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Christoph Kobza

Man of simple pleasures: festivals, frinks & feuilleton.

13. 5. 2011 - 14:05

AktionsGemeinschaft - AG

Die ÖH-Wahlen 2011: Ein Interview mit Bernhard Krall, Spitzenkandidat der AktionsGemeinschaft.

Von 24. bis 26. Mai können Österreichs Studierende ihre Interessensvertretung für die nächsten zwei Jahre wählen.

Wir stellen euch eine Woche lang die Spitzenkandidaten und Spitzenkandidatinnen der vergangene Wahl in die Bundesvertretung gewählten Fraktionen vor.

Heute: Bernhard Krall, Spitzenkandidat der AktionsGemeinschaft (AG).

Bernhard Krall

Spitzenkandidat AG / Öh-Wahl 2011

fm4

  • Spitzenkandidat der AG bei den ÖH-Wahlen 2011
  • 25 Jahre alt
  • kommt aus Vorarlberg
  • studiert Politikwissenschaft und Rechtswissenschaft in Wien

Warum bist du gerade bei der AktionsGemeinschaft?

Weil die AktionsGemeinschaft die einzige Fraktion ist, die das Wohl der Studierenden in den Mittelpunkt stellt. Und zwar bezogen auf ihre Eigenschaft als Student. Das soll heißen, dass man sich vor allem mit den Problemen beschäftigt, die der Student an der Universität in seinem Studium hat. Und nicht mit all jenen Problemen die Studenten zwar auch tangieren, weil sie jeden tangieren in dieser Republik. Diese Themen sollen außen vor bleiben und keine Spaltung der ÖH bewirken, denn damit ist den Studierenden nicht gedient. Genau darauf konzentriert sich die Aktionsgemeinschaft und genau das war mir das wesentliche Anliegen warum ich mich bei der AG engagiert habe.

Die AktionsGemeinschaft ist eine Fraktion mit politischem Background, einer Mutterpartei. Wie stark kannst du dich mit dieser, in deinem Fall die ÖVP, identifizieren?

Ganz wesentlich ist, dass die AG keine Mutterpartei hat. Die AG hat eine bestimmte Nähe zur ÖVP, begründet dadurch, dass wir manchmal ähnliche Positionen haben. In vielen Fällen sind wir aber ganz unterschiedlicher Meinung. Sei es die Finanzierung der Universitäten oder die Kürzung der Familienbeihilfe. In all diesen Punkten sind wir völlig überquer mit der ÖVP. Das heißt, die AG ist eine Fraktion die vollkommen unabhängig ihre Inhalte und Positionen bestimmt. Diese orientieren sich am Wohl der Studierenden und werden auch so vertreten, ohne Wenn und Aber.

Was ist deiner Meinung nach die Hauptaufgabe der Österreichischen HochschülerInnenschaft?

Je nach Ebene ist die Hauptaufgabe der ÖH ein wenig unterschiedlich, aber nehmen wir die Bundesvertretung: deren Aufgabe ist es für gute Rahmenbedingungen an den Universitäten zu sorgen.

Auf eurer Homepage steht: „Die AktionsGemeinschaft steht für eine neue ÖH, die die Interessen der Studierenden in den Mittelpunkt stellt“, Wie war es denn bis jetzt? Wenn nicht die Interessen der Studierenden zentral waren, hätte sich die AG nicht dafür einsetzen können?

Bis jetzt standen vielfach gesellschaftspolitische und allgemeinpolitische Anliegen im Mittelpunkt der ÖH, die sich fernab jedes universitären Alltags der Studierenden befinden. Wie zum Beispiel Eingriffe ins Fremdenrecht, Meinungen zur Steuerverteilung in Österreich, oder auch Meinungen zu den vielzitierten Kokabauern in Kolumbien, etc. Das hat nichts in der ÖH-Bundesvertretung verloren. Die ÖH-Bundesvertretung hat zu artikulieren was wir Studierende benötigen und diese Mittel auch mit aller Vehemenz einzufordern.

Bei wissenschaftspoltischen Entscheidungen und bei den letzten großen Protesten hatte man den Eindruck, die ÖH hat nur beschränkten Einfluss. Falls es den gibt, wie groß ist er?

