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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

10. 5. 2011 - 23:00

Fußball-Journal '11-37.

Hallo Europa, hallo Bert! Ein Blick voraus (und einer zurück).

Bundesliga, Meisterschaft und der Cup, der ÖFB und das Nationalteam, das europäische Geschäft, der Nachwuchs und die vielen Irrsinnigkeiten im Umfeld: Das Fußball-Journal '11 begleitet nach dem Jahr 2010 auch 2011 wieder ungeschönt und ohne Rücksichtnahme auf Skandalisierungen und Stillhalte-Abkommen, die den heimischen Fußball-Journalismus so mutlos daherkommen lassen.

Heute mit einem ersten Blick in die Europacup-Saison 2011/12. Und dem Hinweis auf das Werk von Bert Kassies.

In Österreich wird heute, in einer Woche ohne Champions/Euro-League-Tätigkeit Meisterschaft gespielt.
In der Schweiz, die einen ähnlich gedrängten Schedule hat, ebenso. Aber auch in Polen und der Slowakei, in Spanien, in Frankreich und Schottland hat man eine englische Woche. In England selber steht ein Nachtragsspiel an, in Italien das Cup-Halbfinale, in Russland und der Ukraine auch, in Serbien gar das Finale.

In Holland und Belgien, aber auch in Griechenland ist das relativ neue, teils unnötig komplizierte Play-Off für die Qualifikation für Europa im Laufen.

An Tagen wie diesen, wo die großen Meisterschaften knapp vor dem Ende stehen und die kleineren, nicht so gut geplanten noch vier oder fünf Runden vor sich haben, an Tagen wie diesen, wo auch von nationalen Cups die Rede ist, steuere ich ganz zwangsläufig eine der wichtigsten Website überhaupt an. Ich komme monatelang ohne sie aus, aber immer dann, wenn es gegen Saisonende geht und immer dann, wenn im Hochsommer die europäische Saison losgeht, geht ohne sie gar nichts.

Nein, ich meine nicht die durchaus aktive und oberflächlich sehr brauchbare offizielle UEFA-Site, und ihre Subsites zu Champions League oder Europa League: die haben bunte Bilder, die offiziellen Statistiken, wie etwa die offiziellen Kader (wenn auch oft zu spät) und Livertickerei und vieles anderes mehr.

The European Cup according to Bert Kassies

Aber die beste gebündelte Statistik und das immer aktuellste Update hat ein einzelner Holländer namens Bert Kassies ein System-Designer im National Aerospace Laboratory irgendwo in der niederländischen Provinz. Hin und wieder, schreibt er in trockenem Understatement, würde er ein paar Statistiken den Europacup betreffend kalkulieren und habe da ein paar Besucher.

Nun, sein letztes Update ist von heute und Besucher hat er jede Menge - weil seine Seite UEFA European Cup Football. Results and Qualification schlicht und einfach alle Stückln spielt.
Ein schöner Beleg dafür, wie eine Fan-Site die viel zu vorsichtige offizielle Variante klar in die Tasche steckt.
Bert hat die Access-Listen für 2011/12 seit Monaten fertig, aktualisiert den Stand der Qualifikation an entscheidenden Tagen wie diesen täglich und hat bereits provisorische Setzlisten fertig. Von den Landes und den Vereins-Koeffizienten, die in dieser Dichte sonst nirgendwo veröffentlicht werden, gar nicht erst zu reden.

Und bleibt in allem deutlich kompetenter, als die oft wenig auskennerischen Bekanntgaben von nationalen Verbänden und Ligen.
Klar hat auch der deutsche Kicker eine tolle Meisterschafts-Übersicht und auch eine schöne für die nationalen Cupbewerbe. Was das aber für den europäischen Wettbewerb bedeutet, dröselt niemand so klar auf, wie der holländische Weltraumtechniker.

PingPong zwischen Cup- und Meisterschafts-Finale

Berts intelligente und praktikabel anwendbare Datenflut zeigt sehr schön, wie momentan die Spekulationen zwischen Meisterschafts-Ausgang und den vielerort nicht abgeschlossenen Cup-Bewerben PingPong spielen.
Ähnlich wie in Österreich ja auch.

