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Maria Motter Graz

Bücher, Bilder, Kritzeleien. Und die Menschen dazu.

28. 5. 2011 - 13:25

Springsessions

Durch die Nacht tanzen und tagsüber in die Konferenz? Das Springfestival in Graz kombiniert musikalischen Zeitgeist und digitale Produktvisionen.

Das Springfestival intensiviert die Auseinandersetzung mit elektronischer Kultur und erweitert das Festival um eine "Konferenz für elektronische Kunst, Technologie und Design": Die "Springsessions" bringen erstmals in Graz GastrednerInnen und geneigte kreative Köpfe zusammen.

FM4 sendet live vom Springfestival:

Hier der Überblick zu den Sendungen

Schaut man sich das Line-Up der Springsessions an, hat man die Besetzung für eine Abendserie im hippen technologischen Kreativmilieu vor sich: den Künstler mit Homebase San Francisco und Von-Lowtzow-Scheitel. Die kunstaffine Werberin und den Freak, der an der Visualisierung von Klangwellen arbeitet. Den gesetzteren Visual-Arts-Architekten, der Massive Attack und den Chemical Brothers Bühnenbilder aus Licht baut. Den schwedischen Indie-Jungen, der großen Agenturen die Kunden mit Games-Strukturen ausspannt und dem der Bart stets nur drei Tage wächst. Die smarten Nice Guys und Girls von Nebenan, und den aktionistischen in Paris lebenden Amerikaner, der Graffiti-Tools als Kommunikationshilfe für gelähmte Personen entwickelt.

Sie alle kommen im Kunsthaus Graz von 2. bis 4. Juni zusammen. Inhaltlich geht es dann ans Eingemachte. Zwölf digitale KönnerInnen und Teams werden ihre speziellen Zugänge in Panels mit Arbeiten und Projekten erläutern.

Zwischen interaktivem Design und digitaler Kunst bewegt sich die Konferenz. Und die Springsessions nehmen sich Begriffe wie "Virtual Environments" und "User Experience Architecture" vor, die einem erst erklärt werden wollen. Ein Schwerpunkt ist Storytelling mit den Mitteln des 21. Jahrhunderts. Nicht zuletzt geht es um einen Blick hinter die Designkulissen und um das Teilen von Kreativität. Die Springsessions sind angelegt für ein Publikum, das mit der Materie vertraut ist.

Die Ausweitung der Kreativzone

Bislang widmete sich das Springfestival mit ganzem Herzen elektronischen Musiken. Die electronic art im Festivaltitel kam manchem zu kurz. Nun wollen die Veranstalter eine Plattform an den Schnittstellen elektronischer Künste schaffen. Sieht man sich international um, ist die Kombination Musikfestival plus Konferenz der nächste Clou.

Hören Industrial DesignerInnen, FilmemacherInnen und KreativdirektorInnen am Liebsten elektronische Musik? Das werde ich sie nächste Woche fragen. Selbst, wenn die Antwort nicht in einer der Springfestival-Locations des Nächtens gegeben wird: Evan Roth findet generell, dass Communitys, die auf den ersten Blick nichts miteinander am Hut haben, des Öfteren zusammenarbeiten sollten. Und Roth ist einer, auf dessen Ausführungen man sich schon mal sehr freuen könnte.

Der Mann mit der großen Leidenschaft für intelligente Graffiti kommt viel rum, im Vorjahr wurde Evan Roth mit Kollegen bei der Ars Electronica in Linz mit der Goldenen Nica für Interactive Art ausgezeichnet. Denn mit dem "Eyewriter" können sich bewegungsunfähige Menschen, die an dem Locked-In-Syndrom leiden und einzig ihre Augen kontrolliert bewegen können, kreativ betätigen. Seine These lautet: Wir befinden uns in einer Producing-Realising-Gesellschaft.

Tali Krakowsky

Eyal Toueg

Tali Krakowsky hat gut lachen: Geschätzt im Museum of Modern Art in New York und von Chanel.

Hey, I could use a story

Twitter und Facebook stutzen die Kommunikation auf Haiku-Länge, findet Tali Krakowsky, die kommende Woche ebenso in Graz sprechen wird. Umso bewusster sollte man Sprache gebrauchen, findet die Kanadierin. Sie ist eine Expertin im Geschichtenerzählen, und sie tut das vielfach wortlos mit begehbaren Installationen. "Experience Design" ist ihres. Mit interaktiven Räumen, geschaffen aus digitalen Komponenten und realem, physischen Raum hat sie sich einen Namen gemacht. Setzt Krakowsky Modeschauen in Szene, widmet sich das Feuilleton zuallerst begeistert dem Setting.

Ein Meister digitaler und zugleich physisch erlebbarer Welten, in die man sich hineinbewegen kann, ist auch Ash Nehru. Er wird bei den Springsessions erklären, wie seine Visualisierungsprogramme skulpturale Media-Installationen schaffen.

Laser, Sensoren, RFID und sogar Feuer nützt der Amerikaner Jared Ficklin für sein Werk. Laut eigenen Angaben darf er damit verständlicherweise nicht mehr im Eigenheim hantieren, sondern musste seine Produktionsstätte auslagern. Ficklin scheint ein Freak zu sein - auf Etsy bietet er Bausätze zur Visualisierung von Klang an, derzeit ist aber keiner auf Lager. Die "Frog Design Party", die seine Company jährlich in Austin, Texas, veranstaltet, lockt Tausende an. Das überlieferte Videomaterial spricht Bände.

Jared Ficklin in einer holzvertäfelten Lokalität

Springfestival

Jared Ficklin spielt gern mit Tools und Feuer.

Ein bisschen Durchgeknalltheit muss sein. Was nicht heißt, dass es bei den Springsessions nicht seriös zugehen soll.

Das Team des Grazer Animationsstudios ShotShotShot

ShotShotShot

ShotShotShot bei den Vorbereitungen.

Von österreichischer Seite werden indes die Teams des Grazer Animationsstudios ShotShotShot und des Wiener Studios Strukt erzählen, wie man hierzulande visuelle Ideen mit digitalem Know-How gekonnt umsetzt und sein Talent langfristig in seinem Beruf auslebt.
Vielleicht erinnert sich jemand an die vielschichtigen Lichtstrahlen, die im Vorjahr die Kunsthalle Wien umrahmten? Die Lighttrails sind nur eines der Strukt-Projekte.

Für die Springsessions benötigt man einen eigenen Pass. Dafür sollte dann auch genügend Möglichkeit zum persönlichen Gespräch gegeben sein.