Der hängt davon ab, wie stark ihre Positionen Reflexion in der Studentenschaft finden. Er ist auch abhängig davon wie sehr die ÖH es vermag, den verschiedenen Institutionen, den Ministerien, den diversen anderen Interessensverbänden, die es im Land gibt, zu vermitteln, dass diese Positionen auch wichtig sind und tatsächlich im Interesse des Landes liegen. Zurzeit ist der Einfluss marginal, da sich die Positionen der ÖH nicht decken und niemand wirklich den Nutzen aus diesen Positionen erkennen kann, in der Art wie sie vorgetragen werden. Das liegt auch an der öffentlichen Wahrnehmung der ÖH, die sehr destruktiv und beinahe vandalistisch aussieht, wenn man sich an die Audimax-Besetzung erinnert. Die hat am Ende des Tages 1,4 Millionen Euro gekostet und wurde nach wie vor auch mit zusätzlichen finanziellen Mitteln von der ÖH unterstützt. Der Einfluss der ÖH muss gesteigert werden. Das geht vor allem, indem man auch wieder ein Bild von Studierenden und ihren Vertretern vermittelt, das Anklang in der Gesellschaft findet und das nicht von vorn herein auf Konfrontation ausgelegt ist.

Kommen wir zum Programm der AktionsGemeinschaft: Welche sind darin die drei wichtigsten Punkte?

Die drei größten Forderungen der AG (abgesehen von mehr Geld für die Unis):

  • faires Zugangsmanagement in Massenstudien
  • leistungsfördernde Stipendien
  • Anerkennung des Bachelors und gehaltsmäßige Anpassung an andere Abschlüsse

Erstens fordern wir einen Zugang der fair ist, der auf gerechten Regeln basiert und der auch auf faire Art und Wiese von der Universität umgesetzt wird. Das wird ganz gut beschrieben mit dem Wort „faires Zugangsmanagement“. Das soll heißen, dass in jenen Studienrichtungen, die überlaufen sind, ein Aufnahmeverfahren vorgesehen wird, das sich an den Kapazitäten orientiert um den Studierenden endlich ein akzeptables Studium zu ermöglichen. Wichtig dabei ist uns, das ist eine kurz- und mittelfristige Maßnahme, die soll nicht auf Dauer angelegt sein. Und die soll ganz besonders nicht dazu dienen Studierende bzw. studienwillige Personen davon abzuhalten ein Hochschulstudium zu beginnen.

Zweitens arbeiten derzeit über 60% der Studierenden, um sich ihr Studium finanzieren zu können. Dadurch geschieht vor allem eines: die Leistung des Studiums sinkt und die Studiendauer erhöht sich gleichzeitig. Daher fordert die Aktionsgemeinschaft leistungsfördernde Stipendien und Beihilfen für all jene, die es sich nicht ohne nebenher arbeiten zu gehen leisten können ein Studium durchzuziehen.

Drittens schließen einige Studierende bereits mit dem Bachelor ab und betrachten damit ihr Studium vorläufig als beendet. Dieser Titel wird in Österreich, nachdem er vor über 10 Jahren von der Bundesregierung eingeführt wurde, nach wie vor nicht anerkannt im öffentlichen Dienst. Die Bezahlung ist da jene eines Maturanten. Dieser Titel muss endlich von der Bundesregierung als akademischer Titel anerkannt werden. Gleichzeitig sollte die Bundesregierung auch Maßnahmen ergreifen um diesen Titel in der Privatwirtschaft akzeptierter zu machen.<<

Bleiben wir einmal beim ersten Punkt den du angesprochen hast, zum „fairen Zugangsmanagement“ wie ihr es nennt. Ist das nicht ein Widerspruch in sich?

Nein, denn derzeit geschieht die Selektion auf viele verschiedene Arten, die eigentlich alle an den sozialen Background der Studierenden geknüpft sind. An vielen Universitäten, an denen die Kapazitäten knapp sind, sieht sich die Universitätsleitung gezwungen, die Studierenden raus zu prüfen. Dadurch kommen Knock-out Prüfungen zu Stande, die ganz bestimmt nicht dem Kriterium "fair" entsprechen. Daher soll zu Beginn des Studiums bzw. vorgelagert eine ein- bis zweiwöchige Phase stehen, in der die Studienwerber ihre Qualitäten unter Beweis stellen können. Das soll in den Lehrveranstaltungen evaluiert werden, das soll durch kleinere Tests etc. geschehen. Das soll allerdings auch die Motivation einbeziehen dieses Studium tatsächlich zu betreiben. Und das soll auch andere Persönlichkeitsmerkmale in Betracht ziehen, so dass für die Entscheidung, ob jemand in ein solches Studium aufgenommen wird, ein umfassendes Persönlichkeitsbild entsteht, dass die Eignung bestmöglich abbildet. Und wenn man sich sämtliche europäische Länder ansieht, dann sieht man dass Österreich das einzige Land ist, das das nicht tut.

Die AG bei den ÖH-Wahlen 2009

Aktionsgemeinschaft

Aktionsgemeinschaft

In der aktuellen Bundesvertretung stellt die AG 22 von 85 Mandaten.
Das beste Ergebnis hatte die AG bei der Wahl 2009 an der Medizinuniversität Innsbruck mit 88,5 %.

