Erstellt am: 7. 6. 2011 - 11:10 Uhr
Wirtschaftsuni vs. Republik
Österreichs Universitäten sind stark unterfinanziert. Darüber herrscht Konsens zwischen Studierenden und Unirektoren, nur die Lösungsansätze sind verschieden. Während die Österreichische Hochschülerschaft und die #unibrennt-Bewegung gegen Studiengebühren, gegen Zugangsbeschränkungen und für höhere Unibudgets sind, treten viele Rektoren durchaus für quantitative Zugangsbeschränkungen ein. Wenn es um die Forderung nach mehr Geld geht, herrscht allerdings Einigkeit. WU-Rektor Christoph Badelt setzt nun einen bisher ungesehene Maßnahme. Er beschreitet den Rechtsweg, um 194 Millionen Euro vom Staat einzufordern. Möglich macht das ein Passus im Universitätsgesetz (UG), wonach bei einseitigen Änderungswünschen zu den Leistungsvereinbarungen eine Schlichtungskommission angerufen werden kann. Die nächste Instanz ist dann der Verwaltungsgerichtshof.
An der Wirtschaftsuniversität Wien klaffen Kapazitäten und Studierendenzahlen besonders weit auseinander. 1300 könnten laut WU-Rektor Christoph Badelt an der WU studieren – eine Zahl, die auch in der Leistungsvereinbarung zwischen WU und Republik festgehalten ist – aber rund 6000 AnfängerInnen beginnen jedes Jahr mit einem Bachelor-Studium. Die WU lässt also viereinhalb bis fünfmal so viele Anfänger studieren als vorgesehen. Rektor Badelt, früher auch Vorsitzender der Universitätenkonferenz, ist bekannt als Befürworter von Zugangsbeschränkungen, findet sich aber damit ab, dass sie derzeit nicht durchsetzbar sind: "Doch wenn der Gesetzgeber sagt 'Ihr müsst jeden Studierenden nehmen', dann muss der Gesetzgeber mir auch das Geld dafür geben. Wir werden die Republik juristisch dazu zwingen." Dass die Maßnahme für ihn auch ein Druckmittel ist, Zugangsbeschränkungen einzufordern, verneint er. "In erster Linie geht es mir jetzt ums Geld."
Badelt verlangt 64,6 Millionen Euro pro Jahr mehr. Da die aktuelle Leistungsvereinbarung zwischen WU und Staat für drei Jahre gilt, multipliziert sich die Forderung mal drei auf 194 Millionen Euro. "Die brauche ich, um lediglich jene zusätzlichen Studierenden auszubilden, die wir über unsere Kapazitäten hinaus aufnehmen mussten. Das bedeutet nicht, dass wir ein paar Lehraufträge mehr vergeben – das ist lächerlich. Sondern es bedeutet, dass wir die WU um zwei Drittel vergrößern, mit Räumen, mit Verwaltungspersonal und natürlich mit wissenschaftlichen Personal."
Thomas Wallerberger, Vorsitzender der ÖH, begrüßt, dass Rektor Badelt den Rechtsweg beschreitet. Die Befürchtung, dass das ein Druckmittel für Zugangsbeschränkungen sein könnten, ist für ihn zweitrangig: "Natürlich ist das immer eine virulente Gefahr, bei Badelt sind Zugangsbeschräkungen meistens der Subtext der Forderungen. Sein Zugang ist elitär, er will weniger Studierende - nicht nur aus Kapazitätsgründen. Aber Badelt nützt hier ein rechtliches Instrument, das den Universitäten in die Hand gegeben worden ist. Das ist auf einer anderen Ebene zu sehen als eine politische Forderung. Ich finde gut, dass die WU dieses Instrument nützt."
Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle spricht heute von "großem Verständnis", das er für die WU hätte. Es gebe nun einmal eine Leistungsvereinbarung, in deren Rahmen sich die WU bewegen müsse. Der Arbeit der Schlichtungskommission könne er aber nicht vorgreifen.
Mehr dazu gibt es heute Nachmittag in FM4 Connected, 15-19 Uhr.