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Anna Katharina Laggner

Film, Literatur und Theater zum Beispiel. Und sonst gehört auch noch einiges zum Leben.

25. 5. 2011 - 08:00

Afrikas Pracht!

Das Bild, das wir uns vom Kontinent machen. Eine FM4 Homebase Spezial über die Vielfalt afrikanischen Filmschaffens.

Ein Löwe stürzt sich auf einen Eingeborenen und zerfleischt ihn .... Ein Film, der sicher jedem Publikum gefallen wird.

Filmplakat zu "Afrika spricht"

Afrique vous parle

So ein Kritiker über Afrika Speaks. Im Jahr 1930 wurde der Film in Deutschland und Österreich unter dem Titel „Afrika spricht! Das Paradies der Hölle“ gezeigt. Tatsächlich spricht Afrika hier überhaupt nicht, viel mehr kommentiert der europäische Entdecker und Naturforscher Paul L. Hoefer die Mensch- und Tieraufnahmen, die er während der Colorado-African Expedition durch Belgisch-Kongo gedreht hat. „Afrika spricht“ ist einer der unzähligen Kolonialfilme, die das Bild vom exotischen, gefährlichen, mysteriösen Kontinent bis heute prägen. Dass der Eingeborene um keinen Deut mehr wert ist, als der Löwe, der ihn verspeist, zeigt sich, als ein mit dem obligaten Tropenhelm ausgestatteter Entdecker einen mit dem obligaten Lendenschurz versehenen Jäger mit Salz füttert.

Zwar sind seitdem über 80 Jahre ins Land gezogen, doch wie wenig sich seit „Afrika spricht“ geändert hat, zeigte sich kürzlich in der Wiener Filiale einer internationalen Jeanskette. Dass die Kolonialisierung Afrikas eine eher unschöne Geschichte der Unterdrückung ist, während der willkürlich Grenzen gezogen und Menschen verschoben wurden, scheint noch nicht durchgesickert zu sein: Das Bild sei „eh schön“, meinte eine Verkäuferin.
Dank der Erschütterung, die dieses koloniale Nachbeben ausgelöst hat, wurde das Bild mittlerweile entfernt.

schwarzweißes Bild, das Elfenbeinzähne und einen Entdecker aus der Kolonialzeit zeigt

Jude Sentongo Kafeero

Afrikas Pracht

Wer damit beginnt, Afrika-Bilder zu suchen, die nichts über den Kontinent, aber viel über den Betrachter des Kontinents verraten, kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus.
Was zum Beispiel geht in jenem Menschen vor, dem der sinnwidrige Satz Afrika Pracht: Zauberhafte Landschaft, bettelarme Äthiopier entfahren ist? Ironischerweise war dieses Bild neben einem Artikel über Blindheit in Afrika angebracht.

zeitungsbild, landschaft und äthiopierInnen

Kurier

Ein Suchbild: Wo ist der bettelarme Äthiopier, der Afrikas Pracht ausmacht? (Kurier, 3. April 2011)

Es ist ein Beispiel von vielen, das zeigt, dass es dem Westen nicht möglich ist, das Bild eines schwarzen Menschen als das zu nehmen, was es ist: ein Bild von einem Menschen. Diese Verblendung lässt nicht zu, dass drei Frauen in der Landschaft einfach eine Pause machen, auf ein Taxi warten, sich unterhalten. Wer weiß das schon, sie sind ja nicht am Wort.

Alle zwei Jahre findet in Ouagadougou, Hauptstadt von Burkina Faso, das panafrikanische Film- und Fernsehfestival Fespaco statt - das größte Filmfestival Afrikas. Es wird mit einem riesigen Spektakel im größten Stadion der Stadt eröffnet, die meisten Filme laufen in Freiluftkinos und werden mit Beamern auf Leinwände projiziert, denn es gibt nur einen 35mm-Filmprojektor.

Genau darum geht es jenen Filmregisseuren, die in der FM4 Homebase vom am Mittwoch, 23.5. vorgestellt werden: als Menschen wahrgenommen zu werden. Ein Bild vom Kontinent in seiner Vielfalt und seinem Reichtum zu schaffen. Dass es unmöglich ist, die unterschiedlichen Genres, Ausprägungen und Ästhetiken afrikanischen Filmschaffens innerhalb einer Stunde zu umreißen, muss nicht dazu gesagt werden. Oder doch? Vor kurzem wurde ich gefragt, ob ich mich „nur“ mit afrikanischem Kino befasse.

Afrikanisches Kino

„Den fremden Blick habe ich nicht nötig, mich interessiert nur das Bild, das ich von mir selber mache“, sagt der Regisseur Balufu Bakupa-Kanyinda. „Ich mache Filme, die von einem Afrika erzählen, das ein Recht auf Freiheit und Träume hat. Und ich mache Filme, damit andere sie nicht anstelle von Afrika machen.“
Das, was als afrikanisches Kino gilt, ist nach den Unabhängigkeitserklärungen der afrikanischen Staaten in den 1960er Jahren entstanden. Es war eine Antwort auf die Kolonialgeschichte, es ging darum, den Blick von außen zu entlarven, dem ethnographischen Afrikabild ein eigenes Bild gegenüberzustellen.

Zwar bleibt dieser Anspruch gültig, doch heute noch von afrikanischem Kino zu sprechen, ist falsch: Die meisten Filmemacher leben in Europa, haben in Moskau, Paris und Berlin studiert und sind von unterschiedlichsten Schulen und Einflüssen geprägt. Der Reichtum liegt in ihrer Vielfalt. Diese Vielfalt ist bei uns praktisch unbekannt, afrikanische Filme fristen im Weltkino eine marginalisierte Existenz.

Filmstill aus Un homme qui crie, zeigt einen Mann im Schwimmbad

Iffi

FM4 Homebase Spezial:
Nicht im Singular! Zur Vielfalt afrikanischen Filmschaffens

Reportagen vom Fespaco, Gespräche mit Filmemachern, Präsentation afrikanischer Filme, die in Innsbruck gezeigt werden, in einer Homebase Spezial am Mi, 25.5. ab 20:30 Uhr.

Das einzige Filmfestival in Österreich, das sich – wiederum ohne Anspruch auf Vollständigkeit - dieser Vielfalt widmet, ist das Internationale Filmfestival Innsbruck, das nächste Woche (31.5. – 5.6.) sein zwanzigjähriges Jubiläum feiert. Im Wettbewerb und in Anwesenheit des Regisseurs läuft unter anderem „Un homme qui cri“ von Mahamat-Saleh Haroun aus dem Tschad. „Un homme qui cri“ war seit 1998 („Kini et Adams“ von Idrissa Ouedraogo) der erste Film aus Afrika, der im Wettbewerb des Internationalen Filmfestivals in Cannes gelaufen ist. Und den großen Preis der Jury gewonnen hat.
In Österreich ist der Film nie gestartet.