Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Neuer Musketierblues und Bergerscher Elektrorock"

Andreas Gstettner-Brugger

Vertieft sich gern in elektronische Popmusik, Indiegeschrammel, gute Bücher und österreichische Musik.

21. 5. 2011 - 18:12

Neuer Musketierblues und Bergerscher Elektrorock

Eine FM4 Soundparknacht mit Aber Das Leben Lebt, The Helmut Bergers und vielem mehr.

Neuer Musketierblues und Bergerscher Elektrorock
Eine FM4 Soundparknacht mit Aber Das Leben Lebt, The Helmut Bergers und Vielem mehr.
Die Nacht der Österreichischen Musik bringt oft die unterschiedlichsten Menschen zusammen, wenn auch nicht unbedingt zur gleichen Zeit am gleichen Ort. Zumindest treffen in den fünf Stunden vom tiefsten Dunkel bis zum Sonnenaufgang die unterschiedlichsten Welten aufeinander. Wie sonst würde sich ein Spagat zwischen Helmut Berger, Thomas Bernhard, Blues und den drei Musketieren ausgehen?

Die vier Musketiere

Aber Das Leben Lebt präsentiern "New Musketeers" (erschienen auf Trost Records) am Dienstag 24. Mai live im Wiener Rhiz. Gast-DJ: Gustav. Und das alles bei freiem Eintritt!

Mit sakraler Anmut, einer wehmütig brummenden Stimme, die gleich an Nick Cave erinnert, begleitet von bleiernen Klavier- und Gitarrenakkordzerlegungen breiten Aber Das Leben Lebt mit dem Eröffnungsstück "Cathedral" einen schweren, roten Teppich aus, auf dem sie uns in ihrer neuen Klangwelt willkommen heißen. Auch wenn die im Chor gesungenen Zeilen I got nothing to offer, except my own confusion den Eindruck vermitteln, der Band um das Bruderpaar Martin und Wolfgang Wiesbauer und Florian Emerstorfer würde noch immer der Stempel "Todescountry" anheften, so belehren sie uns eines besseren, wenn der darauffolgende Song "99" im Refrain mit kecker Keyboardmelodie und munter beschwingtem Rhythmus in Richtung Pop schielt.

Aber Das Leben Lebt Bandfoto

Klaus Pichler

Einerseits liegt es wohl am neuen Mitglied, Schlagzeuger Ralph Wakolbinger, dass "New Musketeers" das zugänglichste Werk von Aber Das Leben Lebt geworden ist, andererseits beschreibt der erste Titel des Albums den Grund für den Paradigmenwechsel schon ganz gut. Schließlich geht es darin um den Zeitpunkt der totalen Erschöpfung und damit einhergehend der Unmöglichkeit, die Fassaden aufrecht zu erhalten. Etwas, was für die vier Musiker bisher unabdingbar war. Doch in den letzten zwei Jahren, in denen die neue Platte entstanden ist, scheint sich einiges geändert zu haben. Denn dieses Gefühl der Veränderung zieht sich auf textlicher Ebene wie ein roter Faden durch das neue Songmaterial, selbst wenn allen Beteiligten noch nicht klar ist, wohin die Reise geht.

Aber Das Leben Lebt Albumcover "New Musketeers"

Aber Das Leben Lebt

Musikalisch marschieren Aber Das Leben Lebt eindeutig in Richtung Reduktion, allerdings weg von der Dekonstruktion. Es wird auf Songstruktur statt Abstraktion gesetzt. Sogar eine charmante Leichtigkeit schleicht sich ein, wenn im Titeltrack von den neuen, tapferen Musketieren gesungen wird. Elektronische Einsprengsel mischen sich unter die famosen Lo-Fi-Gitarren-Riffs von "October", die an die frühen 1990iger erinnern und mit der wunderschönen Klavierlinie das Herz mit dem schon vergessen geglaubten Sehnsuchtsgefühl erfüllt. Die Vergangenheit wird jedoch nicht verleugnet, schließlich bleibt noch genug Platz für den Blues, die verletzte Seele, das vertraute Gefühl der Traurigkeit, wenn zu dem swingenden Takt von "Colder" das Akkordeon und die E-Gitarre harmonische Tränen vergießen. Mit "New Musketeers" sind Aber Das Leben Lebt über sich und ihr Sounduniversum hinausgewachsen, ohne zu vergessen, wo der Ursprung ihrer musikalischen Seele liegt. Wolfgang Wiesbauer und Ralph Wakolbinger schnallen sich ihre Degen um, satteln die Pferde, und entführen uns im Nebel der Nacht in ihre neue Welt. Man darf gespannt sein!

Salzburg - Manchester - und zurück

Für Überraschungen sind sie richtig gut, The Helmut Bergers. Nicht nur, dass man sich gleich über den ausgefallenen Namen wundert, auch das Cover ihrer Debütplatte "Sweet Sensation" gibt ein Rätsel auf.

The Helmut Bergers Albumcover "Sweet Sensations"

The Helmut Bergers

Denn diese etwas schmuddeligen Häuserzeilen stehen mit Sicherheit nicht in ihrer Heimatstadt Salzburg. Hört man sich die erste Nummer "All Your Dirty Dreamers" an wird schnell klar, dass die Referenz eindeutig auf die britischen Inseln weist. Zwischen all den digitalen Beats und Synthesizern schlägt nämlich laut das Brit-Pop-Herz von Sänger, Songschreiber und Mastermind Paul Konarski. Die markanten elektronischen Versatzstücke, die recht zeitgeistig daher kommen, erinnern streckenweise an die spannende Madchester-Zeit, den Ursprung so mancher Elektrorockbewegung des neuen Jahrtausends. Dazu kommt, dass Pauls Gesang sich Gallagher-scher Lässigkeit bedient, Spuren Tim Burgess-scher Zurückgelehntheit aufweist und dabei eine eigenständige Färbung aufweist, die so rein gar nichts mit der mozartesken Rocksubkultur auf sich hat.

The Helmut Bergers präsentieren ihr Debüt "Sweet Sensation" am 30. Mai im Wiener B72, gemeinsam mit der Band Fresco.

Im Rahmen der 5 Jahresfeier von Bernhard Moshammer Autor und Musiker Portraitfoto

Pati Kasprzycka

Neben Live-Mitschnitten vom Popfest 2011 hört ihr auch ein ausführliches Interview mit dem Musiker, Autor, Theaterschreiber und Produzenten Bernhard Moshammer, der nicht nur seine neue Solo-CD "L" mit ins Studio bringt, sondern auch sein zweites Buch, "Ein kurzer Roman über die Schrecklichkeit der Liebe", der nächste Woche hier noch ausführlich besprochen wird. In diesem Sinne wünsche ich Euch eine spannende, unterhaltende und schöne Nacht mit österreichischer Musik auf FM4.

Wer nicht (wie Moby) unter Schlaflosigkeit leidet oder ungern in der Nacht arbeitet, kann hier die Sendung online nachhören, ab Montag 23.05. Mittag eine Woche lang!

Fahrplan durch die Sendung: