Erstellt am: 24. 5. 2011 - 19:03 Uhr
"Es gibt gute Gründe für Studiengebühren"
Töchterles wichtigste Tehmen:
- Die Universitäten sind viel besser, als sie bisweilen dargestellt werden.
- Es geht nicht nur ums Geld.
- Ich wünsche mir eine hohe Wahlbeteiligung bei den ÖH-Wahlen.
Karlheinz Töchterle wünscht sich eine "konstruktive Studierendenschaft als Gesprächspartner und Bündnispartner." Ein Wunsch, der einem Wissenschaftsminister als - wie es in den letzten Jahren oft den Eindruck gemacht hat - natürlichem Feind der HochschülerInnenschaft schwer zu erfüllen sein wird. Vielleicht geht er deshalb schon jetzt auf die zukünftige Studierendenvertretung zu: "Ich wünsche mir ein kultiviertes und faires Austragen von Meinungsverschiedenheiten." Darüber, dass es zu Konflikten kommen wird, macht sich Töchterle aber auch keine Illusionen. Dennoch: "Man übersieht bisweilen, dass Studierende und Lehrende gemeinsam etwas voranbringen. Sie sind für mich also wichtige Partner." Er kann sich auch eine Art Jour Fixe, also ein regelmässiges Treffen mit der künftigen ÖH-Spitze vorstellen.
Bevor er Wissenschaftsminister wurde, war Töchterle Rektor der Universität Innsbruck. Damals hat er auch die Unibrennt-Bewegung unterstützt. War er stolz auf die Studierenden? "Stolz ist wahrscheinlich nicht der richtige Ausdruck. Was ich aber empfand, war ein tiefes Verständnis und eine gewisse Erleichterung, dass junge Menschen noch kritisches Potential haben und das auch abrufen." Über die Dauer der Besetzung und die der Uni entstehenden Kosten war er aber weniger erfreut.
Radio FM4
Wichtiges Thema für die Studierenden und mögliches Konfliktfeld mit der ÖH ist Töchterles Einstellung zu Studiengebühren: "Ich glaube, dass Studiengebühren sozial gerechter sind. Dann, wenn man diejenigen, die sozial bedürftig sind, mit einem Stipendiensystem unterstützt." Dann gebe es gute Gründe für Studiengebühren, die sich - inflationsangepasst - an jenen zwischen 2001 und 2008, also etwa 350 Euro pro Semester, orientieren könnten. Die Idee der Wirtschaftskammer für Gebühren, außer in technischen und naturwissenschaftlichen Studienrichtungen kommt beim Minister nicht so gut an: "Ich habe dazu noch keine dezidierte Meinung. Spontan denke ich dazu, dass man im Sinne einer kompletten Bildungslandschaft nicht differenzieren sollte."
ÖH-Wahl 2011 auf FM4
Von 24. bis 26. Mai können Österreichs Studierende ihre Interessensvertretung für die nächsten zwei Jahre wählen. Alle Informationen zum Wahlsystem und Interviews mit den SpitzenkandidatInnen findet ihr auf
Auf die Frage, wie denn der Bedarf von AkademikerInnen gestillt und Qualität der Ausbildung beibehalten werden soll, antwortet Töchterle etwas überraschend: "Es wird ja immer behauptet, wir müssten unsere Akademikerquote erhöhen. Da mag etwas richtiges dran sein, aber man muss sagen, dass wir trotz - oder vielleicht wegen - unserer niedrigen Akademikerquote offensichtlich sehr passable Wirtschaftsdaten haben. Wir haben eine sehr niedrige Arbeitslosenquote. Spanien etwa hat eine wesentlich höhere Akademikerquote." Und eine wesentlich höhere (Jugend)Arbeitslosigkeit. Trotzdem: Die Aussage könnte durchaus bildungsfeindlich interpretiert werden. Töchterle sagt weiter, dass man "jedem jungen Menschen, der akademisch gebildet sein möchte, das auch ermöglichen soll. So gut es geht. Da stoßen wir dann auf das Problem von Massenfächern." Hier sollte vermehrt durch bessere Studienberatung gesteuert werden, oder es wären "bei bestimmten Massenfächern doch Grenzen einzuziehen, um eine Betreuungsqualität, die noch erträglich ist, zu ermöglichen." Das klingt schon sehr desillusioniert.
Durchaus Verbesserungspotential sieht Karlheinz Töchterle bei der Umsetzung des Bologna-Prozesses: "Das, denke ich, könnten wir in Österreich zum Besseren wenden. Häufig ist es unsere eigene Regulierungswut gewesen, die das Studium zu sehr eingeengt hat. Da sehe ich durchaus Möglichkeiten, an der Position, an der ich jetzt sitze."
Die ÖH-Wahl auf FM4
Am Donnerstag berichtet Radio FM4 live vom Wahlabend in der ÖH-Zentrale. Schon jetzt eine ganz gute Nachricht: Es sieht so aus, als würde die Wahlbeteiligung bei der ÖH-Wahl 2011 höher als die etwa 25% von 2009 liegen. An manchen Unis mussten die Studierenden heute angeblich eine dreiviertel Stunde lang Schlange stehen, anderswo gibt es bereits nach dem ersten Halbtag eine Wahlbeteiligung von über 10 Prozent. Ob es daran liegt, dass Bundespräsident Heinz Fischer per Youtube-Video dazu aufgerufen hat, dieses demokratische Rechte wahrzunehmen?
Wissenschaftsminister Töchterle sieht eine möglichst hohe Wahlbeteiligung im FM4-Interview jedenfalls auch als sehr wichtig an.
Anhören könnt ihr euch den Mitschnitt des gesamten Gespräches hier:
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