Wenn etwa Man City das englische Cupfinale gewinnt, dann werden wir wohl Liverpool und Tottenham in der Euro League sehen - wenn nicht, dann nur einen der beiden. Und der aktuelle Palermo-Sieg über Milan im italienischen Cup-Semifinale mindert die Chancen von Juventus nach Europa zu kommen, gewaltig.
Dass Lille, PSG, OL und OM für Frankreich spielen werden ist klar - wer allerdings wie und wo, liegt noch völlig im Dunkeln.
Frankreich ist aktuell neben England der einzige Verband der dem Gewinner seines Ligacup einen El-Startplatz gibt - für Schottland geht sich das aktuell nicht aus (zu wenig Starter für Europa) und in Portugal
Der Blick nach Rumänien offenbart, dass nach den Neureichen der letzten zwei Jahren (Cluj und Vaslui) mit Galati und Timisoara jetzt wieder zwei mit Oligarchengeld gepushte Vereine in die Champions League einreiten - im Gegensatz zu Russland oder der Ukraine, wo sich die Nomenklatura schon fix eingespielt hat.

Der Blick voraus im Blick zurück

Im übrigen lässt sich mit diesem ausführlichen Blick auf die europäischen Ligen, den Kassies entweder selber wirft oder per Link ermöglicht, das, was man in der heimischen Meisterschaft oder im Cup sieht, trefflich relativieren. Klar ist es durchaus keine Sensation, wenn dort ein Zweitligist gegen, sagen wir, die Nummer 5 steht. Siehe Deutschland. In den europäischen Top Ten ist das aber trotzdem tendenziell die Ausnahme. Dort nimmt man den Cup also merkbar wichtiger. Was ja auch schlau ist, zumal er den Weg nach Europa ebenso ebnet. Und gerade wenn es sich, wie in Österreich, so ergibt, dass 5 Teams um vier internationale Plätze spielen, ist der Cupsieg vielleicht die effektivste Strategie.

Außerdem hat mich Kassies Übersicht zu einem Gedankenspiel verleitet, dass die (in der Vergangenheit stark kritisierte) Gegenwart mit der (im Wissen um die Gegenwart nur von Idioten verklärte) Vergangenheit vergleicht.

Wie würde das aussehen, würde es die drei alten europäischen Cup-Bewerbe noch geben: den Meistercup mit den Meistern, den Cupsiegercup mit den Cupsiegern und den UEFA-Cup mit den Zweiten und Dritten (bzw. Vierten).
Die Teilnehmerlisten für 2011/12 würden (mit Stand heute) so lauten:

Meistercup

Manchester United, FC Barcelona, FC Porto, AC Milan, Shaktar Donezk, Olympique Marseille, Zenit St. Petersburg, Glasgow Rangers, Ajax Amsterdam, FC Kopenhagen, Olympiakos, Fenerbahce, FC Basel, Sparta Prag, Borussia Dortmund, Dinamo Zagrab, Rosenborg Trondheim, Partizan Belgrad, RC Genk, Levski Sofia, Maccabi Haifa, Slovan Bratislava, Malmö FF, Wisla Krakau...

Cupsiegercup

Real Madrid, Inter Mailand, ZSKA Moskau, Schalke 04, Dinamo Kiev, Paris SG, Manchester City, Twente Enschede, Celtic Glasgow, Standard Liege, AEK Athen, Dinamo Bucharest, Slavia Prag, Besiktas, Guimares, Hapoel Tel Aviv, CSKA Sofia, Sion, Helsingborg, Vojvodina Novi Sad, Lech Posen...

UEFA-Cup

Chelsea, Bayern München, Arsenal, Olympique Lyon, Valencia, AS Roma, Benfica Lissabon, Villareal, PSV Eindhoven, Braga, Panathinaikos, Leverkusen, Spartak Moskau, AZ Alkmaar, Anderlecht, Lille, Rubin Kasan, FC Brügge, Napoli, FC Zürich, Trabszonspor, PAOK Saloniki, Odense, Bröndby, YB Bern, Dundee, Hearts of Midlothian, Roter Stern Belgrad, Hajduk Split...

Drei durchaus attraktive Bewerbe (und ich musste da gar nicht viel Wunschdenken reintragen), die schon im Achtelfinale praktisch nur noch Hits bereithalten. Natürlich ist das im Vergleich zu der gesicherten Gruppenphase mit jeweils sechs garantierten Spielen steinzeitliche Nostalgie. Für die ich auch nur Hohn und Spott über habe.
Komisch, dass mich eine an sich trockene Site wie die von Bert Kassies genau dazu anspornt...