Erstellt am: 2. 5. 2011 - 16:37 Uhr
Drei Tage Linux an der FH Technikum
"Weil uns keine der damals auf dem Markt erhältlichen Lösungen gepasst hat, haben wir unser Verwaltungssystem ab 2004 eben selbst geschrieben. 'FH Complete' wurde speziell für die Bedürfnisse einer Fachhochschule maßgeschneidert und wenig danach als "'Open Source' freigegeben", erinnert sich Christian Paminger von der FH Technikum Wien an die Anfänge.
Christian Palminger ist am 4.5. live in der FM4 Morningshow zu Gast
Und obwohl drei Entwickler laufend damit beschäftigt sind, das System aktuell zu halten und neue Features einzubauen, rechnet es sich laut Paminger, der an der FH die Abteilung "Infrastruktur und IT-Management" leitet.
"Unter dem Strich ist es deutlich billiger gekommen als der Zukauf", sagt Paminger, "wird ein neues Feature benötigt, brauchen wir nirgendwo anzufragen, sondern coden es und bauen es ein. Dazu wird keine neue Lizenz gebraucht, und es entstehen auch keine weiteren Kosten."
Volles Programm ab Donnerstag
Eintritt frei
Das Programm für den Donnerstag, 5. Mai ab 09.00 Uhr an der FH Technikum, Höchstädtplatz 5, 1200 Wien

linuxwochen.at
"FH Complete" ist eines der vielen Systeme, die auf den Linuxwochen Wien ab Donnerstag vorgestellt werden. Veranstaltungsort ist - logischerweise - die FH-Technikum Wien. Von Donnerstag bis Samstag läuft erst in zwei, dann in drei parallelen Schienen eine Unzahl an Vorträgen, allein am Donnerstag sind das 18 Stück. Dabei haben die Programmplaner der Linuxwochen ganz bewusst auf Kontraste gesetzt.
Die Keynote zur Eröffnung hält Jeremie Zimmermann von der legendären Cyber-Liberties-Truppe La Quadrature du Net (Frankreich), eröffnen wird die Veranstaltung der Rektor der FH Technikum, Prof. Dr. Fritz Schmöllebeck.
Den allerersten Vortrag danach aber hält die einstmalige "Macht der Finsternis" für Linuxer: Microsoft.
Einen Vortrag weiter wiederum preist die "Open Source Experts Group" in der Wirtschaftskammer die Erfolge heimischer Unternehmen mit "Open Source"-Systemen - ehedem Baal und Beelzebub in einem für Microsoft. Im übernächsten Vortrag sind wieder die Redmonder am Zug, postwendend gefolgt von einem Vortrag mit dem Titel "Es muss nicht immer Exchange sein".
Linz, Krems, Eisenstadt
Die nächsten Stationen der Linux-Roadshow: 12. bis 14. Mai in Linz, danach kommt Krems (16 - 18. Mai) und Eisenstadt (20. und 21.5.). Freier Eintritt bei allen Veranstaltungen.
Der Auftakt 1999
Gastgeber Christian Paminger erinnert sich noch gut an jene Veranstaltung, die vor zwölf Jahren den Auftakt zur jährlichen Linuxwochen-Roadshow setzte. Paminger war einer der 850 Besucher, die im August 1999 mit einem PC unter dem Arm ins Siemens-Forum gekommen waren, um Support bei der Linux-Installation zu suchen.
Und den bekam er: "Vier Stunden hat es zwar gebraucht, aber dann war die störrische Grafikkarte im Laptop überzeugt." Insgesamt wurden unter den damaligen, weit schwierigeren Bedingungen 140 Rechner aufgesetzt: angefangen von alten 486ern bis zu einem kleinen Mainframe im Format einer Waschmaschine.
ORF.at, FM4 und Freibier
Während die Creme der Linuxhacker in kleinen Teams mit den Tücken der Hardware rang, werkten Hans Wu und - die Erinnerung ist hier etwas getrübt - DJ Makossa und/oder Abraxas an den Turntables. FM4 war nämlich Medienpartner dieses Initialevents für die Linuxwochen, namentlich die "FuZo", tatkräftig unterstützt von Admins und Management von ORF.at.
Mit einigem Erstaunen nahmen die zahlreich erschienenen "Siemensianer" am 27.8.1999 zur Kenntnis, dass diese Software tatsächlich nichts kostete und keiner der Mitwirkenden seine Arbeit gegen Bezahlung tat. Zur inneren Stimmigkeit dieser Orgie des Altruismus trug wesentlich bei, dass neben freier Software auch Gratispizza und Freibier ausgeteilt wurden.
Weltgrößtes Event
Am Tag danach rieb man sich seitens der Veranstalter die Augen, was nicht allein auf die Tatsache zurückzuführen war, dass bei der anschließenden Party fünf Hektoliter Bier den großen Datenstrom hinuntergegangen waren. Obwohl rund um die Welt Linux-Install-Partys zuhauf stattfanden, gab es keine einzige von auch nur annäherndem Ausmaß wie jene im Siemens-Forum zu Wien-Erdberg.
Für an der Historie Interessierte ist das gesamte Archiv aus der Frühzeit der "Linuxevent"-Mailinglist noch komplett im Netz vorhanden. Die erste Aussendung datiert vom 18. August 1999. In der rasch steigenden Zahl der Postings ab 2001 (600 bis 800 pro Jahr) ist die damals rasch wachsende Popularität der Linuxwochen recht genau abgebildet.
Das ist offenbar bis heute so geblieben. Install-Partys kamen - auch als Programmpunkt der Linuxwochen - nach der Jahrtausendwende langsam aus der Mode. Es bestand dafür schlicht immer weniger Notwendigkeit, weil die Linuxdistributionen zunehmend einfacher zu installieren waren.
Wie es weiterging
Danach war von der Mega-Installationsparty nur eine Mailinglist geblieben, doch die genügte. Im Februar 2000 folgte bereits ein kleineres Event in Linz, ab 2001 wurden die Linuxwochen dann systematisch zur österreichweiten Roadshow mit Veranstaltungen in Wien, St. Pölten, Graz und wechselnden anderen Städten ausgebaut.
Das blieb bis heute so, und auch am Charakter der Veranstaltung hat sich nichts grundlegend verändert. Anders als der deutsche Linuxtag, der rasch zu einer rein kommerziellen und entsprechend langweiligen Veranstaltung verkommen war, blieben die österreichischen Linuxwochen ein Community-Event, auch wenn die Industrie alljährlich gut vertreten war.
"Es ist die Freiheit"
Einer der wohl spannendsten Threads auf der zwölften Ausgabe der Linuxwochen dreht sich um Datacenter-Management und Virtualisierung auf Open-Source-Basis, also um freies Cloud-Computing unter Linux.
Die Möglichkeit, für einen Workshop schnell einmal eine Batterie von virtuellen Rechnern in beliebigen Konfigurationen aufzusetzen, sei gerade an einer experimentierfreudigen Fachhochschule wie dem Technikum sehr gefragt. Weil es dafür kein entsprechendes Softwarepaket gab, das den Ansprüchen genügte, sagt Paminger, habe man halt zur üblichen Lösung gegriffen.
Auf eine Anfrage meldeten sich spontan 30 Studenten, die seither auf rein freiwilliger Basis am Linux-Cloud-Management werken. "Die Leute sind ganz einfach weitaus besser motiviert, wenn sie anstatt mit proprietärer mit freier Software arbeiten", sagt Paminger. Und auf die Frage nach dem eigentlichen Grund dafür: "Es ist die völlige Freiheit für den Programmierer, die den Ausschlag gibt."