Erstellt am: 2. 6. 2011 - 14:41 Uhr
Gemüse ohne Gülle
Die Gülle-Gurke aus Spanien war nicht der Auslöser für die Durchfallepidemie in Deutschland. Seit Dienstag geht die Suche nach der Quelle des Erregers fieberhaft weiter. Inzwischen rät das deutsche Gesundheitsministerium dazu, Gurken, Tomaten und Blattsalate nicht roh zu verzehren. Gemüsebauer in ganz Europa haben mittlerweile Umsatzeinbußen.
Abgesehen von der wirtschaftlichen Dramatik: Warum gibt es überhaupt nur Gemüse, das potentiell mit Gülle in Berührung gekommen ist? Gäbe es nicht Alternativen im Gemüseanbau, das ohne Pestizide und exzessiven Einsatz von Düngemitteln auskommen? Ich habe recherchiert und drei Alternativideen für Städterinnen und Städter gefunden.
Idee Eins: Vertical Farming
Die die Idee ist ganz einfach, Gemüse in Hochhäusern anzubauen, anstatt auf Feldern. Dickson Despommier, Professor an der Columbia University, der Vertical Farming mit seinen Studierenden entwickelt und getestet hat, erklärt seine Vision:
Ein paar solcher Farmen gibt es schon, zum Beispiel in Seoul. Das Gemüse wächst hier in fast schon sterilen Laborbedingungen. Über Computer werden Licht-, Nahrungs- und Wasserzufuhr gesteuert. Die Ernte ist geschützt vor Umweltkatastrophen, Verschmutzung und Schädlingen.
Sauberes Gemüse, gezogen in der Stadt! Klingt allerdings nach hohem technischem Aufwand und billiger wird das Gemüse durch vertical farming nicht, im Gegenteil.
Idee zwei: Windowfarms
Die Windowfarm ist die gleiche Idee wie Vertical Farming, bloß im Kleinformat: Aus alten PET-Flaschen wird ein Mini-Ökosystem am Fenster gebaut und rund ums Jahr Gemüse gezogen. Britta Rilley, CEO von Windowfarms.org erklärt:
Ähnliche Systeme gibt es natürlich in verschiedensten Formen. Das Schöne am Windowfarms-Projekt: Menschen an unterschiedlichen Orten der Welt testen, probieren aus, verbessern und stellen ihr Wissen gratis in Do-It-Yourself-Bauplänen zur Verfügung.
Das Gute: Man zieht Gemüse direkt in der Wohnung, weiß wo es herkommt, wie es gedüngt wird. Ob das allerdings für die gesamte Gemüsezufuhr reicht? Kräuter, Salat, allenfalls noch Tomaten, viel Größeres lässt sich mit der Windowfarm nicht produzieren.
Idee drei: Guerilla Gardening
Brach liegendes Land in der Stadt nützen – das ist die Idee hinter Guerilla Gardening. Also einfach die nächste Gstätten im Hinterhof bebauen!
guerilla gardening Wien
Die Erde an solchen Orten ist meist nicht die beste, deswegen empfiehlt es sich, Humus anzuschaffen. Wenn Platz ist, kann auch ein Komposthaufen angelegt werden, um den weiteren Humus selbst zu produzieren. Abwerfen kann der Guerilla Garden dann so einiges: Beeren und Blumen gehen besonders gut, sofern sie halbwegs pflegeleicht sind. Ebenso Salate, Küchenkräuter und Tomaten.
Das Problem: Wenn der Grund- oder Hofbesitzer kein Gardening-Fan ist, kann die wertvolle Ernte schnell wieder weg sein. Außerdem ist auf der Verkehrsinsel gezogenes Gemüse wohl kaum schwermetallfrei und ob HundebesitzerInnen auf dein Guerillabeet im öffentlichen Raum Rücksicht nehmen werden? Aber immerhin: die bunten Beete sind eine Abwechslung im grauen Stadtbild. Beispiel London:
Lohnende Alternativen?
Hmmm, also Windowfarms, Gemüsebeet im Hochhaus oder doch ein Guerillabeet im Beserlpark? Optimale Bedingungen bietet wohl keine der drei Gemüse-Alternativideen. Aber wenn die Nahrungsskandale immer mehr werden, wird man in die Richtung wohl noch weiter überlegen müssen.