Erstellt am: 9. 4. 2011 - 05:51 Uhr
Alles an seinem Platz
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Den Frühling kann man in Innsbruck riechen, und die plötzliche Wärme im Rücken ist massiv wie die Berge ringsum. In Flipflops schlüpft eine junge Frau mit grünem Bändchen ums Handgelenk in den Weekender Club. Dass Clara Luzia hier ihr FM4 Überraschungskonzert spielt, hat sich ganz offensichtlich herumgesprochen. Zwei Warteschlangen bilden sich, die Menschen auf der Gästeliste haben Vortritt. Freunde geben ihre Standortkoordinaten telefonisch durch. The waving ones are us. Don't you recognise us?
Gut möglich, dass Clara Luzia ihre Meinung geändert hat und Überraschungen nach diesem erfüllten Freitagabend im April schätzt. Ihre eineinhalb Stunden Konzert waren ein großes Vergnügen.
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Das Puzzle Erinnerung
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Clara Luzia hat ein feines Gespür für Augenblicke, die als kleine Details im Gedächtnis schwerer wiegen als die Momente, in denen für Kameralinsen Haltung eingenommen wurde. Die Melancholie in all ihrem Trost lässt sie orchestral wachsen. "We can only lose" ist der erste Song des neuen Albums "Falling into place", und der erste der "Neuen", die Clara Luzia beim Überraschungskonzert präsentiert. Himmelhoch in den Refrains, die abheben, und dann wieder Fuß fassen. Clara Luzias "The Ground Below" ist 2009 erschienen, eine gewisse Schwere bleibt die treibende Kraft. Fest stehen, zusehen. Doch der Oberkörper will mit mit dem Rhythmus, und der Kopf nickt: Ja! Ja, ja und nochmal ja.
Hier und jetzt ist es auch mal gut. Hervorragend sogar. Ines Perschy am Schlagzeug lacht, Clara Luzia gibt das Lächeln weiter an Cellistin Heidi Dokalik, die sich nach Max Hauer umsieht, der am Keyboardpult seinen geschienten Fuß hochlagert. Alles ok, alles gut signalisiert der Kollege.
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Clara Luzia ist Sängerin und Songwriterin, und Clara Luzia ist eine Band. Beim Überraschungskonzert sind die drei Musikerinnen und der Musiker eine eingeschworene Einheit. Alle tragen Jeans. So unprätentiös präsentiert sich Folk-Pop und klingt dabei so einnehmend. Das Handwerk ist perfektioniert und zugleich reduziert, "Quiet" besticht wie die neuen Nummern durch den einen Schritt zurück. Dem Cello entkommt man nicht, es lullt einen ein. Wenn man alle und alles am richtigen Fleck weiß, dann kann man auch einfach die Augen schließen. Weil man sich seiner sicher ist.
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Die Setlist bündelt Hits wie "Morning Light" und "Queen of the Wolves", dazwischen setzt Clara Luzia einen Block Premieren. Vor Begeisterung wird gejuchitzt. Das begeistert sie. Lernen TirolerInnen den Juchitzer schon in der Schule? "In der Volksschule!". Schlagzeugerin Ines Perschy würde gerne alle auf einmal juchitzen hören, doch der Wunsch dringt nur zu Clara und den ersten Reihen durch.
Wer in Innsbruck nicht dabei sein konnte, weil er im Osten des Landes zuhause ist: Am 20. April spielt Clara Luzia im Wiener WUK. Und im Mai ist sie mit "Falling Into Place" im Gepäck auf Tour.
Dass Clara Luzia in ihren Lyrics Winde aufbrausen lässt und Licht und Wasser beschwört, ist nichts Neues. "Release the sea" ist einer der ruhigeren Songs ihres neuen und vierten Albums, das am 15. April erscheinen wird. Auch daran, dass permanent etwas am Kippen ist und die nächste Metamorphose eine Fingerspitze breit auf den Gitarrensaiten entfernt ist, sind aufmerksame ZuhörerInnen längst gewöhnt.
Seit ihrem ersten Album "The Long Memory" macht Clara Luzia mit abstrakten Zeilen Gedankenräume auf und lässt ZuhörerInnen Raum für persönliche Geschichten. Darauf kann man sich einlassen. Muss man aber nicht. Clara Luzias Liebe zu eingängigen Melodien lenkt hervorragend von düsteren Metaphern ab. "Love in times of war", das ist alles andere als eine unwesentliche Angelegenheit.
Damit beschließt Clara Luzia ihr Überraschungskonzert in Innsbruck. Der Bilderreigen vor dem inneren Auge dreht sich noch ein bisschen weiter, hinaus in eine laue Sommernacht im April.
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Festgehakt hat sich noch ein neuer Song: Der Rhythmus von "Frame" ist betörend, I got you in my pocket, I got you in my shoes... I got it in my ears. Rappen wäre zu viel gesagt, aber ja, ich singe "Frame" leise auf dem Rückweg.