Erstellt am: 7. 5. 2011 - 15:22 Uhr
Goodbye, GEE
Sie war und ist eine kleine Offenbarung für alle, die in Videospielen mehr sehen als eine zweifelhafte Beschäftigung für Kinder oder einen netten Partygag für zwischendurch. Das Magazin GEE ist im Herbst 2003 als Botschafter der Videospielkultur gestartet und hat sich von Anfang an gegen die Konventionen des Games-Journalismus gestemmt. Statt geradliniger Produktbesprechungen gab es persönlich geschriebene Reportagen, Kolumnen und Fotostrecken. Nach 60 Ausgaben ist mit der GEE nun aber Schluss, zumindest in der bisherigen Form.
Das etwas andere Spieleheft
Die GEE startet im Herbst 2003 als Experiment bei einem kleinen Hamburger Verlag. Der Name steht damals noch für "Games, Entertainment, Education".
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Videospielkultur wird hier weiter gefasst und als gleichwertiger Teil eines großen popkulturellen Ganzen gesehen. Es geht darum, was Spielemacher, Spielerinnen und Spieler antreibt, warum Games uns faszinieren, wer, wann wo wie und warum welche Spiele spielt und was sie mit uns anstellen.
Leserinnen und Leser, die von herkömmlichen Videospielmagazinen schon länger gelangweilt sind, nehmen das innovative Konzept schnell begeistert auf. Die GEE will auch Brücken schlagen zu anderen Kulturformen und Szenen wie Mode, Design, Musik und Film. Doch dieses Disziplin-übergreifende Interesse wird aus Sicht der anderen selten geteilt. Bis heute können sich kaum Anzeigenkunden außerhalb der Games-Industrie für ein Spielkulturmagazin begeistern. Dieser Umstand ist dem wirtschaftlichen Überleben der GEE letztlich zum Verhängnis geworden, sagt der ehemalige Chefredakteur Heiko Gogolin im Gespräch mit FM4.
Weiterlesen: Bereits anlässlich des fünften Geburtstages von GEE hat FM4 im Herbst 2008 den Chefredakteur zum Interview gebeten.
Stabile Verkaufszahlen
Die GEE hat am deutschsprachigen Spielemagazinmarkt erfolgreich eine Nische belegt. Mit rund 20.000 verkauften Einheiten pro Monat hatte das Magazin über die Jahre hinweg stabile Verkaufszahlen. Doch über ihre Kernzielgruppe hat sich die GEE nie behaupten können. So entstand eine unflexible Geschäftssituation, wo man jeden Monat auf eine Mindestzahl an Anzeigenkunden aus der Spieleindustrie angewiesen war.
Man war einer Industrie ausgeliefert, die es gewohnt ist, auf eine allzu brave Fachpresse Druck auszuüben und ihre Interessen durchzusetzen - mit Einladungen, Exklusivgeschichten und Liebesentzug bei zu kritischer Berichterstattung. Auch die GEE hat das schnell bemerkt und musste ihr anfängliches Wertungssystem nach einigen Ausgaben komplett entfernen. So konnten die Spieletests im Vergleich mit den Wertungsüblichkeiten der anderen Hefte (Durchschnittsnote 75%) nicht mehr unangenehm auffallen.
Qualitätsjournalismus
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Neben der ungewöhnlichen Blattlinie waren auch ein aufwändiger Druck und ein schickes Layout wichtige Bestandteile der Magazinphilosophie, ebenso wie gewissenhaft redigierte Texte und ein hohes stilistisches Niveau.
Ohne diese Merkmale hätte die enge Bindung der treuen und vor allem anspruchsvollen Leserschaft nicht über sieben Jahre lang gehalten. Trotz vorläufigem Ende der GEE gibt die Redaktion nicht auf. Ende Juni startet man mit einer neuen, für iPad und Android-Tablets entwickelten Version des Magazins. Die Inhalte des digitalen Hefts werden exklusiv erstellt und sollen später in zwei bis drei gedruckten Sonderausgaben pro Jahr wiederverwertet werden. Apropos Sonderausgabe: Als gebührender Abschluss der Printära ist seit einigen Tagen noch eine gedruckte Best-Of-Ausgabe der GEE mit über 130 Seiten im Handel erhältlich.