Erstellt am: 21. 5. 2011 - 12:02 Uhr
Privatuni + ÖH = ?
Alle zwei Jahre wählen die Studierenden in diesem Land ihre Interessensvertretung. Die ÖH-Wahl bestimmt somit, welche Themen und Menschen die Zukunft der öffentlichen Universitäten bestimmen werden. Anders sieht das auf Österreichs Privatuniversitäten aus. Deren Studierende sind nämlich per HochschülerInnenschaftsgesetz von einer Mitgliedschaft in der ÖH ausgeschlossen.
Eine Privatuniversität ist eine Lehranstalt, für die ein Finanzierungsverbot vom Bund besteht. Derzeit trifft das auf 13 Unis in Österreich zu.
Gemeinsame Vergangenheit
Das war nicht immer so. Bis 2005 waren die Studierenden der Privatunis Teil der ÖH, eine Gesetzesnovelle änderte dies aber. Die Begründung für die Gesetzesänderung: "Die Studierenden der Privatuniversitäten haben kein Interesse an der Mitgliedschaft in der Österreichischen Hochschülerschaft. Daher sollen sie nicht mehr inkludiert sein."
Die neue Unabhängigkeit führte dazu, dass die Privatuniversitäten die Interessensvertretungen ihrer Studierenden so gestalten konnten, wie sie wollten. Denn Privatuniverstäten haben - anders als öffentliche - keine gesetzliche Grundlage. Rechte und Pflichten, wie sie für die öffentlichen Universitäten im HochschülerInnenschaftsgesetz und Universitätsgesetz festgehalten sind, existieren nicht. Unter den 13 derzeit anerkannten Privatunis sind somit alle denkbaren Arten der Studierendenvertretung zu finden.
Differenzierte Gegenwart
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So gibt es auf der Webster University zum Beispiel ein Student Council nach amerikanischem Vorbild. Das 15-köpfige Gremium wird jährlich gewählt. Zur Wahl stellen lassen kann sich jede/r, die/der will. Wahlgekämpft wird nur eine Woche. Und auch sonst scheint die Studierendenvertretung auf der Webster University (zumindest mit österreichischer) Politik nicht viel anfangen zu können, wie Anna von der Webster University erzählt: “Most of our students are from outside. I think we are too diverse in that sense to be following specific Austrian politics.”
Das Betätigungsfeld des Student Council ist breit gefächert. Neben Umfragen und Evaluationen unter den Studierenden, wird es auch bei strategischen und personellen Entscheidungen mit einbezogen. So wurde etwa der neue wissenschaftliche Leiter durch öffentliche Interviews ermittelt. „Professors, students, administration could come, interview the people and talk to the candidates. Then there was an evaluation form, where they could express their opinion. So it was a democratic process”, erzählt Isabell von der Webster University. Auch die Frage, wie der zukünftige Campus aussehen und in welche Richtung sich die Universität entwickeln soll, wurde größtenteils dem Student Council überlassen. Fraktionen oder politische Positionen sucht man beim Student Council vergebens. Dadurch verspricht man sich eine differenziertere und persönlichere Interessensvertretung, da man als Mitglied des Student Council seinen eigenen Standpunkt einbringen kann und sich nicht an Fraktionslinien halten muss.
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Ähnlich sieht es auf der Sigmund Freud Universität aus. Hier besteht die Studierendenvertretung aus neun Personen, die sich ebenfalls als unpolitisch im Sinne einer Ideologiezuschreibung sehen. Gewählt wird auf der Sigmund Freud Universität ebenfalls jährlich, was laut Studierendenvertreter Thomas besser ist als der Zwei-Jahres-Modus der ÖH. „So kann jeder Student und jede Studentin wählen und sich auch zur Wahl stellen. So gibt es auch keinen Zwang zwei Jahre in der Studierendenvertretung sitzen zu müssen, und es stellen sich mehr Leute zur Wahl“.
Abgesehen davon ist die Struktur der Interessensvertretung klassisch. Man hält sich an die Trias Rektorat, Unirat und Senat, wie sie auf öffentlichen Universitäten Standard ist. Im Senat der Sigmund Freud Universität sitzen drei der gewählten StudierendenvertreterInnen und können in akademischen Belangen mitreden; auch keine Neuheit verglichen mit den öffentlichen Universitäten.
Gemeinsame Zukunft?
So positiv es scheinen mag, sich eigene Statuten geben oder problemspezifisch handeln zu können ohne auf etwaige Fraktionsstrukturen oder den Überbau der ÖH achten zu müssen; einige StudierendenvertreterInnen der Privatuniverstäten scheinen die ÖH zu vermissen.
ÖH-Wahl 2011 auf FM4
Von 24. bis 26. Mai können Österreichs Studierende ihre Interessensvertretung für die nächsten zwei Jahre wählen. Alle Informationen zum Wahlsystem und Interviews mit den SpitzenkandidatInnen findet ihr auf
Denn seit längerem kämpft der „Verein zum Aufbau und zur Förderung einer bundesweiten Studierendenvertretung der Privatuniversitäten“ dafür, die Privatunis wieder in die ÖH einzugliedern. Die speziellen Vertretungsstrukturen der Privatunis sollen dabei nicht geändert werden. Es gehe vor allem darum, die Privatunis am Qualitätssicherungsprozess der ÖH teilhaben zu lassen. Am besten durch die Schaffung einer bundesweit agierenden und im HochschülerInnenschaftsgesetz verankerten Studierendenvertretung, wie sie die Fachhochschulen bereits praktizieren. Somit könnten die Studierenden auf Privatuniversitäten nicht nur ihre spezifischen Strukturen beibehalten, sondern auch von den Vorteilen der ÖH, wie gesetzlichen Rahmenbedingungen oder Serviceangeboten wie Rechtsschutz, Versicherungen oder SchuldnerInnenberatung, profitieren.