Erstellt am: 18. 4. 2011 - 17:54 Uhr
Das Debugging der Dinge
Meine Faszination für die Computerwissenschaft war immer schon groß. Länger als ein Monat hat meine Karriere als Informatikstudent aber nicht gedauert. Es war mir zu viel geballte Mathematik und Logik, zu viel Notwendigkeit einer Form des abstrakten Denkens, für die man ein grundlegendes Talent und Erfahrung mitbringen muss. Trotz anders gewählter Schwerpunkte nach diesem Monat beschäftigt und interessiert mich das Handwerk des Programmierens aber bis heute.
Diese Faszination für das Wesen von Computern rührt von einem Phänomen, von dem fast jede und jeder Programmierer/in schwärmt, die oder den man danach fragt. Es ist die beinahe magische Fähigkeit, das Potenzial dieser fremdartig funktionierenden Maschinen ausreizen zu können, sie in gewisser Weise zu beherrschen und mit ihr Paralleldimensionen aufbauen zu können. Programmierer/innen sind Autoren und Gestalter, deren Talent, Kreativität und Inspiration Software-Werke schaffen. Ihre Werkzeuge sind Programmiersprachen, und wie sie ihren digitalen Pinsel führen, bleibt ihnen überlassen - solange sie zum Ziel kommen.
Die neue Qualitätskontrolle
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posingfacts.blogspot.com
"Die Informatik besteht aus ganz unterschiedlichen Kulturen gleichzeitig. Es gibt nach wie vor diese Subkultur der Programmierer, die sehr geprägt ist von einem kreativen Ansatz. Diese Leute wollen sich verwirklichen in den Programmen, die sie schreiben. Gleichzeitig will man in der Informatik aber auch sicherstellen, dass diese Kreativität nicht die Sicherheit beeinträchtigt."
Das sagt Helmut Veith von der TU Wien im Interview mit FM4 auf die Frage nach dem Grundprinzip des sogenannten "Rigorous System Engineering", einer automatisierten Form der Qualitätskontrolle von Computersystemen. Die Relevanz liegt auf der Hand: Wenn die Grafikkarte im privaten PC mal wieder spinnt, sorgen Software-Fehler bloß für ein bisschen Ärger beim User. Doch diese Fehler können im Falle des Falles lebensbedrohend sein, wenn es eingebettete Computer in Autos, Zügen oder Flugzeugen betrifft. Das Handwerk des Programmierens soll deshalb künftig stärker durch eine mathematische Kontrollebene ergänzt werden.
Langjährige Forschung
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arise.or.at
Edmund M. Clarke beschäftigt sich schon sehr lange mit dem Thema Qualitätskontrolle bei Computern. Es ist eine eigene Subdisziplin der Informatik, die erstmals 1981 unter dem Begriff Model Checking vorgestellt wurde. Bis heute sind die Methoden des Model Checking verfeinert worden, doch weil sich das IT-Karussell weiterhin schnell dreht und Computer komplexer werden, soll nun - von Österreich aus - ein neues, notwendig gewordenes Grundprinzip etabliert werden, an dem Helmut Veith aktiv mitgestaltet.
"Es geht weiterhin ums Fehler finden. Doch das Problem bei den bisherigen Methoden ist, dass die Qualitätskontrolle erst ganz zum Schluss kommt - und das kann sehr teuer werden, wenn man in schon relativ fertigen Produkten Korrekturen vornehmen muss. Wir wollen die Fehler schon früher finden bzw. von vornherein fehlerfreie Programme erzeugen."
Academic bugfixing
Helmut Veith ist einer der neun Mitglieder von ARiSE, der vor knapp einem Jahr gegründeten "Austrian Society for Rigorous Systems Engineering". Es ist eine Forschungsgruppe, die die Expertise von fünf akademischen Institutionen aus Österreich bündelt. Vorreiter Edmund Clarke, der erst Mitte März in Wien zu Gast war, bestätigt die internationale Stärke des jungen Forschungsnetzwerkes.

arise.or.at
Im Interview mit FM4 untermauert Clarke die Notwendigkeit der Forschung und die Ausmaße, die fehlende Qualitätskontrolle bei eingebetteten Computer haben kann.
Das Feature von FM4 Reality Check über "embedded computers" gibt es im Radioprogramm zum Nachhören.
"I'm sure that the power plants in Japan were computer controlled. One thing that's very important to get correct in that case is the shutdown protocol that's implemented in such a computer."
Ob die Atomkatastrophe in Fukushima durch bessere Notfallspläne bei der Software verhindert oder verringert hätte werden können, ist natürlich höchst spekulativ. Dennoch ist es gut zu wissen, dass die Forschung der Qualitätskontrolle mit der immer durchdringenderen Verbreitung von Computern in unseren Alltag mithält. Da ist es in gewisser Weise sogar beruhigend, dass der Grad der Komplexität so hoch ist, dass die dazugehörigen Methoden für Laien schwer zu durchschauen sind.