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Barbara Köppel

Durch den Dschungel auf die Bühne des Lebens.

4. 5. 2011 - 14:15

Studieren will gelernt sein

60 Prozent aller StudienanfängerInnen wählen nur 10 Prozent der angebotenen Studienrichtungen. Die Studienwahlberatung der ÖH informiert MaturantInnen über ihre Möglichkeiten.

Seit dem Schuljahr 2009/10 ist Berufsorientierung in den Lehrplänen der österreichischen AHS und BHS verpflichtend. In der 7. und 8. Schulstufe müssen die SchülerInnen in einem Ausmaß von mindestens 30 Unterrichtseinheiten über Möglichkeiten der Weiterbildung informiert werden. Für eine Entscheidung, die den Rest eines jungen Lebens bestimmt, ist das zwar nicht nichts, aber auch nicht besonders viel.
Zudem kommt, dass die Gestaltung dieser Berufsorientierung den einzelnen Schulen überlassen bleibt. Ein eigenes Fach wird dafür also nur selten eingerichtet, meistens erhalten die SchülerInnen Informationen integrativ in anderen Gegenständen oder als Projektunterricht. Im schlimmsten Fall beschränkt sich das Angebot aber auf ein paar Broschüren oder einen Besuch auf der BEST-Messe.

Weitere Informationen zu schulischer Bildungs- und Berufsberatung finden sich auf der Website des BMUKK.

Abhilfe soll das Programm "Studienchecker" schaffen, das Unterrichtsministerin Claudia Schmied 2008 implementiert hat. Der Studienchecker ist eine Art Selbsttest, das heißt mit Hilfe von psychologischen Interessensfragebögen, Infomaterial und begleitenden Gesprächen mit LehrerInnen, Eltern und BildungsberaterInnen soll den SchülerInnen bei der Entscheidung über ihre berufliche Zukunft geholfen werden. Bis zum Schuljahr 2014/15 soll jede AHS und BHS den Studienchecker fix im Programm haben.

Studenten in gespannter Erwarung im Hörsaal 1 TU Wien.

hunTU

Hörsaal statt Klassenzimmer

All jene, die studieren wollen, sind aber nach wie vor auf die Arbeit der Österreichischen HochschülerInnenschaft angewiesen, die dem Schulsystem bei der Studienwahlberatung seit Jahren unter die Arme greift.

Letzten Herbst hat die ÖH gemeinsam mit dem Unterrichts- und dem Wissenschaftsministerium ein System vorgestellt, das langfristig nicht nur für eine höhere AkademikerInnenquote sorgen, sondern auch der Tendenz der Massenstudien entgegenwirken könnte. Die Studienwahlberatung ist im Übrigen der einzige Punkt, auf den sich die ÖH-Bundesvertretung mit Ex-Wissenschaftsministerin Beatrix Karl einigen konnte. Von Studierenden für zukünftige Studierende, lautet das einhellige Motto. Für Noch-ÖH-Vorsitzende Sigrid Maurer der einzig logische Schritt:

Sigrid Maurer

APA/HERBERT NEUBAUER

Sigrid Maurer

"Die zentrale Leistung bei der Studienwahlberatung kann niemand anderer außer den Studierenden und somit der ÖH erbringen. Wir sind jung, wir sind selbst alle an der Universität, und wir haben noch einen Bezug zu dem, was dort passiert. Deswegen ist es wichtig, dass die SchülerInnen direkten Kontakt zu den Studierenden haben, um eine realistische und objektive Einschätzung der Situation zu erhalten."

Das Angebot der ÖH stützt sich auf drei Säulen:

Die klassische MaturantInnen-Beratung schickt Studierende direkt in die Klassenzimmer, um den SchülerInnen persönlich von den ersten Schritten auf der Uni, möglichen Berufsbildern und realistischen Erwartungen an eine Studienrichtung zu erzählen. "Viele glauben zum Beispiel, dass man mit einem Publizistikstudium automatisch JournalistIn wird, oder mit Psychologie gleich als TherapeutIn arbeiten kann", sagt Magdalena Hangel, ÖH-Referentin für Studien- und MaturantInnenberatung an der Uni Wien. "Das stimmt so nicht, und wir versuchen da die Vorurteile aus den Köpfen zu räumen." Außerdem, so Hangel, müssten sich StudienanfängerInnen gerade in Massenfächern auf ein größeres Maß an Selbstorganisation einstellen, und dass sie manchmal vielleicht gar nicht in den Hörsaal reinkommen.
Die Studierenden werden für diese Termine extra geschult. Jährlich werden auf diese Weise etwa 7000 MaturantInnen beraten.

Rund 2000 weitere melden sich per Telefon, Email oder Skype im ÖH-Büro, und stellen ihre Fragen dort.

Alle Termine von "Studieren Probieren" findest du hier.

Die neueste und umfassendste Form der Studienwahlberatung ist das Projekt "Studieren Probieren". Seit dem Wintersemester 2009/10 können MaturantInnen den Unibetrieb quasi live testen. Gemeinsam mit Studierenden besuchen sie eine Lehrveranstaltung und haben nachher die Gelegenheit, Fragen zu Organisation und Alltag der jeweiligen Studienrichtung zu klären. "So bekommt man sicherlich den besten Eindruck, wie der Unibetrieb wirklich abläuft", meint ÖH-Referentin Hangel.

Was nix kostet, ist nix wert?

All das sind Maßnahmen, die das österreichische Bildungssystem nur in Kooperation mit der ÖH durchführen kann. Das Wissenschaftsministerium finanziert die Studienwahlberatung aber nur teilweise. Für die MaturantInnen-Beratung in Oberösterreich, der Steiermark, Vorarlberg und Kärnten muss die HochschülerInnenschaft eigene Mittel zuschießen. "Studieren Probieren" kann dieses Semester im Burgenland und in Kärnten überhaupt nicht angeboten werden.