Erstellt am: 7. 5. 2011 - 19:00 Uhr
Die FM4 Charts vom 7. 5.
In den Nachwehen der größten Rezession seit der großen Wirtschaftskrise von 1929/30 scheinen die Lehren dieser Entwicklung an vielen Verfechtern der Religion der unsichtbaren Hand spurlos vorüber gegangen zu sein.
Der „Konsens von Washington“, der seit dem zweiten Weltkrieg (und noch viel früher) möglichst deregulierte Märkte zur Heilslehre erkor, ein Umstand, der zu hohen Profiten Weniger auf Kosten des Lebensstandards von Vielen führte, ist zwar noch in Amt und Würden (und Obamas Antworten an die Wall-Street bestätigen das) – dennoch regt sich in der Ökonomie eine neue Welle der Wissenschaftlichkeit, um diese Scheinlehren zu hinterfragen.
Von den US-Starökonomen Krugman und Stiglitz (Ex-Chefökonom der Weltbank), die sich mittlerweile sogar trauen, öffentlich das böse Wort „Marktversagen“ in den Mund zu nehmen, bis zum Neoliberalismus-Kritiker Noam Chomsky, der in seinem Buch „Profit Over People“ anschaulich die Geschichte dieses Konsens von Washington und seiner Folgen, vom Wegputschen einer demokratischen Regierung in Chile bis zum durchgeplanten Ausbluten Brasiliens skizziert – im Namen des Gottes der freien und vom Staat unbehelligten Märkte.
Denn nur der völlig freie und ungestörte Markt bringt, so die Heilslehre, Segnungen für die breite Bevölkerung.
Die Wahrheit ist freilich eine andere, wie Chomsky ausführt:
Buch: „Profit Over People – War Against People“, Noam Chomsky, 4.Auflage 2010, Piper Verlag
Ein anderes Beispiel ist Mexiko. Es wurde als Musterschüler gepriesen, der die Regeln des Konsens von Washington beherzige und ein Modellfall für andere Länder sei – als die Löhne in den Keller fielen, die Armut fast so schnell wuchs wie die Zahl der Milliardäre, Auslandskapital ins Land strömte (das zumeist spekulativer Natur war oder zur Ausbeutung billiger Arbeitskräfte unter Kontrolle der brutalen „Demokratie“ diente) und all die anderen vertrauten Begleiterscheinungen auftraten, die man von solchen „Wirtschaftswundern“ her kennt. Vertraut mutet auch der Ausgang des Experiments an: der Zusammensturz des Kartenhauses im Dezember 1994. Zu den Folgen gehört, dass heute 50 Prozent der Bevölkerung nicht in der Lage sind, sich mit dem notwendigsten Minimum an Lebensmitteln zu versorgen, während der Mann, der den Getreidemarkt beherrscht, weiterhin auf der Liste von Mexikos Milliardären steht, immerhin eine Kategorie, in der das Land einen der vorderen Plätz einnimmt.
Anders sieht Chomsky die Lage in Ostasien, gerade in Ländern wie Südkorea, die sehr lange einen durchaus staats-intensiven und regulierten Kurs fahren konnten:
Dadurch wurde die Religion der freien Marktwirtschaft verlassen, und an ihre Stelle traten interventionistische Maßnahmen, die den Technologietransfer anheizen sowie im Zusammenhang mit Planung und Koordination industrieller Entwicklung für relative Gleichheit und ein allgemeines Bildungs- und Gesundheitssystem sorgen sollten.
Dennoch geht die Mehrzahl der entwickelten Länder den gegenteiligen Weg und gerade in den USA ist aufgrund des massiven politischen Drucks der Finanzlobbys, die bei der kommenden Wahl auch den Großteil der Wahlkampfkosten übernehmen werden, keine Kursänderung zu erwarten.
Oder wie es Paul Kruman ausdrückt:
„Gewöhnlich wird behauptet, dass schlechte Ideen so viel Erfolg haben, weil sie im Interesse mächtiger Gruppierungen liegen. So etwas geschieht ohne Zweifel“.
Die FM4-Charts vom 7.5.2011
the naked and the famous
Zu den Charts
Bibio wursteln sich diesmal von Platz 6 auf 3 - mit "Take Off Your Shirt".
Platz 2 geht, wie in der Vorwoche, an Justice und "Civilisation".
Und die neue, alte, Nummer 1 von FM4 kommt von The Naked & Famous und heißt "Young Blood".