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Robert Zikmund

Wirtschaft und Politik

12. 4. 2011 - 10:44

Schluss mit Verweigerung

Zwischen Meterware und gediegenen Indiealbum: "Gimme Some" von Peter, Bjorn and John.

Auch wenn ich schon Menschen hörte, die Schweden als „die besseren Deutschen“ bezeichnen, ich mag das Land – auch wenn ich noch nie dort war. Bei Schweden haben die meisten sofort Bilder von Landhaus-Küchen mit blonden, schokoverschmierten Kindern, tollen Sozialsystemen, noch tolleren Sportlern und von Polizisten, die sich vor jedem Satz erkundigen ob sie „eh nicht stören“, im Kopf.

Dienstag, 12. April: Listening Session: Peter, Bjorn and John: "Gimme Some" in Connected (15-19 Uhr).

Wirtschaftlich, sportlich und kulturell – an Schweden klebt immer der Nimbus der europäischen Klassenbesten, auch wenn das Heile-Welt-Pippi-Langstrumpf-Image in den letzten Jahrfünften ein paar Kratzer bekommen hat.Hier geht es jetzt aber nicht um Björn Borg oder Henrik Larsson, sondern um Popmusik. Auch da war das Land in blau-gelb immer mit vorne dabei. Und auch, wenn aus Schweden (von Nischen wie Metal oder der Noise Conspiracy mal abgesehen) zumeist eher happy-peppy Popmusik tönte, hatten sie eben zumindest eine Reihe an internationalen Superstars hervorgebracht – ohne jetzt die ganze Armada an ABBAs und Roxettes aufzuzählen.

Die Indierock Attacke aus dem Norden

Besonders seit der Jahrtausendwende suchten uns dann vor allem schwedische Indie-Rock Bands heim – England ist nicht weit, die meisten jungen Schweden sind sprachlich sehr fit und orientieren sich seit jeher am englischen Sprachraum. So auch Peter, Bjorn & John.
Ob es viele Bands gibt, die überlegen auch mal auf deutsch zu singen, wollte ich von Bjorn wissen, als er sich grade auf ein Konzert in St. Pauli vorbereitete: „Not really“, war die knappe Antwort.

Plattencover "Gimme Some": Gezeichnete Hand, die mit drei Daumen "Thumbs Up" macht

Peter, Bjorn and John

Mit „Gimme Some“, dem neuen Album der nordschwedischen Peter, Bjorn & John, wollte man ursprünglich sogar den Geist der englischen Punkbewegung der 70er abbilden – weniger die US-Variante der MC5 und Konsorten. Tatsächlich erinnert mich das Intro eines der Songs am Album eher an die frühen Fehlfarben, aber das nur nebenbei.

Der Hang zur großen Melodie verlässt die drei Herren auch auf „Gimme Some“ nicht, im Gegenteil, verglichen mit den beiden Vorgängern, wo man sich fast schon absichtlich sperrig gab, hat man nun keine Angst vor dem Pop mehr. Wozu auch, Peter, Bjorn & John waren immer Pop. Insofern ist es ein bisschen, wie wenn sich eine thailändische Metalband Mühe gibt, besonders unharmonisch zu sein – sie werden das süßlich-liebliche einfach nicht los. Genauso wenig gelang es den Schweden, weg von der Melodie zu kommen.

Stars on TV

Schon vor fast fünf Jahren hatte man mit „Young Folks“ einen Riesenhit. Es folgten musikalische Gastspiele in so Riesenserien wie „Grey's Anatomy“, der ganz große, kommerzielle Durchbruch also. Just zu dieser Zeit waren aber auch unzählige andere schwedische Rockbands, von Mando Diao bis zu The Hives, gerade sehr erfolgreich und so begannen die ersten Mainstream Medien, die nichts über die frühen PBJ wussten, die Band als One Hit Wonder abzustempeln. Ich nehme an, dass war der Grund, warum sich die Herren mit den beiden nächsten Album fast schon ein wenig um eine Art Antihaltung bemühten – gespielte Wurschtigkeit, Hang zur Unentspanntheit kennzeichnete folglich die Außenwirkung von Peter, Bjorn & John.

Peter, Bjorn and John

Peter, Bjorn and John

Als dann vor einigen Wochen die Single „Second Chance“ in den FM4 Charts vorgestellt wurde, war aber relativ schnell klar, dass die Verweigerung ein Ende hat. Denn auch wenn Bjorn im Interview von Punk spricht, wird relativ schnell klar, dass damit maximal ein ästhetischer Anspruch gemeint sein kann.

Denn obwohl das Album vor allem anfangs ordentlich Gas gibt, bleibt es doch die ganze Zeit Schwedenpop - und zwar im besten Sinne des Wortes. Vor allem die ersten beiden Songs schaffen eine gute Atmosphäre und teasen schön auf die Hitsingle, die als dritter Song am Album zu finden ist.

Dann wird es leider ein bisschen belanglos und bis auf das sechste Stück, „May Seem Maccabre“ schaffen es die schwedischen Herren leider nicht, das hohe Niveau zu halten. Übrig bleibt eine überdurchschnittliche Rock-Pop-Platte mit Betonung auf Gitarren, die zwischendurch ein paar sehr gut hörbare Songs bereithält, die man allerdings an einer Hand abzählen kann.

Alles in allem bewegt sich „Gimme Some“ also an der hauchdünnen Grenze zwischen Meterware und einem gediegenen Indiealbum, das öfters als dreimal den Weg in den CD-Wechsler findet. International klingt es dennoch durchgehend, und das ist halt auch Schweden.