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Daniel Eberharter

Fotografie, Design und Handwerk. Kunst ohne künstlich.

8. 4. 2011 - 14:32

Man ...or Astro-Man?

Small Screen Stories über eine Garagepunk-Band aus dem Weltall in Alabama, über Science Fiction, B-Movies und dem Zeitgeist der Space Age in den 1950er Jahren.

Willkommen zum nerdigsten Bandprofil des Universums. Es gibt keine Band, die besser in die Woche des Weltraums passt, als eine, die selber schon dort war. Keine andere Band versteht den Weltraum und ihren Reiz besser als "Man or Astro-Man?"

Ja, das Fragezeichen gehört zum Namen. Die verängstigten Fragen zum Fortschritt: Sind wir noch Mensch? Ist das Monster noch Mensch? Und haben wir es geschaffen?

Garage und Surf

"Man or Astro-Man?" sind eine Band aus Alabama, die vor allem in den 1990er Jahren aktiv war. Die Bandmitglieder heißen Star Crunch, Birdstuff, Coco (the Electronic Monkey Wizard) und Dexter X (the Man from Planet Q). Klingt ein wenig nach einer Scherzband. Aber in der Garagepunk-Szene waren zur damaligen Zeit "Themenbands" durchaus die Norm - mit historischem Bezug. Bestes Beispiel neben „MOAM?“ waren The Mummies (die als Mumien verkleidet spielten, ihr Tourbus war ein alter 1963er Pontiac Krankenwagen). Dieser Schmäh ist wiederum als Hommage zu ganz frühen Protopunk und Garage- bzw. Beat-Heroen wie The Monks zu sehen. Sie haben sich die Haare an der Schädeldecke geschert, wie Mönche das eben so tun. Konzeptbands anno 1966 (!).

"Man or Astro-Man?" parken ihren Wagen ebenfalls in dieser 50er/60er/Garage ein und spielten vor allem zu Beginn ihrer (Um-)Laufbahn Instrumental-Songs, also ohne Gesang freilich, und das klang vor allem nach Surfmusik aus den 60er Jahren: nach Link Wray zum Beispiel (remember Pulp Fiction?) oder die Trashmen (remember Full Metal Jacket?). Großartig laszive Gitarrenmusik.

Raumfahrt in der Populärkultur und die Angst vor dem da draußen - und so chic!

Und diese Zeiten waren auch vom Weltraum bestimmt. Die gemeine Popkultur, vom Fernsehen bis zur Architektur, war von Astronauten, Raketen und futuristischen Elektrogeräten beeinflusst. Man denke nur an die Zeichentrickserie The Jetsons und die wunderbar geschwungenen, für die 50er und 60er Jahre so typischen Elemente in der Googie-Architektur der Bowling Bahnen und Burger-Diners.

Und dann erst die Science Fiction Filme

"Man or Astro-Man?" lieben diese cultural references, die chice Schmuckheit, die naive Verspieltheit mit der Hoffnung, dass die Zukunft anders wird, einfacher wird, perfekter wird, dass wir im Jahr 2000 mit fliegenden Autos in die Arbeit düsen und zum Mittagslunch nur einen Würfel essen werden, in dem Vorspeise, Hauptspeise, Nachtisch mit sämtlichen Vitaminen und Nährstoffen enthalten sind.

Und auch die Angst war im Zeitgeist. B-Movies und Monstermovies über fehlgeschlagene Experimente im Labor, atomverstrahlte Mutanten, Angriffe von Außerirdischen; kurz, die Angst vor den/m Anderen (das Wort "aliens" heißt auf Englisch auch Einwanderer) und vor der unkontrollierbaren Technik der Zukunft. Diese Filme offenbaren den amerikanischen Zeitgeist, und MOAM? fanden's - nach Ende des Kalten Krieges und dank besseren Wissens im Nachhinein - ganz einfach leiwand. In einer Vielzahl der Songs von MOAM? verbergen sich Dialogausschnitte aus B-Movies wie "It Came From Outer Space"

Das strange, das Andere, die Angst, der ernste Ton des Trailer-Sprechers...

...in Kombination mit dem lässigen Surf/Instro-Sound à la Link Wray macht MOAM? einzigartig. Unklonbar.

Der Bandname "Man or Astro-Man?" kommt aus der englischen Übersetzung des Filmposters für The Human Vapour, einem japanischen Science Fiction Film aus 1960. Auch dort mit Fragezeichen.

"Man or Astro-Man?" haben an die 60 Releases auf allen Formaten rausgebracht, die meisten davon auf Estrus, Touch & Go und unzähligen obskuren Kleinstlabels.

Sie tourten viel. 1998 habe ich sie in der Szene Wien gesehen, und ich denke wirklich, dass sie es waren. Denn für eine Tour durch Nordamerika haben sie Freunden die Songs beigebracht und diese für sie auf Tour geschickt. Es war die Alpha Clone Tour, und immer noch die beste Idee des Universums.

Und: Es gibt sie wieder. Nach einigen Jahren Pause haben sich MOAM? wieder zusammengetan und spielen einige Shows, bisher nur in den USA. Zum Finale wird bei jedem Konzert etwas in Brand gesteckt. 1997 war's ein Fernseher, dieser Tage ein Theremin. Jimi Hendrix für Geeks!

An dieser Stelle sei noch auf den großartigen Blog astroarchive.blogspot.com hingewiesen, der sämtliche Astroman-Erscheinungen Stück für Stück einscannt und bespricht, vor allem in Hinblick auf Coverdesign.

Man or Astroman - Inside The Head of John Peel 7"

astroarchive.blogspot.com / Man Or Astroman?

Cover der Peel Session 7" aus 1997