Wie steht ihr dann zur Studieneingangsphase?

Wie sie derzeit konzipiert ist finde ich sie schlicht ungenügend, weil dadurch die Probleme nicht beseitigt wurden. Die Studierenden werden in ein System gequetscht das vielfach dazu dient auszuselektieren. Das ist in vielen Fällen nicht notwendig, dennoch wurde in einigen Studienrichtungen eine Studieneingangsphase eingeführt. In diesen Studieneingangsphasen finden wir die Studierenden wieder in furchtbaren Studienbedingungen, wo sie am Boden sitzen müssen oder vielleicht noch nicht einmal nach vorne zum Lehrenden sehen. Auf dieser Grundlage soll die Auswahl geschehen, und das kann einfach nicht sein.

Der dritte Punkt, den du angesprochen hast, ist die Aufwertung des Bachelors. Wie wollt ihr die erreichen?

Die öffentliche Debatte ist bereits im Gange. Die vorherige Wissenschaftsministerin hat sich auch ganz dezidiert dafür ausgesprochen, dass das umgesetzt wird. Sinn der Sache ist es in der öffentlichen Debatte soweit Position zu beziehen und Überzeugungsarbeit zu leisten, dass die Bachelor-Absolventen auch tatsächlich als Akademiker gelten. Dazu bedarf es Kampagnen und harter Verhandlungen, denn dem stehen natürlich auch budgetäre Interessen der Regierung entgegen. Diese Verhandlungen müssen geführt werden und dieses Thema muss definitiv ganz oben auf der Agenda der ÖH stehen. Denn es kann nicht sein, dass wir Absolventen in die Welt entlassen, die dann nicht als solche gelten. Das ist auch fragwürdig, da in vielen Fällen die Bachelor-Studienpläne gegenüber den früheren Diplomstudien nur unwesentlich verringert wurden. Lediglich die Studiendauer wurde zusammengestaucht.

Was ist deiner Meinung nach, abgesehen von Geldmangel, das größte Problem der österreichischen Universitäten und wie könnte man es lösen?

Wenn ich jetzt eines der vielen rausgreifen muss, dann würde ich es definieren als eine Lehrendenschaft, die sich nicht primär als Lehrende versteht und die die Lehrtätigkeit auch nicht als zentrale Aufgabe betrachtet, sondern vor allem als lästigen Anhang. Die Lehre an Österreichs Unis ist in vielen Fällen zweitrangig und auch von zweitrangiger Qualität. Es gilt die Lehre zu fördern und auch die Vortragenden didaktisch zu schulen. So soll sichergestellt werden, dass die Studierenden tatsächlich das bekommen was sie brauchen, um den Stoff bestmöglich verstehen und verarbeiten zu können.

Die ÖH-Wahlen 2011 auf FM4

Von 24. bis 26. Mai können Österreichs Studierende ihre Interessensvertretung für die nächsten zwei Jahre wählen.

Wir stellen euch eine Woche lang die Spitzenkandidaten und Spitzenkandidatinnen der Fraktionen der aktuellen Bundesvertretung vor.

Wie steht die AktionsGemeinschaft zu Studiengebühren?

Studiengebühren lehnen wir derzeit ab.

Derzeit heißt bis zur Wahl? Und dann?

Nein. Derzeit sehen wir alle Probleme darauf konzentriert, die Universitäten zu finanzieren, so dass topqualitative Lehre und topqualitative Studien möglich sind. Dazu müssen erst die Stipendien sozialgerecht ausgebaut sein. Danach kann man sich unter Umständen vorstellen, über Studiengebühren zu sprechen. Nur es ist ganz bestimmt keine Forderung der AktionsGemeinschaft Studiengebühren an den Universitäten einzuführen.

Wie steht die AktionsGemeinschaft zur Studienplatzfinanzierung?

Das ist grundsätzlich ein grundvernünftiger Ansatz. Denn es ist schlicht unmöglich, einer unbegrenzten Anzahl von Studierenden mit einem gewissen Mittel ein gutes Studium zu ermöglichen.

Was hältst du vom neuen Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle?

Der derzeitige Wissenschaftsminister ist noch nicht mit vielen Dingen in Erscheinung getreten. Man wird ihn an seinen Taten messen. Sehr positiv aufgefallen ist uns, dass sich die Forderungen der AktionsGemeinschaft nach einem fairen Zugangsmanagement in Ansätzen mit denen des Wissenschaftsministers decken. Wie das genau umgesetzt wird und was er da vorschlägt, darauf sind wir schon sehr gespannt und hoffen, dass es unseren Kriterien eines fairen Zugangsmanagements entspricht.

Was war die letzte Prüfung, bei der du durchgefallen bist?

Das war Steuerrecht.