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Christian Fuchs

Twilight Zone: Film- und Musiknotizen aus den eher schummrigen Gebieten des
Pop.

29. 4. 2011 - 11:15

Nicht so der Hammer

Mit "Thor" bringen die Marvel-Studios eine ihrer zentralsten Figuren ins Kino. Und auch eine der unverfilmbarsten.

2012 ist nicht bloß das Jahr, in dem laut Roland Emmerich die Welt mit gigantischem Getöse untergehen wird. Schon vorher tobt in den Multiplexen des Planeten eine Schlacht um Einspielergebnisse, in deren Mittelpunkt übermenschliche Helden in bunten Trikots stehen.

Super! Helden!
Ein Comicverfilmungs-Status Quo und ein Ausblick, was da noch auf uns zukommt: Eine Testosteron-Armada - von Pia Reiser

Die Comic-Konzerne Marvel und DC schicken im nächsten Sommer ihre zentralen Ikonen in den Kampf. Batman holt unter der bewährten Regie von Christopher Nolan zum dritten düsteren Streich aus, Spider-Man erfährt eine modische Reboot-Behandlung in 3D, sogar Superman himself meldet sich, vom Testosteron-Spezialisten Zack Snyder betreut, für ein stählernes Comeback an.

The Avengers

Marvel

Marvel hat 2012 aber auch eine Spezialwaffe in petto, auf die sich Freaks und Geeks wahrscheinlich noch mehr freuen.

Das Allstarteam "The Avengers" wird sich unter der Regie des Fanboy-Favoriten Joss Whedon ("Buffy – The Vampire Slayer", "Firefly") auf ein Packel hauen. Die ultimative Superheldenposse, auf dem deutschen Comicmarkt als "Die Rächer" bekannt, galt lange Zeit als höchst unkompatibel für jede Art von Verfilmung. Zu episch, zu aufwändig, zu teuer vor allem.

Seit einigen Jahren sind in den Abspännen diverser Marvelstreifen aber eindeutige Anspielungen versteckt. Nick Fury (Samuel L. Jackson), der Chef der sagenumwobenen Geheimorganisiation S.H.I.E.L.D., wirbt am Ende von "Iron-Man" Tony Stark für sein Team an. Dieser wiederum versucht, den Hulk für die neue Truppe zu gewinnen. Nach den Credits von "Iron-Man 2" taucht dann ein einschlägiger Hammer groß im Bild auf. Es braut sich was zusammen.

The Avengers

Comic-Con

Zwei wichtige Mitglieder der Allstarcombo "The Avengers", die wohl in etlichen Zimmern pubertierender Nerdbuben in Posterform klebten, werden heuer dem breiten Publikum vorgestellt. Und bei beiden handelt es sich um schwierige Fälle, was die globalen Blockbusterqualitäten betrifft.

Captain America, der konservierte Supersoldat aus dem zweiten Weltkrieg, der in der Gegenwart wieder aufgetaut wird, steht für das Marvel-Imperium wie wenig andere Charaktere. Schon der Name und erst recht das einschlägige Kostüm machen aber klar: Dieser Mann ist der fleischgewordene US-Patriotismus. Ob die Figur (gespielt von Sunnyboy Chris Evans) auch außerhalb Amerikas funktioniert, wird sich beim Kinostart im Sommer zeigen.

Captain America - The First Avenger

Marvel

Und dann ist da noch ein Schlüsselmitglied der Rächer, erdacht in den frühen Sixties, dem sogenannten Silver Age Of Comic Books. Warum nicht einen Gott höchstpersönlich zum Superhelden machen, denkt sich damals Stan Lee. Der legendäre Guru unter den Marvel-Autoren wird in der nordischen Mythologie fündig. Und er verwandelt Thor, den hammerschwingenden Gott des Donners, in einen knallbunten Pulpcharakter.

Unentwegt pendeln die Thor-Comics zwischen dem göttlichen Königreich Asgard und den irdischen Verhältnissen. Für Comicliebhaber mit Fantasy-Obsessionen kein Problem, sehr wohl aber für den Regisseur einer halbwegs ernsthaften Filmfassung. Ein blondes Muskelpaket im Wikingerlook, gestrandet in der amerikanischen Gegenwart, das schreit nach Wrestling-Assoziationen und unfreiwilliger Komik.

Thor

UIP

Kenneth Branagh, als Regisseur und Schauspieler ein Routinier in Sachen Shakespeare-Pathos, schlägt sich recht tapfer. Das nordische Götterreich zeigt er im neuen Thor-Film als digital gebauten Intrigantenstadl, in dem der hitzköpfige Kriegersohn (alias Muskelpaket Chris Hemsworth) mit seinem strengen Vater Odin (Anthony Hopkins) heftig zusammenkracht.

Auf die Erde verbannt, in die Wüste von New Mexico, verliebt sich der martialische Blondschopf in eine hübsche Wissenschaftlerin (die immer supere Natalie Portman) und erregt auch die Aufmerksamkeit der S.H.I.E.L.D.-Leute. Währendessen schmiedet Thors Halbbruder Loki in Asgard diabolische Verschwörungspläne.

Thor

UIP

Wer das alles bis jetzt hier relativ unbefangen gelesen hat und eine milde Form der Bescheuertheit befürchtet, liegt nicht ganz falsch. Wenn nächstes Jahr "The Avengers" zum Angriff blasen, dann wird sich Thor an der Seite von Iron-Man oder Hulk wohl ganz gut einfügen. Auf sich allein gestellt, entwickelt der Donnergott keine wirkliche filmische Faszination.

Weit weg von faszinierend zerrissenen (Anti-)Helden wie Peter Parker oder Bruce Banner, bleibt Thor eine infantile Figur. Da können auch Erwachsenen-Akteure wie Anthony Hopkins, Natalie Portman oder Stellan Skarsgård wenig ändern. Fazit: Niedliches Comickino für ewige Kinder und eingeschworene Marvelfans, aber nicht so der Hammer.

Thor

UIP