Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Heimliche Headliner"

Christian Holzmann

Snap your fingers, snap your neck.

12. 6. 2011 - 13:59

Heimliche Headliner

Diese Position hätten sich eigentlich Wolfmother mehr als verdient. Außerdem wichtig am ersten Tag Nova Rock: Sick Of It All, die 25 Jahre Jubiläum feiern und um keinen Deut leiser geworden sind.

Wolfmother Interview vs. Dredg Auftritt

Nova Rock Festival 2011

Dredg aus San Francisco nicht gesehen zu haben, kann ich mir beinahe selbst nicht verzeihen, aber eben nur beinahe. Just während die Herren aus San Francisco die Bühne betraten, hatte ich nämlich die Ehre, Andrew Stockdale von Wolfmother zu interviewen und als Fan dieser Band seit 2006 konnte ich da eben nicht nein sagen. Lässig wie erwartet hörte es sich hinter der Bühne freilich an, während Herr Stockdale so nett war, über Songs eines demnächst zu hörenden FM4-Gästezimmers oder Lieblingsgewohnheiten beim Frühstück zu erzählen. Der rennt da nämlich nicht mehr wie viele zum Computer und beschäftigt sich mit E-Mail, Facebook und Co., sondern spielt seiner Tochter lieber Songs auf der Gitarre vor oder schaut sich mir ihr zusammen Sponge Bob an.

Wie auch immer, Dredg hörten sich für mich zumindest hinter der Bühne spitze an, auch wenn deren Auftritt von "fad" bis "grandios" die Geister so sehr spaltete wie das neue Album "Chuckles And Mr. Squeezy".

Sick Of It All

Lou Koller, Sänger von Sick Of It All

Dominique hammer (FM4)

Neben Agnostic Front sind Sick Of It All wohl die(!) Vertreter des New York Hardcore schlechthin, und um es im Volksmund der bretterharten Klänge zu sagen, diese Band machte vom ersten bis zum letzten Ton erwartungsgemäß keine Gefangenen. Man möchte kaum glauben, dass diese Urgesteine nun schon seit 25 Jahren unter diesem Namen ihr lautes Unwesen treiben und das auch noch immer in der gleichen Besetzung. Im Musikbusiness wohl eine absolute Rarität.

Anzumerken war ihnen diese Vierteljahrhundert für keine Sekunde und wo man manch Altherrenkapelle gerne von der Bühne verwünschen würde, weil sie den Zeitpunkt des Aufhörens übersehen haben, war auf der Red Stage schon mit den ersten Tönen von "Good Lookin' Out" klar, wer auch im Jahr 2011 noch ganz oben auf dem Thron jener Musik steht, bei der einem Phrasen wie "voll auf die zwölf" oder "straight into your face" unweigerlich in den Sinn kommen.

Zwischendurch startete Sänger Lou Koller dann auch noch eine "Umfrage" und bat all jene ihre Hände zu heben, die Sick Of It All noch nie live gesehen hätten. Aus meiner Position war es nicht genau ersichtlich, aber es dürfte wohl die große Mehrheit gewesen sein, die Herrn Koller zur verwunderten Frage veranlasste, wo denn die alle während der letzten 25 Jahre waren.

Um Frau Kollegin Hofer zu zitieren, für diese Herren wurde der Begriff "Viech" erfunden und im Gegensatz zum Aerodrome 2005 machte sich Herr Koller nicht über Headbanger lustig, sondern forderte dieses Mal sogar zum Headbangen auf.

Diese Show nur als energetisch zu bezeichnen, wird Sick Of It All eigentlich nicht so ganz gerecht - und doch trifft es zu. Dieser Band ist es zuzutrauen, dass sie auch in 25 Jahren wieder ein solches Konzert hinlegt. Da wird dann vielleicht bei "Scratch The Surface" auch die "Wall Of Death" gelingen.

Wolfmother (19:25 - 20:35 Blue Stage)

Der Gegensatz zu Sick Of It All könnte eigentlich größer nicht sein, denn der Sound von Wolfmother erinnert ja sehr stark an Led Zeppelin, Cream und Co. Von den Gründungsmitgliedern ist nur noch Andrew Stockdale übrig. Bekanntermaßen verließen Chris Ross und Myles Heskett ja 2008 die Band und genau aus diesem Grund war ich erst ein wenig skeptisch, ob die inzwischen zum Quartett gewachsene Band das hohe Niveau aus ihren Anfangstagen noch erreichen kann.

Meine Skepsis war zum Glück völlig unbegründet, denn Wolfmother sind nach wie vor dabei, den Drachen namens Rock 'n' Roll zu retten und das ist sehr gut so.

Lisa-Maria Trauer

Wie schon im eingangs erwähnten Interview war Stockdale während des gesamten Auftritts quasi auf Augenhöhe mit dem Publikum und gleich mit den ersten Tönen von "Dimension" hatte die Band alle Sympathiepunkte auf ihrer Seite.

Ich bin nun keiner, der sich Song für Song eines Konzerts merkt, allerdings fiel auf, dass der Anteil vom Debütalbum höher war als der vom letzten Album "Cosmic Egg". Es mag zugegebenermaßen aber auch daran liegen, dass der Schreiber dieser Zeilen sich dieses immer noch öfter anhört als den Nachfolger.

Mit einer knappen Stunde war der Auftritt von Wolfmother viel zu kurz und mit Sicherheit wird man auch in den nächsten Jahren an ihnen nicht vorbeikommen. Es gibt eigentlich nur wenige, die mit ihnen nichts anfangen können. Einer der prominentesten ist wohl Mike Patton, der an der Band unlängst während eines Interviews kein gutes Haar ließ (nachzusuchen auf youtube). Ich bin mir nicht sicher, ob er er am Ende dieses Wolfmother Auftritts nach "Joker & The Thief" nicht vielleicht doch noch wenigstens wohlmeinend gelächelt hätte. In jedem Fall waren Wolfmother der heimliche Headliner am ersten Tag des Nova Rock 2011.

Netter Job von Linkin Park, mehr aber auch nicht

Unterhaltungswert ist mit Sicherheit das Letzte, was man Linkin Park absprechen könnte. Großartiger Sound, perfekte Show, gute Unterhaltung eben und man darf niemandem böse sein oder der Verachtung strafen, wenn einem das gefällt.

Linkin Parks 1999 erschienenes erstes Album "Hybrid Theory" wußte mir persönlich übrigens ausnehmend gut zu gefallen. Ich bekam nur ab dem Moment mit dieser Band ein Problem, als mir einmal ein wohlgesonnener Mensch empfahl, doch die Gitarren gedanklich auszublenden. Das war gar keine gute Idee, denn ab diesem Zeitpunkt blieb für mich nur noch eine Boyband übrig.

Die selbe Person prohezeite schon damals, als Linkin Park noch die Supportband der Deftones waren, dass es bald umgekehrt kommen würde. Als Deftones Fan wollte ich das nicht glauben und während ich den Deftones heute noch die in jeden Ton hineingelegte Leidenschaft abnehme, tu ich mir bei Linkin Park da eher schwer.

Wie gesagt, es gab von der Darbietung her nichts zu meckern, denn was will man eigentlich mehr bei tollem Sound, nahezu perfekter Show? Gute Unterhaltung ist ok, berührt hat es zumindest mich nicht, denn man wurde den Eindruck nicht los, dass Linkin Park hier nur sehr professionell ihren Job erledigten.