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Pia Reiser

Filmflimmern

26. 5. 2011 - 12:07

This übercharming man

Oh me! Oh my! Reicht mir Riechsalz und wachelt mir Luft zu: Morrissey kommt am 21. Juli ins Konzerthaus Wien. I'm bursting with fruit flavour.

Morrissey live am 21. Juli im Wiener Konzerthaus
Der Kartenverkauf beginnt morgen, 27.5., punkt neun Uhr

Oh Morrissey. Wegen dir verwandeln sich Gerlinde Lang und ich manchmal in rotbackige Teenager und googlen Bilder von dir mit Kätzchen, Truthähnen oder Nancy Sinatra. Oder wir üben, ob wir ein Mikrophonkabel ebenso elegant schwingen lassen können wie du. (Wir können es, btw).

Kaum jemand singt den koketten Weltschmerz schöner in die Welt hinaus, die Ambiguität geschultert wie Atlas die Gestirne. Und während er das Thema Sex kokett umtänzelt und in Metaphern umreißt, reißen sich nach ihm verzehrende Damen und Herren im Publikum die Kleider vom Leib und das Herz aus der Brust, renken sich den Arm halb aus, um ihm zumindest einmal die Hand zu schütteln. Und brechen in Tränen aus, wenn es ihnen gelingt. Und erst recht, wenn es nicht gelingt. Morrissey vermengt Nostalgie nach einer Zeit, die es wahrscheinlich nie gegeben hat mit Melancholie und Zynismus. Er ist der ewige Dandy, dem wir uns an den Hals werfen, der uns aber wegwachelt, um weiter mit der Einsamkeit zu liebäugeln. Ein I want to be alone gleich dramatisch und bedeutungsschwer wie es Greta Garbo in "Grand Hotel" seufzt.

Morrissey

morrissey

Morrissey ist illustrer Fixpunkt in meinem popkulturellen Universum, immer wieder kehre ich zu ihm zurück:
Weil ich die große Geste in der Popkultur sehr schätze, weil mir Überhöhung und Übertreibung, Gladiolen in der Hosentasche und Untergangspomp und Gloria mehr bedeuten, als z.B. bescheidene Singer/Songwriter, die bescheiden die Saiten zupfen. Ein Morrissey-Konzert ist im besten Fall ein von der Welt völlig abgekapseltes Spiegelkabinett, durch das die Morrissey-Eigeninszenierung irrlichtert und mit den zahlreichen Projektionen aus dem Publikum kollidiert, bis es blitzt und funkelt und Selbstlaute, so gedehnt als würden sie täglich Yoga machen, regnet. Wer mal bei so einem Konzert inmitten seiner inbrünstig mitsingenden Verehrermenge gestanden ist, die "... because you're not right in the head/and nor am I/and this is why/I like you..." mitsingt, weiß, was ich meine. Selbst seine Bühnenansagen sind aus dem schönsten Textholz geschnitzt und oft verschmitzt, so wirft er der euphorischen Menge in Manchester 2004 zu You've made a happy man very old. Oh, Morrissey.

Rick Astley und Morrissey

top of the pops

Rick Astley und Morrissey. Never gonna give you up, Steven Patrick.

Eine 600-seitige Autobiografie soll fertig sein und der Penguin-Verlag interessiert; neues Album gibt es momentan keines - laut NME wäre das zwar fertig, aber Morrissey hat kein Label, lediglich eine Compilation namens "The Very Best of Morrissey". Sehen wir's (wie auch "Greatest Hits" (2008), die B-Seiten-Sammlung "Swords" (2009) und all die vielen anderen Compilations) als eine Art Pensionsvorsorge des Mannes, der meinte, mit 55 Jahren nicht mehr auf der Bühne stehen zu wollen. Heuer wurde er 52, umso besser also, dass er am 21. Juli 2011 ins Wiener Konzerthaus kommt, der Vorverkauf startet am Freitag. And he will steal all hearts away.