Zum abschließenden "Roots Bloody Root" übernahm der aber wieder das Schlagzeug und alles war gut. Danach nahm Igor Cavalera dann auch seinen jüngsten Sohn an der Hand, der mit großem Gehörschutz auf dem Kopf die verbliebenen Drumsticks dem Publikum übergab. Die Cavaleras, das sind eben Metaller mit viel Herz und die muss man mindestens einmal gesehen haben, egal unter welchem Namen sie auftreten.

FM4 (Dominique Hammer)

Die Gebrüder Cavalera beim Aufwirbeln von feinem Staub

Nu Metal "Best Of "von Korn

Korn, mit Sicherheit eine der wichtigsten Band des von so manchen teils zu Unrecht geschmähten Genres Genres Nu Metal, gingen von Anfang an auf Nummer sicher und eröffneten ihr wahrlich formidables Set mit "Blind". Formidabel ist schon beinahe untertrieben, denn was da an glasklarem Sound aus der Anlage der Blue Stage dröhnte, war das wahrscheinlich bisher heftigste Bassgewitter aller bisherigen Auftritte des Nova Rock. Soundtechnisch eine hohe Messlatte für die nachfolgenden Headliner Volbeat.

Dominique Hammer

Jonathan Davis, lt. Info von Gitarristen Munky an Kollegin Hofer im Original Schottenrock aus Schottland gekleidet, gab sich gar für seine Verhältnisse ein wenig "volksnah" und forderte zum Mitklatschen auf. Welche Probleme der Mann abseits der Bühne auch immer haben mag, auf der Bühne ist er einfach nur er selbst, in sich ruhend und strahlte während des Konzerts eine Präsenz aus, die man so selten regelrecht zu spüren vermeint. Für verbale Kommunikation mit dem Publikum wurden Korn ja nie sehr gelobt, andererseits ist es manchmal schon fast erfrischend, wenn man einmal nicht fünf Mal pro Stunde gefragt wird, ob es einem eh gut geht.

Korn beschränkten sich auf das Wesentliche, gingen wie gesagt auf Nummer sicher und lieferten einen regelrechten Blumenstrauß voller bekannter Nu Metal Melodien von unter anderem "Freak On A Leash" über "Falling Away From Me"
bis "Twisted Transistor" und Jonathan Davis beglückte seine Fans denn auch noch mit ein wenig Dudelsack. Zwischendurch durften es dann auch mal ein paar angerissene Coverversionen wie Metallicas "One" oder gar "Breathe" von Pink Floyd sein.

Die Alben von Korn mögen in den letzten Jahren vielleicht ein wenig egal geworden sein, live können dieser Band aber nach wie vor nur wenige etwas vormachen. Das Prädikat Ohrenschmaus haben sich die Herren mindestens verdient.

Frischer Metal 'n' Roll von Volbeat

In meiner persönlichen Liste der Lieblinsbands stehen Volbeat aus Dänemark immer noch ganz weit oben, mögen sie manch gestandenen Metallerinnen und Metallern von mir aus zu weich oder irgendwelchen Indiewuckln viel zu rockig oder gar zu hart sein.

Dominique Hammer

Die Dänen haben sich in den letzten Jahren nach und nach vom Geheimtipp zum Headliner am zweiten Tag des Nova Rock 2011 gemausert und das ist schon eine ordentliche Leistung. Während des Interviews mit Michael Schøn Poulsen war ihm dieser Headlinerstatus allerdings in keinster Weise anzumerken. Im Gegenteil, der Mann findet es für sich persönlich viel mehr absurd, dass er am Vortag mit Volbeat als Headliner nach seinem größten Helden Mike Ness (Social Distortion) auftreten sollte. Für ihn mache das überhaupt keinen Sinn.

Das Konzert war - und da spricht der Volbeat-Hardcore-Fanatic in mir - großartig wie immer und inzwischen habe ich sie mir wahrscheinlich schon an die zehn Mal angesehen. Etwas wehmütig werde ich aber zugegebenermaßen, denn es ist gerade mal vier Jahre her, als ich extra für ein Konzert nach Berlin ín den kleinen Kato Club gepilgert bin, um mir Volbeat zusammen mit einer wesentlich kleineren Fangemeinde anzuschauen.

Zurück in das Jahr 2011: Volbeat waren im Vergleich zu den davor spielenden Korn vielleicht nicht ganz so perfekt, man muss ihnen aber zu Gute halten, dass dies ihr erstes Jahr ist, in dem sie als Headliner spielen und Korn machen das ja nun doch schon eine ganze Weile länger als die Dänen.

Der wichtigste Unterschied zu Korn ist aber, dass Volbeat im Gegensatz zu Jonathan Davis & Co. relevante neue Songs im Gepäck haben, die das Publikum regelrecht aufzusaugen schien. Das Wort "abfeiern" scheint für Volbeat geradezu erfunden worden zu sein und egal, wohin man auf dem Gelände blickte, es machte den Eindruck, als hätten alle bis in den hintersten Winkel vor der Blue Stage mitgeklatscht, egal ob "Radio Girl", "Still Counting" oder "Fallen" angestimmt wurde.

Die Zeit der intimen Volbeat Konzerte sind zwar vorbei und man muss ab jetzt wohl damit leben, dass der Blick auf Michael Schøn Poulsen nun ab und zu durch einen mit der Plastikluftigarre in der Luft herumwachelnden Banausen getrübt wird oder irgendwer gar meint, ausgerechnet während der Johnny Cash Huldigung "Sad Man's Tongue" einen Pseudo-Mini-Moshpit starten zu müssen. Der Band kann man das ja nun wohl kaum vorwerfen.

Im Herbst beehren sie uns wieder in Wien und dieses Mal sogar in der Stadthalle. Ich werde es mir selbstverständlich wieder ansehen, wenn auch mit ein wenig Sehnsucht zurück ins Jahr 2007, als Volbeat noch nicht so dieser "große Act" waren wie heute. Aber "früher" war ja angeblich eh immer alles besser. In Fall von Volbeat ist es nur nicht so lange her.